Hightech und Plasma statt Pflanzenschutzmittel
Roboter sollen zukünftig Pflanzen überwachen und optimal versorgen
HAWK-Forschung mit Förderung der EIP.
Digital Farming, also der Einsatz von Robotern, künstlicher Intelligenz und Big Data, könnte in Zukunft unsere Ernährung sichern und gleichzeitig Umwelt und Ressourcen schonen. Im Forschungsprojekt PRo-MAPPER unter der Leitung von HAWK-Professor Dr. Thomas Linkugel soll durch interdisziplinäre Zusammenarbeit ein vollautomatisierter Pflanzroboter weiterentwickelt werden. Dieser könnte in Zukunft nicht nur Aussaat, Bewässerung, Düngung und Unkrautkontrolle übernehmen. Durch eine kontinuierliche Überwachung der Pflanzen soll die Anlage auch selbstständig Pflanzenkrankheiten erkennen und frühzeitig und umweltschonend mit Hilfe von Plasmatechnik bekämpfen. Das Projekt wird durch die Europäische Innovationspartnerschaft (EIP) gefördert.
An dem Vorhaben beteiligt sind neben den Bereichen Robotik und Plasmatechnik an der HAWK-Fakultät Ingenieurwissenschaften und Gesundheit auch das Institut für Zuckerrübenforschung (IfZ) an der Universität Göttingen und das Unternehmen piccoplant Mikrovermehrung. Diese Kooperation mache auch den besonderen Wert des Forschungsvorhabens aus, erklärt Prof. Linkugel. „Wir wollen verschiedene innovative Technologien kombinieren. Davon versprechen wir uns einen wertvollen Beitrag zu einer alternativen Landwirtschaft, die mit weniger Pestiziden auskommt.“
Linkugel ist Professor für Robotik und Embedded Systems an der HAWK und verantwortet damit neben der Projektleitung auch die Entwicklung neuer Sensorsysteme und die Zusammenführung der gemessenen Daten. Die Anwendung aller Komponenten erproben die Wissenschaftler*innen anhand von vollautomatisierten Anzuchtbeeten mit Flieder, Mangold und Zuckerrüben. Diese werden gezielt mit Erregern inokuliert, mittels Robotik und Sensorik überwacht und mittels Plasmatechnologie behandelt. Durch die vollständige Überwachung können so Pflege- und Behandlungskonzepte angepasst und optimiert werden.
Als Grundlage des neuen Systems dient ein kostengünstiger Open Source-Pflanzroboter der US-amerikanischen Firma FarmBot. Dieser kann bereits teilautomatisiert sähen, bewässern und Unkraut mechanisch kontrollieren. Durch die Ausstattung mit neuen Sensoren und einem Embedded System, also einem eingebauten Computer, soll dieser in Zukunft die Pflanzenentwicklung erfassen.
Die gesammelten Daten können dann gleich innerhalb des Systems verarbeitet werden. Durch maschinelles Lernen soll der Roboter so mit der Zeit immer besser Krankheiten und Schädlinge an den Pflanzen erkennen. Das IfZ entwickelt das dafür notwendige Big Data-Analysesystem. Die Forschenden erhoffen sich so vor allem einen Vorteil durch die schnellere Erkennung von Pflanzenkrankheiten. „Ziel ist ein Roboter, der Infektionen sehr früh erkennt und dann selbstständig die richtige Kontrollmaßnahme automatisch einleitet“, so Dr. Stefan Paulus, Experte für Sensoren und Datenanalyse beim IfZ.
Hat der Roboter festgestellt, dass eine Pflanze unter Schädlingsbefall, Pilz- oder Bakterieninfektionen leidet, kommt die Plasmatechnik der HAWK zum Einsatz. Studien, die unter anderem von HAWK- Wissenschaftler*innen durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass plasmabehandelte Flüssigkeiten eine insektizide und mikrobizide Wirkung haben. Sie können also gegen Pflanzenkrankheiten und schädlichen Insektenbefall eingesetzt werden. „Außerdem sorgen plasmabehandelte Flüssigkeiten für einen beschleunigten Keimprozess und einen schnelleren Biomassezuwachs“, berichtet Prof. Dr. Wolfgang Viöl, Leiter des Forschungsschwerpunktes Laser- und Plasmatechnologie an der HAWK. „Wir erhoffen uns so, gleichzeitig die Düngung und den Pflanzenschutz zu verbessern und damit langfristig chemische Pflanzenschutzmittel zu ersetzen.“ Mit einem Sprühsystem ausgestattet könnte der Roboter unmittelbar und individuell auf Veränderungen der Pflanzen reagieren, plasmabehandelte Flüssigkeit aufbringen oder einzelne Pflanzen entfernen. Die Bekämpfung von Krankheiten und Schädlingen wird so zielgerichteter und umweltschonender.
Um sicherzustellen, dass das entwickelte System für Nutzer*innen in der Landwirtschaft gut anwendbar ist, unterstützt die Firma piccoplant Mikrovermehrung das Projekt mit Feedback zum Praxiseinsatz. Um den Roboter langfristig kommerziell einsetzbar zu machen, soll außerdem eine erschwingliche Hardware entwickelt werden. Dann könnte das System sowohl in der konventionellen als auch in der ökologischen Landwirtschaft Anwendung finden.
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