Göttinger Chemiker weisen kleinstmögliche Eiskristalle nach

Knapp 100 Wassermoleküle sind nötig, um einen Eiskristall in seiner kleinstmöglichen Ausprägung zu formen. Meist bilden sich Mischungen aus flüssig-amorphen und kristallinen Clustern. Bild: Universität Göttingen

Knapp 100 Wassermoleküle sind nötig, um einen Eiskristall in seiner kleinstmöglichen Ausprägung zu formen. Nachweisen konnten die Wissenschaftler zudem, dass sich in diesen Größenordnungen typischerweise Mischungen aus flüssig-amorphen und kristallinen Clustern bilden. Sie oszillieren in Simulationsrechnungen jeder für sich zwischen den beiden Zuständen hin und her – schwingen also quasi zwischen fest und flüssig.

„Die Koexistenz der Aggregatszustände flüssig und fest durch Oszillationen einzelner Partikel ist ein seit den 1980er Jahren theoretisch vorhergesagtes Phänomen der Nanowelt, das aber sehr schwer experimentell nachzuweisen ist“, erläutert Zeuch. „Und es widerspricht der Alltagserfahrung, wonach ein Eiswürfel im Whiskyglas schwimmt und schmilzt.“

Die aktuelle Studie legt nahe, dass solche Oszillationen kleinster Wasserkristalle sogar in Hohlräumen von Proteinen auftreten können. Dies wiederum ist relevant für biologische Prozesse. Denkbar wären beispielsweise kleinste Schleusen in Proteinen, die gezielt durch kleine Veränderungen der chemischen Umgebung sich öffnen und schließen.

Solche molekularen Zustandsänderungen im Größenbereich weniger Nanometer sind z.B. in Zellen experimentell derzeit noch sehr schwer nachzuweisen. Zeuch und sein Team haben für die aktuelle Studie Kristalle isoliert in einem Molekularstrahl untersucht.

Die neuen Ergebnisse wurden erst durch Vorarbeiten der Forschergruppe von Koautor Prof. Dr. Udo Buck am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation möglich. Dadurch konnten die Wassertröpfchen genau in dem Temperatur- und Größenbereich im Experiment präpariert werden, in dem sie anfangen, Kristallstrukturen zu bilden.

Prof. Dr. Thomas Zeuch
Georg-August-Universität Göttingen
Institut für Physikalische Chemie
Tammannstraße 6, 37077 Göttingen,
Telefon (0551) 39 33201
E-Mail: tzeuch@gwdg.de
Internet: http://www.uni-pc.gwdg.de/zeuch/

Daniel R. Mobert et al. The end of ice I. Proceedings of the National Academy of Sciences (2019). Doi: https://doi.org/10.1073/pnas.1914254116

Media Contact

Thomas Richter idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Quantenkommunikation: Effiziente Ansteuerung von Diamant-Qubits mit Mikrowellen

Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben zum ersten Mal in Deutschland gezeigt, wie sogenannte Zinn-Fehlstellen in Diamanten sehr exakt mit Mikrowellen kontrolliert werden können. Diese Defekte haben besondere…

Wenn Ionen zum Katalysator wandern

Neue Einblicke in die Solvatationskinetik an Oberflächen. Die Abteilung Interface Science des Fritz-Haber-Instituts hat weitere Fortschritte im Verständnis der Solvatation von Ionen an Grenzflächen gemacht, wie in ihrer neuesten Veröffentlichung…

Alte Herzen vor der Transplantation stärken

Studie untersucht Wirkung von Senomorphika zum Schutz von Spenderherzen. Anlässlich des Weltherztages am 29. September. Wie die Funktion von Spenderherzen älterer Menschen bei einer Transplantation optimal erhalten werden kann, will…

Partner & Förderer