Die ultraviolette Aurora des Kometen Chury
Auf der Erde bringen sogenannte Aurora als Polarlichter die Menschen zum Staunen. Ein internationales Konsortium mit Beteiligung der Universität Bern hat nun beim Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko, kurz Chury, solche Aurora im ultravioletten Wellenlängenbereich entdeckt. Der Nachweis dieses Phänomens gelang dank der Analyse von Daten der Rosetta-Mission der Europäischen Weltraumbehörde ESA.
Bei den Polarlichtern auf der Erde bewegen sich elektrisch geladene Teilchen des Sonnenwindes entlang des irdischen Magnetfeldes. Diese treffen bei hohen Breitengraden auf Atome und Moleküle des Stickstoffs und des Sauerstoffs der oberen Erdatmosphäre und bringen diese dabei zum Leuchten. Solche oder ähnliche Aurora-Phänomene wurden aber auch bei anderen Planeten und deren Monden entdeckt.
Wie ein internationales Team heute im Fachjournal Nature Astronomy berichtet, konnte das Phänomen nun auch beim Kometen Chury nachgewiesen werden. Auch bei Chury sind für die Aurora die Teilchen des Sonnenwindes verantwortlich, die auf das Gas um den Kometen, die sogenannte Koma, treffen. «Das dabei entstehende Leuchten ist einzigartig», sagt Marina Galand vom Imperial College London, Hauptautorin der Studie. «Es wird durch einen Mix von Prozessen verursacht, welche auf der Erde, dem Mars aber auch bei den Jupitermonden beobachtet werden.»
Erstmals Aurora im ultravioletten Bereich bei einem Kometen beobachtet
Die Forschenden konnten dank der Analyse von Daten der Rosetta-Mission der Europäischen Weltraumbehörde ESA nachweisen, dass im Fall von Chury Sonnenwind-Elektronen zum Kometen hin beschleunigt werden und dort auf das Gas in der Koma treffen. «Da dieser Prozess sehr energiereich ist, ist auch das daraus resultierende Leuchten energiereich und daher im ultravioletten Bereich, der für das menschliche Auge unsichtbar ist», wie Martin Rubin, Mitautor der Studie vom Physikalischen Institut der Universität Bern, erklärt.
Diese UV-Emissionen waren zwar bereits früher bei Chury beobachtet worden. Damals hatte man aber fälschlicherweise angenommen, dass diese Emmissionen durch Teilchen des Sonnenlichts, sogenannte Photonen, verursacht werden, ähnlich dem sogenannten Nachthimmelsleuchten auf der Erde. «Unsere Analyse der Rosetta-Daten hat aber gezeigt, dass beim Kometen Chury Sonnenwind-Elektronen der Grund für das Leuchten sind und eben nicht Photonen, wie bislang angenommen», so Galand weiter.
«Rosetta ist die erste Mission die eine Aurora im UV-Bereich bei einem Kometen beobachtet hat», sagt Matt Taylor, wissenschaftlicher Projektleiter bei der ESA. «Aurora sind grundsätzlich schon spannend, wenn man aber so etwas zum ersten Mal beobachten und die Details studieren kann, ist es noch viel aufregender.».
Daten zur Gaszusammensetzung aus Bern
«Die Analyse war kompliziert und bedurfte Daten verschiedener Instrumente», erklärt Kathrin Altwegg, Leiterin des Instruments ROSINA, dem Massenspektrometer der Universität Bern, welches an Bord der ESA-Raumsonde Rosetta Daten des Kometen Chury gesammelt hatte und so unter anderem Informationen zur Zusammensetzung und der Dichte der Koma geliefert hatte. Die Studie sei ein Beleg dafür, dass unser Verständnis vertieft und neue Erkenntnisse gewonnen werden können, wenn Daten verschiedener Teams, Instrumente und Computermodelle herangezogen werden. «Und dies auch Jahre nach dem offiziellen Ende der Mission 2016 mit dem kontrollierten Absturz der Rosetta-Sonde auf die Oberfläche des Kometen Chury», so Altwegg weiter.
So analysierten die Forschenden um Marina Galand für die aktuelle Studie neben Daten des Rosetta Orbiter Spektrometers für Ionen- und Neutralgas Analyse (ROSINA) solche des Alice UV Spektrographen, des Ionen- und Elektronen Spektrometers (IES) sowie der Langmuir-Sonde (LAP) des Rosetta Plasma Consortiums (RPC), des Mikrowellen Instruments für den Rosetta Orbiter (MIRO) und des Visible and InfraRed Thermal Imaging Spectromters (VIRTIS).
Aurora als Werkzeug zur Beobachtung des Sonnenwindes
Aurora-Phänomene werden in den unterschiedlichsten Umgebungen in unserem Sonnensystem und auch darüber hinaus beobachtet. «Ein Magnetfled wie auf der Erde wird dazu aber nicht benötigt, der Komet Chury hat selber nämlich keines», erklärt Martin Rubin. Das Aurora-Phänomen bei Chury ist deswegen diffuser als auf der Erde. «Die Beobachtung kometärer Aurora-Phänomene haben durchaus einen ästhetischen Wert. Darüber hinaus könnten die UV-Bobachtungen dereinst von der Erde aus aber auch Rückschlüsse zum Sonnenwind bei eben diesen Kometen bringen – auch ohne dass dabei eine Raumsonde wie Rosetta vor Ort sein muss», wie Martin Rubin erklärt.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. em. Dr. Kathrin Altwegg
Physikalisches Institut, Weltraumforschung und Planetologie (WP), Universität Bern
Telefon: +41 31 631 44 20
Email: kathrin.altwegg@space.unibe.ch
PD Dr. Martin Rubin
Physikalisches Institut, Weltraumforschung und Planetologie (WP), Universität Bern
Telefon: +41 31 631 34 74
Email: martin.rubin@space.unibe.ch
Originalpublikation:
M. Galand, P. D. Feldman, D. Bockelée-Morvan, N. Biver, Y.-C. Cheng, G. Rinaldi, M. Rubin, K. Altwegg, J. Deca, A. Beth, P. Stephenson, K. L. Heritier, P. Henri, J. Wm. Parker, C. Carr, A. I. Eriksson, J. Burch: Far ultraviolet aurora identified at comet 67P/Churyumov-Gerasimenko. Nature Astronomy, 21.09.2020.
https://doi.org/10.1038/s41550-020-1171-7
https://www.nature.com/articles/s41550-020-1171-7
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