Ein vertrauenswürdiger Sprachassistent für die Produktion der Zukunft
14 Partner aus 5 Nationen starten Forschungen in EU-Projekt COALA | 5,7 Millionen Euro Förderung | Im Fokus: Ethik-Richtlinien für den Einsatz Künstlicher Intelligenz
Am Arbeitsplatz in der Fertigung ohne aufwendige Suche sofort die richtigen Informationen und individuell schnelle Hilfe selbst bei komplexen Problemen – Menschen in der Produktion soll künftig ein intelligenter Sprachassistent zur Seite stehen. Das System setzt auf Künstliche Intelligenz und soll auch den Wissenstransfer zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ermöglichen. 14 Partner aus 5 Nationen forschen dazu nun im neuen europäischen F&E-Projekt „COALA“. In Deutschland sind das BIBA – Bremer Institut für Produktion und Logistik sowie das Institut Technik und Bildung (ITB) der Universität Bremen beteiligt. Die Koordination des 5,7 Millionen Euro umfassenden Vorhabens liegt beim BIBA.
Vielfältige Herausforderungen
Wissensintensive Herstellungsprozesse bedürfen qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deren Ausbildung ist für Unternehmen sehr zeit- und kostenintensiv. Erschwerend für die Unternehmen kommt der Fachkräftemangel hinzu. Eine weitere Herausforderung für das produzierende Gewerbe im Wettbewerb sind die sich stetig verkürzenden Produktionszyklen sowie die zunehmende Variantenvielfalt der Produkte. Zur Lösung wollen die COALA-Projektpartner aus Wissenschaft und Wirtschaft beitragen. Sie sitzen in Italien, den Niederlanden, Griechenland, Frankreich und Deutschland.
KI-Ethik als oberstes Gebot
Mit dem Fortschreiten der Digitalisierung und dem Einzug der Künstlichen Intelligenz (KI) in Management- und Produktionsprozesse stellen sich zunehmend ethische Fragen zu diesen neuen Technologien. Man redet hier von der „KI-Ethik“. Unter diesem Aspekt erfolgen die Forschungen und Entwicklungen im Projekt COALA. Der Fokus liegt also – bei Einbinden und Nutzen aller technischen Möglichkeiten – vorrangig auf Transparenz sowie dem Schutz der Unternehmen, ihrer Daten und den Privatsphären aller Anwenderinnen und Anwender. Entsprechend werde COALA einen „vertrauenswürdigen Sprachassistenten“ entwickeln, versichern die Partner.
Noch mit Arbeitstitel „COALA“
Als „Alexa“, „Bixby“, „Cortana“, „Siri“ & Co. antworten sie auf alle möglichen Fragen. Um ihre Privatsphäre und Daten fürchtend, verzichten viele noch auf die Dienste dieser intelligenten Sprachassistenten, doch immer mehr schätzen sie mittlerweile als überaus nützliche Helfer im Alltag. Denn sie sparen Zeit und Aufwand, liefern unverzüglich gewünschte Infos sowie hilfreiche Vorschläge und Unterhaltung. In COALA (COgnitive Assisted agile manufacturing for a LAbor force supported by trustworthy Artificial Intelligence) entsteht nun einer der ersten vertrauenswürdigen Sprachassistenten für die Industrie. Er soll künftig Arbeitende in der Produktion unterstützen und kann beispielsweise per Smartphone oder Tablet verwendet werden.
Sicher mit Mycroft und WHY-Engine
Die COALA-Lösung basiert auf dem datenschutzfokussierten offenen Assistenten Mycroft. Sie ermöglicht unter anderem das schnelle Generieren von Datenanalysen und das Bereitstellen von Informationen für einzelne Arbeitsstationen. Deren Grundlage sind komplexe, verteilte Daten des Unternehmens.
Der COALA-Assistent soll beispielsweise die Frage beantworten können: Warum ist das Garn in meiner Webmaschine gerissen? Eine zügige, zuverlässige Antwort vor Ort im laufenden Prozess erlaubt eine zeitnahe Reaktion auf Produktionsprobleme und spart damit Kosten. Die Antwort erfordert die Verarbeitung vielfältiger Daten auch aus verschiedenen Datenbanken unterschiedlicher Abteilungen.
Weiteres Herzstück von COALA ist eine neuartige Erklärungssoftware, die WHY-Engine. Sie soll dem Assistenten ermöglichen, Warum-Fragen zu beantworten. Benutzerinnen und Benutzer können diese Fragen jederzeit stellen, um besser zu verstehen, warum und auf welcher Grundlage der Assistent eine bestimmte Antwort gegeben hat.
KI-Kompetenzen in der beruflichen Bildung
Eine wichtige Säule der erfolgreichen Anwendung von Sprachassistenten in der Produktion ist eine Integration des Themas KI in die berufliche Bildung. Das ITB wird hierzu ein didaktisches Konzept am Beispiel der Textilindustrie entwickeln. Zusätzlich wird in COALA ein Änderungsmanagementprozess erarbeitet, der Fachkräfte und Management über Chancen, Herausforderungen und Risiken in der Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI informiert.
Drei Anwendungsfälle im Blick
Das Konsortium forscht und entwickelt anhand von drei exemplarischen Anwendungsfällen aus den Industriefeldern Textil, Chemie und Haushaltsgeräte („Weiße Ware“). Dafür öffnen die Projektpartner Fratelli Piacenza (Italien), Diversey Netherlands Production (Niederlande) und Whirlpool EMEA (Italien) ihre Produktionsstätten und stellen Daten zur Verfügung. Zusätzlich ist die Textilakademie von Biella (Italien) mit ihrem umfangreichen Ausbildungsangebot für Facharbeiterinnen und -arbeiter eingebunden.
Prognose: erhebliche Zeit- und Kostenersparnis
Das COALA-System sei von erheblicher wirtschaftlicher Relevanz für die es einsetzenden Unternehmen, sagen die Projektpartner. Es könne helfen, die Einarbeitungszeiten an Maschinen und Anlagen zu reduzieren und Qualitätsprobleme zu vermeiden. Aufgrund ihrer Vorstudien gehen sie davon aus, dass damit verbundene Kosten in einzelnen Fällen um bis zu 60 Prozent gesenkt werden könnten. Die beschleunigte Einarbeitung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wirkt sich auch auf die Rüstzeiten aus. Hier erwarten sie eine Reduzierung zwischen 15 und 30 Prozent.
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Originalpublikation:
Wellsandt, Stefan; Rusak, Zoltan; Ruiz Arenas, Santiago; Aschenbrenner, Doris; Hribernik, Karl A.; Thoben, Klaus-Dieter:
Concept of a Voice-Enabled Digital Assistant for Predictive Maintenance in Manufacturing (2020). TESConf 2020 – 9th International Conference on Through-life Engineering Services
http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.3718008
Weitere Informationen:
http://www.coala-h2020.eu
http://www.biba.uni-bremen.de
http://www.itb.uni-bremen.de
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