Erstaunliche Artenvielfalt im Panama-Kanal trotz Bio-Invasoren
90 Jahre nach der Eröffnung des Panama-Kanals haben kanadische Forscher nun die ökologischen Auswirkungen der Mischung verschiedener Fischarten untersucht: Zur großen Überraschung hat die Vereinigung der beiden Flüsse Rio Chagres und Rio Grande aber keine Spezies aussterben lassen, berichtet das Wissenschaftsmagazin Nature.
Als der Panama-Kanal 1914 eröffnet wurde, haben nicht nur die Schiffe eine Reise durch Mittelamerika gemacht, sondern auch zahlreiche Fischspezies, die vorher isoliert waren, sind in Gebiete vorgedrungen, in denen andere bisher isolierte Arten lebten. Nach den Untersuchungen von Scott Smith von der McGill Universität in Montreal leben in der Zwischenzeit in beiden Flusssystemen neue Arten, aber offensichtlich ist entgegen allen Befürchtungen keine Art ausgestorben.
Nach der „Nischentheorie“ der Ökosysteme bewohnt jede Spezies ein abgegrenztes Umfeld, egal ob im Regenwald oder in einem Fluss. Das bedeutet, dass jede Spezies eine interaktive Rolle in dem System spielt, in dem sie eine gewisse Rolle als Jäger oder Beutetier spielt, oder in Symbiose mit anderen Arten lebt. Einige dieser Theorien besagen, dass Ökosysteme so konzipiert sind, dass es keine Kapazitäten für neue Spezies gibt. In anderen Worten heißt das, dass alle Nischen so gefüllt sind, dass der Platz zu klein ist und ein Eindringling auf den Zehen anderer Arten herum steigt. Dass dies im Panama-Kanal nicht so passiert ist, hat selbst die Forscher erstaunt, die darüber in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Proceedings of the Royal Society of London B berichten.
Scott hat mit seinen Kollegen die Zahl der Fischspezies in den beiden Flüssen erhoben – und zwar anhand der Daten vor der Eröffnung des Kanals und heute. Demnach gab es im Rio Grande fünf Süßwasserfisch-Arten, die zuvor nur im Rio Chagres lebten, umgekehrt leben nun im Rio Chagres drei Spezies, die nur im Rio Grande vorkamen. Das heißt, dass die Zahl der Spezies im Rio Grande um 28 Prozent gestiegen ist und im Rio Chagres um elf Prozent. „Wären nun Fische ausgestorben, wäre das in den vergangenen 90 Jahren längst passiert“, so Scott. Üblicherweise passiert so etwas in einer Zeitskala von zehn bis 100 Generationen. Dass dies jetzt noch passiert, hält der Forscher für eher unmöglich.
Dass Bioinvasoren derart harmlos sind, kommt eher selten vor, berichtet Scott. „Eine Reihe ähnlicher Untersuchungen hat ergeben, dass Bioinvasoren fürchterliche Wirkungen auf indigene Arten haben. Ganz schrecklich ist es, wenn der Invasor in der Nahrungskette als Räuber ganz oben steht“, so Scott, der das Beispiel des Nil-Barsches (Lates niloticus) anführt, der im ostafrikanischen Viktoria-See in den 50-er Jahren eingesetzt wurde. Insgesamt hatten die Barsche in kurzer Zeit mehr als 200 Fischarten ausgerottet. Obwohl im Panama-Kanal immer noch reger Schiffsverkehr herrscht, gehen die Forscher nicht davon aus, dass weitere Fischarten eingebracht werden und überleben. Der Grund dafür ist ein Pfauen-Zahnbarsch (Cichla ocellaris), der 1967 am Lake Gatun, einem künstlichen See zwischen den beiden Flüssen, eingesetzt wurde. Dieser Raubfisch verhindert, dass es zu einer weiteren Veränderung des Fischbesatzes kommt. Damit sind die beiden Flüsse wieder voneinander separiert.
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