Eine Norm für die Reinheitsbestimmung aller Medizinprodukte
Hersteller von Medizinprodukten müssen dafür sorgen, dass dem Patienten bei ordnungsgemäßer Nutzung ihrer Produkte kein Schaden entsteht. Das gilt für Hüftprothesen ebenso wie für Spritzen, für Katheder wie für Pflaster.
Viele Produkte müssen vor allem steril sein, was mit vorhandenen Normen bereits ausreichend gesichert ist. Doch zur Sauberkeit kann weiter gehören, dass keine Gefahr von anhaftenden Partikeln sowie filmisch-chemischen Rückständen wie Fingerabdrücken oder Fetten ausgeht.
Hier fehlen bislang konkrete Regeln. Jedes Unternehmen geht nach eigenem Ermessen vor, was zu Unsicherheiten führt: Welche Grenzwerte sollen gelten? Und mit welchen Methoden muss man prüfen?
Diese Lücke hat nun die VDI-Richtlinie 2083 Blatt 21 geschlossen, die unter der Federführung des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA entstanden ist.
Eine Norm für alle Medizinprodukte
Ins Rollen kam das Ganze schon vor mehr als vier Jahren.
IPA-Experte Markus Rochowicz und sein Team hatten immer wieder von den Reinheitsfragestellungen der Branche gehört und luden die Hersteller von Medizinprodukten zu einem offenen Workshop ein.
Daraus entstand ein Industrieverbund, dem viele unterschiedliche Unternehmen angehören, vom kleinen Hersteller mit nur wenigen Mitarbeitern bis zum Weltkonzern. Analyseunternehmen, die Reinheit messen, gehören nicht dazu, sodass der Verbund frei von kommerziellen Interessen ist.
Die neue Richtlinie, die daraus schließlich hervorging, soll Anfang 2019 veröffentlicht werden. Rochowicz betont, dass die Norm für sämtliche Medizinprodukte anwendbar ist. Das gab es bisher nirgendwo auf der Welt. Natürlich kann sie deshalb keine konkreten Grenzwerte enthalten. Denn für einen Katheder gelten andere Reinheitsanforderungen als für einen Verband oder für ein Beatmungsgerät.
Anweisung zur Bestimmung von Grenzwerten
Die neue VDI-Richtlinie ist vielmehr eine Arbeitsanweisung: Sie gibt vor, wie ein Unternehmen ermitteln kann, ob Sauberkeitsgrenzwerte notwendig sind, in welcher Höhe sie liegen und wie diese Werte kontrolliert werden können: Im Rahmen des hier beschriebenen risikobasierten Ansatzes werden zunächst die möglichen Verunreinigungen, die durch Materialien, Halbzeuge, Fertigungsprozesse und die Umgebung eingebracht werden, gesammelt.
Dann werden sie unter Berücksichtigung von Beherrschungsansätzen, wie etwa der Reinigung, bewertet. Handelt es sich dabei um kritische Verunreinigungen, die unter einem bestimmten Wert, dem sogenannten Akzeptanzkriterium, liegen, müssen diese abgereichert werden.
Unterstützt wird der Prozess durch zahlreiche Hilfestellungen, Checklisten und Fallbeispiele. Im Weiteren finden sich zahlreiche Informationen zu geeigneten Prüfver
fahren sowie zu deren Validierung. Hier hat sich gezeigt, dass Prüfmethoden, die auf einer vollflächigen Extraktion der Verunreinigungen basieren, gegenüber den nur punktuell messenden Sondenverfahren überlegen sind.
Das IPA stellt die neue Richtlinie am 24. Januar 2019 in ihrem Stuttgarter Institut interessierten Unternehmen vor.
Dr.-Ing. Markus Rochowicz
Telefon +49 711 970-1175
markus.rochowicz@ipa.fraunhofer.de
https://www.ipa.fraunhofer.de/reinheit Anmeldung
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