TV-Doku: Aliens – wo sind Sie denn alle?

Aliens – wenn es sie gibt: Wie könnten sie sich mit galaktischen Raumschiffen in unserer Milchstraße ausbreiten? Und: wie viele von ihnen kann es überhaupt geben? Fragen, auf die die Wissenschaft heute nur hypothetische Antworten geben kann.

Mit Simulationen hat ein amerikanisches Forscherteam versucht abzuschätzen, wie lange es für eine raumfahrende Zivilisation dauern würde, die Milchstraße trotz der großen Entfernungen zwischen den Sternen zu besiedeln. Zu dieser einerseits spektakulären großen Frage, die andererseits aber eher zu den etwas abseitigen Themen ernsthafter Astrophysik gehört, hat Susanne Päch mit dem angesehenen Astrophysiker Caleb Scharf, Direktor des Columbia Astrobiology Center der  Columbia Universität sowie dem theoretischen Astrophysiker Jonathan Carroll-Nellenbeck gesprochen.

Schon vor etlichen Jahrzehnten hat der Nobelpreisträger Enrico Fermi zusammen mit dem Astronomen Frank Drake versucht, diese Zahl abzuschätzen und ebenso Plausibilitäten zu finden, wie lange Zivilisationen mit ihren interstellaren Schiffen brauchen würden, um sich auf Exoplaneten über die ganze Milchstraße zu verteilen. Die Berechnungen zeigten damals zuerst einmal, dass es technologisch durchaus möglich ist, fremde Planeten zu erreichen – und verglichen mit der Lebenszeit von Sternen in unserer Milchstraße gar nicht lange dauert. Fermi hatte deshalb schon in den fünfziger Jahren eine Frage gestellt, die heute als Fermi-Paradoxon bezeichnet wird: Wo sind sie denn, wenn es doch möglich ist, die Galaxis zu besiedeln? Warum also ist unseres Wissens nach noch keine galaktische Flotte hier aufgetaucht? Ein Forscherteam ist dieser Frage auf der Grundlage neuester mathematischer Simulationsmethoden und astronomischer Erkenntnisse erneut nachgegangen.

Die Simulationen zeigten erstmals, dass die Eigenbewegung der Sterne die Besiedelung gegenüber den alten Berechnungen von Fermi und Drake deutlich beschleunigt. Doch neben der Frage der Häufigkeit des Entstehens menschenähnlichen Lebens spielt auch die Frage der Lebenszeit solcher Intelligenzen hinein, die Frage also, ob intelligente Spezies wie der Mensch überhaupt lange genug existieren, um Sternenschiffe bauen zu können.

Unterdessen entdecken wir immer mehr fremde Planetensysteme, die um unterschiedliche Sterntypen kreisen. Allein in unserer Milchstraße könnte es davon hunderte von Milliarden geben. Obwohl sie sich alle nach den physikalischen Gesetzen bilden, gleicht bisher kein Planetensystem dem anderen. Gleichzeitig erkennen Evolutionsbiologen, dass die über mehr als drei Milliarden Jahre währende Entwicklung der irdischen Lebensformen durch eine unübersehbare Vielzahl von Parametern gesteuert wird. Leben entwickelt sich in einem hochkomplexen Gleichgewicht der Ökosphäre, das der Wissenschaft bis heute eine Abschätzung über die Zukunft der Spezies Mensch oder gar deren Lebensdauer unmöglich macht. Caleb Scharf meint dazu bedauernd: „Wir wissen nicht, ob die Menschheit nach rund 200.000 Jahren ihrer Existenz eine junge oder schon eine alte Zivilisation ist.“

Nirgendwo auf der Erde sind bisher geologische Funde einer früheren oder auch fremden Hochzivilisation gefunden worden. Doch diese Annahme darf man nicht absolut sehen. Adam Frank und Gavin Schmidt, auch Co-Autoren der neuen Simulations-Forschungen, haben in einer weiteren Arbeit zum Thema die sogenannte „Silurische Hypothese“ veröffentlicht. Sie besagt, dass Paläontologen vorhandene technologische Artefakte im Erdgestein aufgrund der Verwitterung gar nicht mehr nachweisen können, wenn sie älter als rund zehn Millionen Jahre sind. Das heißt im Rückschluss: Heute lässt sich nur mit gewisser Sicherheit sagen, dass in diesem Zeitraum der letzten zehn Millionen Jahre keine fremde Spezies auf die Erde gekommen ist. Ob eine raumfahrende Zivilisation allerdings vor einer Milliarde Jahre schon einmal hier war – oder auch, ob es ein Atlantis, von Menschenhand errichtet, einst gegeben hat -, lässt sich heute, so Caleb, von der Wissenschaft nicht mit Sicherheit ausschließen.

