Lichtinduzierte Formänderung von MXenen

Ultraschnelle Elektronenbeugung macht per Licht schaltbare Nanowellen in MXene-Schichten sichtbar
Bildnachweis: Mikhail Volkov

Licht im Femtosekundenbereich erzeugt schaltbare Nanowellen in MXenen und bewegt deren Atome mit Rekordgeschwindigkeit – Entdeckung von Physikern aus Konstanz und Zürich.

Das Verfahren der ultraschnellen Laserspektroskopie ermöglicht die Beobachtung der Bewegung von Atomen auf ihren natürlichen Zeitskalen im Bereich von Femtosekunden, dem Millionstel einer milliardstel Sekunde. Die Elektronenmikroskopie hingegen bietet eine atomare räumliche Auflösung. Durch die Kombination von Elektronen und Photonen in einem Instrument hat die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Peter Baum an der Universität Konstanz einige der schnellsten Elektronenmikroskope entwickelt, um einen detaillierten Einblick in Materialien und ihre dynamischen Eigenschaften zu erhalten – mit höchster räumlicher und zeitlicher Auflösung.

In ihrer aktuellen Veröffentlichung in ACS NANO haben Wissenschaftler der Arbeitsgruppe Baum diese Technik zusammen mit Forschenden der ETH Zürich zur Untersuchung neuartiger Materialien – zweidimensionale, molekular definierte Schichten, die MXene genannt werden – eingesetzt und dabei eine überraschende Entdeckung gemacht: MXene können mithilfe von Laserpulsen wiederholt zwischen einer flachen und einer gewellten Form hin- und hergeschaltet werden. Dies eröffnet ein breites Spektrum möglicher Anwendungen.

MXene: neuartige zweidimensionale Materialien

MXene sind zweidimensionale Materialien aus Übergangsmetallcarbiden oder –nitriden, die aus nur wenige Atome messenden Schichten bestehen. „Dadurch ähneln MXene in der einen räumlichen Dimension einem Molekül, in den anderen zwei hingegen einem ausgedehnten Festkörper“, verdeutlicht Dr. Mikhail Volkov, Erstautor der aktuellen Studie, den Aufbau der Materialien. Hergestellt werden MXene durch Ablösung der dünnen Materialschichten von einem Vorläufermaterial – ein Vorgang der Exfoliation genannt wird.

Im Gegensatz zu den meisten anderen einschichtigen Materialien, lassen sich MXene dank der Entdeckung einer skalierbaren und irreversiblen chemischen Exfoliationsmethode leicht in großen Mengen herstellen. Durch die Wahl des Übergangsmetalls können außerdem über einen breiten Bereich die chemischen und physikalischen Eigenschaften der MXene bestimmt werden. Dies führt zu verschiedensten Anwendungen für MXene in Einsatzbereichen wie Sensorik, Energiespeicherung oder Lichtsammlung und als antibakterielles Material.

Erzeugung von Nanowellen in MXenen durch schnelles Licht

In ihrer Studie haben die Projektleiter Dr. Mikhail Volkov von der Universität Konstanz und Dr. Elena Willinger von der ETH Zürich nun einen neuen Weg gefunden, um die Eigenschaften von MXenen durch die Bestrahlung mit schnellen Lichtpulsen zu verbessern. Mittels ultraschneller Elektronenmikroskopie mit atomarer räumlicher Auflösung nahmen sie einen Film auf, in dem MXene mit Femtosekunden-Laserpulsen wechselwirken. Sie konnten zeigen, dass die Laserenergie in einer Rekordzeit von gerade einmal 230 Femtosekunden auf das Atomgitter der MXene übertragen wird.

Unerwarteterweise fanden die Wissenschaftler außerdem heraus, dass Femtosekunden-Laserlicht genutzt werden kann, um zwischen der ursprünglich flachen Oberflächenstruktur des MXenes und einer Nanowellen-Form des Materials hin und her zu wechseln – einer „Berg-und-Tal-Nanolandschaft“ mit einer Periodizität, die mehr als fünfzigmal kürzer ist als die Wellenlänge des verwendeten Lasers. „Wir können die Ausrichtung der Nanowellen mit der Polarisation des Lasers steuern, was bedeutet, dass das Material ein optisches Gedächtnis auf der Nanoskala besitzt. Hinzu kommt, dass sich das gewellte MXene, wenn ein erneuter Laserstrahl auf das Material trifft, wieder in seine flache Form umwandelt und während der Bestrahlung flach bleibt. Die extrem kleine Größe der einzelnen Nanowellen und die schnelle Gitterreaktion sind ebenfalls recht unerwartet, und wahrscheinlich ist hier ein physikalisches Phänomen beteiligt, das wir als Plasmon-Phonon-Kopplung bezeichnen“, erklärt Volkov.

Nanowellen steigern die Materialleistung

„Die Nanostrukturierung in Form von Wellen erhöht außerdem das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen der Materialien und macht sie dadurch chemisch reaktionsfähiger. Zusätzlich werden die lokalen elektromagnetischen Felder verstärkt, was die Kopplung mit Licht verbessert – eine wertvolle Eigenschaft für Sensoranwendungen“, so Volkov. Die Wissenschaftler*innen erwarten daher, dass die entdeckten, im Nanometerbereich gewellten MXene eine verbesserte Energiespeicherkapazität sowie eine erhöhte katalytische oder antibiotische Aktivität aufweisen. „Zu guter Letzt eröffnet die Eigenschaft der MXene, dass sich ihre Struktur bei Bedarf durch einen Laserpuls zwischen eben und gewellt umschalten lässt, faszinierende Möglichkeiten für den Einsatz der Materialien in aktiven plasmonischen, chemischen und elektrischen Geräten“, schließt Volkov.

Faktenübersicht:
• Originalstudie: Mikhail Volkov, Elena Willinger, Denis A. Kuznetsov, Christoph R. Müller, Alexey Fedorov, Peter Baum (2021) Photo-Switchable Nanoripples in Ti3C2Tx MXene. ASC NANO. DOI: https://doi.org/10.1021/acsnano.1c03635
• Untersuchung des lichtinduzierten Verhaltens von MXenen mittels ultraschneller Elektronenmikroskopie durch Forschende der Universität Konstanz und der ETH Zürich
• Laserenergie wird in Rekordzeit (im Femtosekundenbereich) auf das Atomgitter der MXene übertragen.
• Laserlicht erzeugt im ansonsten flachen Material eine wellige Oberflächenstruktur. Durch wiederholte Laserbestrahlung kann zwischen Nanowelle und flacher Struktur hin- und hergeschaltet werden.
• Optische Schaltbarkeit eröffnet breites Spektrum möglicher Anwendungen
• Förderung: Europäischer Forschungsrat (ERC) im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms „Horizont 2020“ der Europäischen Union

Hinweis an die Redaktionen:
Ein Foto kann im Folgenden heruntergeladen werden:
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Bildunterschrift: Ultraschnelle Elektronenbeugung macht per Licht schaltbare Nanowellen in MXene-Schichten sichtbar
Bildnachweis: Mikhail Volkov

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Telefon: + 49 7531 88-3603
E-Mail: kum@uni-konstanz.de

Originalpublikation:

https://doi.org/10.1021/acsnano.1c03635

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