Informatiker optimieren Einsatz von Nano-Satelliten im Weltall
Batterie im Fokus
Sie sind ungefähr so groß wie ein Schuhkarton, hochtechnisiert und bald zu Zehntausenden in der Erdumlaufbahn unterwegs – sogenannte Nano-Satelliten. Diese können zum Beispiel hochauflösende Fotos unseres Planeten schießen oder Telekommunikations-Netzwerke verstärken. Das kostet jedoch Energie und diese Ressource ist bei den kompakten Hightech-Geräten knapp. Informatiker der Universität des Saarlandes zeigen, wie der Energieverbrauch von Satelliten so geplant werden kann, dass sie stets optimal arbeiten, ohne ihre Batterien jemals zu überlasten. Die Ergebnisse sind auch auf andere Anwendungen übertragbar.
„Kern unserer aktuellen Arbeit ist ein sogenannter ‚Scheduler‘, also ein Ablauf-Planer“, erklärt Holger Hermanns, Informatik-Professor der Universität des Saarlandes. Damit lassen sich die zahlreichen unterschiedlichen Aktivitäten, die moderne Nano-Satelliten durchführen können, kontinuierlich vorausplanen und mit Blick auf den Energieverbrauch optimieren.
Außergewöhnlich ist das Batterie-Modell, das dem Planungsverfahren der Saarbrücker Forscher zugrunde liegt: „Wir beziehen uns nicht auf das gewöhnliche, lineare Modell, gemäß dessen die Batterieladung einfach als Wert zwischen 100 und 0 Prozent dargestellt wird“, so der Informatiker Hermanns. „Unser Ablauf-Planer stützt sich auf das kinetische Batterie-Modell, mit dem auch Ladungsschwankungen, die jeder Batterie zu eigen sind, präzise einberechnet werden können.“ Das neue Verfahren zur Steuerung von Satelliten lässt so auch langfristige Aktivitätsplanungen zu und skaliert reibungslos auf ganze Satelliten-Flotten.
Ihr neues Planungsverfahren haben die Forscher anhand zweier Satelliten des Typs GOMX-4 der dänisch-luxemburgischen Firma GOMspace entwickelt. Jedes Mal, wenn die Satelliten die Bodenstation in Dänemark überfliegen, senden diese die Telemetrie-Daten ihrer Batterienutzung hinunter. Auf Grundlage dieser Daten wird dort mithilfe des Planungsmodells ein neuer Aktionsplan errechnet und dann auf die Satelliten hochgeladen. „Indem wir den Plan bei jedem Überflug über die Bodenstation erneuern, stellen wir sicher, dass stets die bestmögliche Batterienutzung gewährleistet wird“, erklärt Hermanns.
Der Markt für sogenannte LEO (low-earth orbit) Satelliten wächst rasant: Heutzutage kreisen etwa 2500 aktive Kleinst-Satelliten in erdnaher Umlaufbahn um unseren Planeten, aber für die kommenden zehn Jahren sind bereits Starts für rund 50.000 weitere angekündigt. Das neuartige Planungsmodell für Batterienutzung geht jedoch darüber hinaus und kann auch auf andere Anwendungsbereiche übertragen werden, beispielsweise E-Mobilität, Drohnen oder Smart-Home-Geräte.
Ihre Ergebnisse haben die Forscher unter dem Titel „Managing Fleets of LEO Satellites: Non-Linear, Optimal, Efficient, Scalable, Usable, Robust“ auf einer der größten Fachkonferenzen zu eingebetteter Software vorgestellt, der „International Conference on Embedded Software“. Von der Universität des Saarlandes waren neben Professor Holger Hermanns Juan Fraire, Tobias Mömke und Gregory Stock beteiligt. Seitens der Firma GOMspace in Luxemburg wirkten Fakhri Babayev und Eduardo Cruz mit. Hauptsächlich finanziert wird das Projekt durch den Europäischen Forschungsrat aus dem ERC Advanced Grant „POWVER“ und die Deutsche Forschungsgemeinschaft aus dem Transregionalen Sonderforschungsbereich „CPEC – Center for Perspicuous Computing“. Ebenfalls beteiligt ist das „Key-Area Research and Development Program“ der Provinz Guangdong in China.
Ein Folgeprojekt mit Kooperationspartnern aus Europa, Argentinien und China wurde bereits bewilligt. Das durch die EU im Rahmen der „Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen“ geförderte Vorhaben unter dem Titel „Models in Space Systems: Integration, Operation, and Networking“ soll im Oktober 2021 starten.
Hintergrund Saarland Informatics Campus:
800 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und rund 2000 Studierende aus mehr als 80 Nationen machen den Saarland Informatics Campus (SIC) zu einem der führenden Standorte für Informatik in Deutschland und Europa. Fünf weltweit angesehene Forschungsinstitute, nämlich das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), das Max-Planck-Institut für Informatik, das Max-Planck-Institut für Softwaresysteme, das Zentrum für Bioinformatik und das Cluster für „Multimodal Computing and Interaction“ sowie die Universität des Saarlandes mit drei vernetzten Fachbereichen und 21 Studiengänge decken das gesamte Themenspektrum der Informatik ab.
Redaktion:
Philipp Zapf-Schramm
Saarland Informatics Campus
T: 0681 302-70741
Mail: pzapf@mmci.uni-saarland.de
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Holger Hermanns
Email: hermanns@cs.uni-saarland.de
Tel.: +49 (0)681 302 5630
Originalpublikation:
https://ieeexplore.ieee.org/document/9211417
Weitere Informationen:
https://dcloud.cs.uni-saarland.de/s/eqoyFSRxiX9sZqJ
http://cmswebonline.com/esweek2020-epro/html/session-2C.html
https://sigbed.org/emsoft-2020/
https://gomspace.com/home.aspx
https://www.powver.org/optimal-power-in-outer-space/– zur Finanzierung
https://www.perspicuous-computing.science/
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