“Es ist einfach zu sagen, solche Spezies wollen keine Raumfahrt betreiben oder etwas Unvorstellbares verhindert ihren Aufbruch ins All.  Zu all diesen Fragen haben wir heute aber keine echte Antwort. Wir wollten der Frage deshalb mit einem physikalisch geprägten theoretischen Ansatz begegnen. Die erste Frage war: Wenn eine Zivilisation die Möglichkeit interstellarer Raumfahrt erst einmal entwickelt hat, ist es ihr möglich, die ganze Milchstraße zu besiedeln? – und das mit so wenig Annahmen wie möglich.“ Die zahlreichen Simulationen mit etlichen Parametern, die Scharf zusammen mit dem Astrophysiker Jonathan Carroll-Nellenbeck realisiert hat, führen zu dem Schluss, dass Zivilisationen mindestens eine Million Jahre existieren müssen, ehe sie intergalaktische Raumfahrt betreiben können. Am Rande sei übrigens auch erwähnt, dass die eingesetzten, agenten-basierten Modelle für diese Simulationen jenem vergleichbar sind, das heute auch für die Ausbreitung des Corona-Virus eingesetzt wird.

Es zeigte sich in den Simulationen sehr deutlich, dass auch die tatsächliche Entfernung der Sterne bei der Besiedelung eine ganz entscheidende Rolle spielt. Und genau bei diesem Aspekt konnten gegenüber früheren Abschätzungen neue astronomische Daten berücksichtigt werden – einfach deshalb, weil die Entfernung der meisten Sterne bis vor kurzem gar nicht bekannt war. Denn erst mit der Weltraumsonde Gaia, gestartet 2013, ist es möglich geworden, die Entfernung einer großen Zahl von Sternen in der Milchstraße zu vermessen. „Wir haben erkannt,“ so Caleb, „dass frühere Untersuchungen bisher die Eigenbewegungen von Sternen zu wenig berücksichtigt haben. Sie sind für die Ausbreitungsgeschwindigkeit von großer Bedeutung. Wir fanden: Unter dem Strich wird sie durch die Sternbewegungen jedoch deutlich beschleunigt.“

Caleb Scharf gibt anhand der jetzt bekannten Verteilung der Sterne zusammen mit den in den Simulationen gewonnenen Erkenntnissen eine weiterführende Interpretation des Fermi-Paradoxons. Er spricht dabei von galaktischen Archipelen und meint: „Es gibt rein zufällig Regionen in unserer Milchstraße, die diese Raumfahrt-Zivilisation durch ihre vielen Sterne und ihre Bewegungen zueinander in diesen Archipelen hält. Sie haben zahlreiche, wechselnde Besuchsmöglichkeiten in ihrer Nachbarschaft und ziehen daher keine Reise zu einem weit entfernten Stern in Betracht. Wenn man also außerhalb dieser Archipele in einer Zone mit wenigen Sternen liegt, dann werden die Zeitintervalle für Besuche wesentlich länger. Vielleicht ist das ein wichtiger Grund dafür, dass die Erde in der Vergangenheit nur extrem selten von fremden Zivilisationen besucht wurde.“ Löst sich das Fermi-Paradoxon, warum so wenige Aliens hier bisher waren, in der Erkenntnis auf, dass wir offenbar  am falschen, an einem besiedelungstechnisch völlig uninteressanten  und abseitigen Ort im Hinterland der Milchstraße existieren? 

Ansprechpartner:
Dr. Susanne Päch
Chefredaktion HYPERRAUM.TV
Bavariafilmplatz 3
82031 Grünwald
susanne.paech@hyperraum.tv

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http://hyperraum.tv/2020/06/03/galaktische-flotte/

 

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