Gamechanger in der Impfstoffproduktion

Prof. Dr. rer. nat. Dieter Schinzer
Foto: Jana Dünnhaupt / Uni Magdeburg

Sichere Moleküle aus dem Labor für globalen Impferfolg.

Chemikern gelang künstliche Herstellung wichtiger Bausteine für mRNA-Impfstoffe.

Chemikern der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg ist es gemeinsam mit Kollegen des Unternehmens CordenPharma erstmals gelungen, mit einem hocheffektiven Verfahren aus pflanzlichen Rohstoffen pharmazeutisches Cholesterol herzustellen. Damit wird es künftig möglich, große Mengen des dringend für die Produktion und Verabreichung der modernen mRNA-basierten Impfstoffe nötigen Moleküls verfügbar zu machen, um weltweit die COVID-19-Pandemie bekämpfen zu können.

Cholesterol ist ein wesentlicher Teil des „Lipid-Cocktails“, der für die Verabreichung der fertigen Impfstoffe notwendig ist. Lipide, griechisch Fette, sind eine Sammelbezeichnung für größtenteils wasserunlösliche Naturstoffe, die gemeinsam mit dem mRNA-Fragment so genannte Lipid-Nano-Partikel (LNP) bilden, die den Impfstoff letztendlich in die Zellen schleusen.

„Das von uns nun synthetisch erzeugte Cholesterol ist dabei äußerst relevant, da es die Lipid-Nano-Partikel stabilisiert und die Freisetzung des Impfstoffs in das Cytosol der Zelle ermöglicht“, erläutert Prof. Dr. rer. nat. Dieter Schinzer vom Institut für Chemie der Fakultät für Verfahrens- und Systemtechnik der Universität Magdeburg.

Momentan kommen die Hauptmengen des industriell benötigten Cholesterols aus tierischen Quellen: entweder durch Extraktion aus Fett von Schafwolle oder aus tierischem Gewebe. Über humane und veterinäre Medizinprodukte besteht dadurch ein Risiko zur Übertragung der spongiformen Encephalopathie (TSE), einer irreversiblen Schädigung des Gehirns.

„Bei der Produktion von Cholesterol aus pflanzlichen Rohstoffen können solche Verunreinigungen und Kontaminationen nicht auftreten“, so Schinzer. „Durch diesen Produktionsprozess wird ein wichtiger Schritt zur Überwindung des Mangels von Lipiden bei der Produktion weltweit benötigter und lebensrettender Impfstoffe geleistet, um die Pandemie erfolgreich zu bekämpfen“, erklärt der Chemiker Schinzer.

Zurzeit würden verschiedene Lipide in großem Maßstab bei CordenPharma hergestellt, Cholesterol fehle aber bislang in diesem „Baukasten“, so der Wissenschaftler weiter. „Um diesen zu vervollständigen, begann Projektleiter Dr. Lionel Roux von CordenPharma Untersuchungen, um eine Cholesterol-Synthese aus Pflanzenmaterial zu entwickeln. Aus der seit langem etablierten Kooperation meines Lehrstuhls mit dem Unternehmen entstand dann eine große Studie möglicher Herstellungsszenarien für Cholesterol“, so der Wissenschaftler Schinzer.

Ende letzten Jahres gelang dem Forscherteam dann erstmals eine einfache und kurze Synthese von Cholesterol. Prof. Dieter Schinzer: „Nach sehr harten Tag- und Nachtschichten im Labor und diversen ‚brain storming sessions‘ der beteiligten Teams konnten der Doktorand Maxim Munt und Dr. Oliver Spieß aus meinem Team den Durchbruch erzielen und die ersten Gramm-Mengen von pflanzenbasiertem Cholesterol synthetisieren.“

Matthieu Giraud, PhD Director, Global Peptoides, Lipids & Carbohydrates bei CordenPharma erläutert: „Diese innovative und kostenwettbewerbsfähige Produktion aus Pflanzenmaterial, welche zusammen mit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg entwickelt wurde, liefert hochreines Cholesterol (BotaniChol®) für die mRNA-Impfstoffe. Zusätzlich zu unseren Standard-Lipiden wie Phosphocholin, pegylierter und kationischer Lipide komplettiert BotaniChol® sehr schön die Lipid-Palette für die globalen mRNA-Impfstoffhersteller, um die Pandemie erfolgreich zu bekämpfen.“

Das durch diesen neuen Prozess gewonnene Cholesterol wurde bereits als Markenname BotaniChol® registriert und zum Patent angemeldet.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Kontakt für die Medien: Prof. Dr. rer. nat. Dieter Schinzer, Institut für Chemie der Fakultät für Verfahrens- und Systemtechnik, Tel.: +49 0391 67-58673, E-Mail: dieter.schinzer@ovgu.de

https://www.ovgu.de/lipide-path-2,13,31924,31926.html

http://www.uni-magdeburg.de/

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