Evolutionsgeheimnisse entschlüsseln: das Beispiel der Hefe
Das französische Forschungskonsortium Génolevures hat in der Juliausgabe der Fachzeitschrift „Nature“ eine komparative Genomstudie der Gensequenz von vier neuen Hefesorten veröffentlicht.
Der evolutionäre Abstand zwischen diesen vier Hefesorten ist genauso weitläufig wie der zwischen wirbellosen Meerestieren und Menschen. Die Analyse dieser Chromosomkarten deckt die komplexen Evolutionsmechanismen dieser verschiedenen Hefearten auf. Die neuesten Fortschritte bei der Genomsequenzierung ermöglichen es uns durch den Vergleich verschiedener Organismen die Art der von der Evolution hinterlassenen Spuren zu erkennen. Diese Informationen geben Aufschluss über die wichtigste Stufe der Evolution und deren Hauptmechanismen.
Bei Bakterien, die kleine und kompakte Genome haben, stehen uns mittlerweile viele Sequenzen zur Verfügung, wodurch eine komparative Genomik ermöglicht wird, die viele Rückschlüsse zuläßt. Diese Rückschlüsse können jedoch nicht so einfach auf Eukarioten übertragen werden, da bei ihnen die Daten aufgrund ihrer längeren Genome bruchstückhafter sind.
Um diese Problematik zu beantworten, interessiert sich ein französisches Forschungskonsortium für die Hefe. Das sogenannte Génolevures faßt etwa 15 französische Forschungslabore (CNRS, INRA, CEA, Génoscope, …) zusammen und wird von Bernard Dujon (Institut Pasteur-CNRS) und Jean-luc Souciet (CNRS-Université Louis Pasteur) koordiniert. Vier neue Hefesorten wurden vollständig sequenziert, und die Sequenzen mit der der Modellhefe Saccharomyces cerevisiae verglichen. Ausgewählt wurden vier Sorten, die über ein möglichst breites Informationsspektrum der Entwicklungsvielfalt verfügen: eine für den Menschen krankheitserregende Hefe, zwei mit besonderem Interesse für die Gärungsindustrie und letztere hat die Eigenschaft in salziger Umgebung zu leben. Trotz ähnlicher Lebensweisen zeigen diese Hefearten verschiedene physiologische Eigenschaften und geschlechtliche Fortpflanzungsformen auf.
Die Ergebnisse der Vergleichsuntersuchungen haben erstaunlicherweise gezeigt, dass die Verschiedenartigkeit in der Evolution dieser anscheinend verwandten Organismen viel größer ist, als zu erwarten war. Die auf molekularer Ebene beobachteten Unterschiede zeigen eine evolutionäre Verzweigung, die genauso groß ist wie beim Chordata Stamm. Zur Chordata gehören Menschen, Fische, aber auch Vögel, Reptilen und wirbellose Meerestiere. Die verschiedenen evolutionären Hefestammlinien ergeben unterschiedliche Evolutionsmechanismen. Verdoppelungen im Tandem, Verdoppelung von Genomsegmenten oder Verdoppelung des gesamten Genoms werden durch Genverluste kompensiert. Das erhaltene Bild des Genoms ist viel dynamischer als erwartet.
Hinsichtlich der Anwendung werden es diese Ergebnisse ermöglichen die Behandlung von Candidosis (hefebedingte Infektionen), die Prozesse der B2-Vitaminproduktion oder die Produktion traditionell gegärter Lebensmittel zu verbessern.
Kontakt: Bernard Dujon, Email: bdujon@pasteur.fr, Tel. +33 1 45 68 84 82
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