Blutgerinnsel durch kleinste Materialmuster reduzieren
Materialwissenschaftler der Universität Jena helfen durch nanostrukturierte Materialoberflächen bei der Verbesserung von Implantaten
Wenn Blutgefäße stark geschädigt sind oder die Herzklappen nicht mehr richtig arbeiten, muss Ersatz her. Allein in Deutschland werden daher pro Jahr ca. 190.000 Gefäßprothesen und 30.000 Herzklappenersätze implantiert. Diese Lebensretter bestehen in der Regel aus Kunststoffen.
Neben vielen Vorteilen haben diese Materialien einen wesentlichen Nachteil beim Kontakt mit Blut: Sie aktivieren häufig die Gerinnung, was dazu führen kann, dass sich auf ihrer Oberfläche Blutgerinnsel bilden. Lösen sich diese von den Materialoberflächen, kann es zu lebensbedrohlichen Komplikationen, wie Thrombosen oder Embolien, kommen. Daher müssen Patienten mit solchen Implantaten oft ein Leben lang Gerinnungshemmer einnehmen und leiden unter deren Nebenwirkungen.
Einen neuen Ansatz zur Lösung dieser Probleme haben jetzt Forschende von der Friedrich-Schiller-Universität Jena entwickelt. Dazu schuf das Team um die Physikerin und Materialwissenschaftlerin Dr. Izabela Firkowska-Boden besondere nanostrukturierte Polymeroberflächen. „Beim Abkühlen aus der Schmelze bilden sich unter den richtigen Bedingungen feinste hochgeordnete Oberflächenmuster aus Polymerkristallen auf diesen Materialien. Diese Kristalle sind nur wenige zehn Milliardstel Meter groß“, sagt Firkowska-Boden.
Fibrinogen richtet sich entlang der Muster aus
Der Clou dabei: Diese geordneten Muster sind etwa genau so klein wie das Eiweißmolekül Fibrinogen, das ein wichtiger Faktor bei der Blutgerinnung ist. Durch diese Größenübereinstimmung und physikalische Kräfte richtet sich das Fibrinogen entlang der Muster aus. Werden Blutplättchen, sogenannte Thrombozyten, die ebenfalls wichtig bei der Blutgerinnung sind, mit den mit Fibrinogen behandelten Polymermustern in Kontakt gebracht, verändern sich diese.
„Die Änderungen der Blutplättchen sind stark von der Struktur der Polymermuster abhängig und lassen sich durch diese beeinflussen“, erklärt die Jenaer Wissenschaftlerin. Während die Blutplättchen sich auf einem Polymermuster stark verändern und ihr Potenzial für die Blutgerinnung steigern, reagieren diese Blutplättchen auf anderen Polymermustern kaum, wie Firkowska-Bodens Team jetzt herausfand.
Neues Design thromboresistenter Oberflächen von Biomaterialien ist das Ziel
„Aus biomedizinischer Sicht zeigt unsere Arbeit, dass die Material-Oberflächenstrukturierung in einem nanoskaligen Größenbereich einen Feinabstimmungsmechanismus zur Manipulation der Fibrinogen-Bioaktivität und Blutplättchenaktivierung bieten kann, der vielversprechend für das Design neuer thromboresistenter Oberflächen von Biomaterialien ist“, so Dr. Firkowska-Boden. Damit wäre ein wichtiger Schritt getan, Implantatmaterialien aus Polymeren in Zukunft weniger anfällig für die Bildung von Blutgerinnseln zu machen.
Die Forschungsergebnisse sind in der amerikanischen Fachzeitschrift „Langmuir“ erschienen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Izabela Firkowska-Boden
Otto-Schott-Institut für Materialforschung der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Löbdergraben 32
07743 Jena
Tel.: 03641 / 947735
E-Mail: izabela.firkowska-boden[at]uni-jena.de
Originalpublikation:
Izabela Firkowska-Boden, Christian Helbing, Thomas J. Dauben, Maja Pieper, Klaus D. Jandt: How Nanotopography-Induced Conformational Changes of Fibrinogen Affect Platelet Adhesion and Activation, Langmuir 2020; https://doi.org/10.1021/acs.langmuir.0c02094
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