Umschalten im Gehirn – Einzelnes Dopamin-Neuron bewirkt Verhaltensänderung
Dopamin ist ein belohnender Botenstoff, der sowohl beim Menschen als auch bei Tieren eine wichtige Rolle spielt. Das ist sogar bei den extrem einfach gebauten Larven der Fruchtfliege Drosophila melanogaster der Fall. Nur wenn die Dopamin-Neurone intakt sind, können sie lernen einen Duft mit einer Futterbelohnung zu verbinden.
Und tatsächlich kann die Aktivierung schon eines einzelnen Dopamin-Neurons im Gehirn der Larve als Belohnung wirken. Präsentiert man einen Duft und das von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern so benannte DAN-i1 Neuron feuert zur gleichen Zeit, folgen die Larven später der Duftspur.
Neu ist, dass dieses „Glücksneuron“ auch eine zweite Funktion hat: Es kann das gelernte Suchverhalten auch abschalten. Aber wie kann ein und dieselbe Nervenzelle zwei so unterschiedliche Funktionen ausüben?
Eine Zelle, zwei Funktionen
Bei ihrer Untersuchung kombinierten die Forschenden das Prinzip des Pawlowschen Lernens mit Verfahren der Optogenetik und mit der Kartierung jeder einzelnen Synapse des DAN-i1 Dopamin-Neurons, also aller seiner Verbindungsstellen mit anderen Nervenzellen.
Beim Pawlowschen Lernen verknüpfen die Tiere einen Hinweisreiz wie zum Beispiel einen Duft mit einer Futterbelohnung. Optogenetische Verfahren ermöglichen es mit genetischen Methoden einzelne Zellen im Larvengehirn lichtempfindlich zu machen.
Schaltet man das Licht an, feuert die Zelle. Das Forschungsteam stellte fest, dass eine solche optogenetische Aktivierung des DAN-i1 Dopamin-Neurons nicht nur als Belohnung wirkt, sondern auch das erlernte Verfolgen der Duftspur abschalten kann.
Die angeborenen Verhaltensweisen der Fliegenlarven bleiben jedoch unverändert. Bei der Kartierung der Synapsen des DAN-i1 Neurons zeigte sich dann, dass das DAN-i1 Neuron zwei Zielgebiete hat. Das erste Ziel sind die Zellen im „Gedächtniszentrum“ in denen das Lernen stattfindet.
Das zweite Ziel sind die Zellen, die das Gedächtniszentrum mit der Ausführung des gelernten Verhaltens verbinden. Angesichts der in der Evolution tief verwurzelten Rolle der Dopamin-Neurone bei Mensch und Tier stellt sich die Frage, ob ein solches Verschaltungsmotiv und eine solche Doppelfunktion von Dopamin-Neuronen ein allgemeines Prinzip widerspiegelt.
Leibniz-Institut für Neurobiologie Magdeburg
Das LIN ist ein Grundlagenforschungsinstitut, das sich Lern- und Gedächtnisprozessen im Gehirn widmet. Das LIN wurde 1992 als Nachfolgeeinrichtung des Institutes für Neurobiologie und Hirnforschung der Akademie der Wissenschaften der DDR gegründet und ist seit 2011 Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.
Es bildet einen der Eckpfeiler des Neurowissenschaftsstandortes Magdeburg. Das LIN beherbergt moderne Labore für die neurowissenschaftliche Forschung – vom Hightech-Mikroskop bis zum Kernspintomographen.
Aktuell arbeiten rund 230 Personen am LIN, davon ungefähr 150 Wissenschaftler aus rund 28 Ländern. Sie erforschen kognitive Prozesse und deren krankhafte Störungen im Gehirn von Mensch und Tier.
Dr. Michael Schleyer
https://www.jneurosci.org/content/early/2020/06/25/JNEUROSCI.0290-20.2020
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Sensoren für „Ladezustand“ biologischer Zellen
Ein Team um den Pflanzenbiotechnologen Prof. Dr. Markus Schwarzländer von der Universität Münster und den Biochemiker Prof. Dr. Bruce Morgan von der Universität des Saarlandes hat Biosensoren entwickelt, mit denen…
Organoide, Innovation und Hoffnung
Transformation der Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) bleibt eine der schwierigsten Krebsarten, die es zu behandeln gilt, was weltweite Bemühungen zur Erforschung neuer therapeutischer Ansätze anspornt. Eine solche bahnbrechende Initiative…
Leuchtende Zellkerne geben Schlüsselgene preis
Bonner Forscher zeigen, wie Gene, die für Krankheiten relevant sind, leichter identifiziert werden können. Die Identifizierung von Genen, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist eine der großen…