Einbahnstraße für Wärmestrahlung

Berührungsloses Kühlen einer Probe durch das gezielte Lenken von Wärmestrahlung.
© Jochen Feldmann/ LMU

LMU-Physiker haben eine neuartige Methode zur berührungslosen Kühlung von Objekten entwickelt.

Jeder kennt den Frost einer kalten Winternacht bei klarem Sternenhimmel. Auf dem freien Feld spürt man die Kälte deutlich, in einem Wald oder unter einem schützenden Dach weniger. Der Grund ist Wärmestrahlung, die vom Körper abgegeben und je nach Umgebung eine geringere Wärmestrahlung empfangen wird.

Das Universum ist mit -270°C viel kälter als unsere direkte Umgebung, daher strahlt es kaum zurück. Seit kurzem entwickeln Wissenschaftler weltweit neuartige Methoden, um durch Wärmeaustausch mit dem Universum ohne weiteren Energieeinsatz Gebäude oder auch Kleidung sogar bei Tageslicht abzukühlen. Potenzielle Anwendungen für technologische oder experimentelle Zwecke auf kleinerer Skala wurden bisher aber kaum untersucht.

Einer Forschungsgruppe um Professor Jochen Feldmann ist es am Nano-Institut der LMU nun gelungen, durch die gezielte Lenkung von Wärmestrahlen berührungslos einen Kältegradienten in einer Probe zu erzeugen.

„Wir haben dabei das ferne Universum durch einen entfernt stehenden Kryostaten simuliert“, sagt Nicola Kerschbaumer, Doktorandin in Feldmanns Team und Erstautorin der Studie. Ein Kryostat ist ein Kühlgerät, mit dem sehr tiefe Temperaturen erreicht und konstant gehalten werden können. Mithilfe von spezieller Optik und elliptischen Spiegeln konnten die Forscher die langwellige Wärmestrahlung der Probe sammeln und gezielt zum Kryostat lenken. Auf diese Weise erzeugten sie eine Art „Einbahnstraße“ für die Wärmestrahlung und die Probe wird gekühlt. In einer ersten Anwendung zeigte sich diese kontaktlose Kühlung besonders gut für das sogenannte „Unterkühlen“ von Flüssigkeiten geeignet.

Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass ihre neue Methode, durch „Strahlungskühlung“ (engl. radiative cooling) berührungslos einen Kältegradienten in einer Probe zu erzeugen, viele weitere Anwendungen finden wird. Nach Einschätzung von PD Theobald Lohmüller, Leiter der Biophotonik-Gruppe am Nano-Institut und ebenfalls Autor der Studie, werden kontaktfreie thermische Manipulationen insbesondere bei biologischen Proben von großem Interesse sein.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Jochen Feldmann und Nicola Kerschbaumer
Chair for Photonics and Optoelectronics
Nano-Institute Munich
feldmann@lmu.de, nicola.kerschbaumer@physik.uni-muenchen.de
www.phog.physik.uni-muenchen.de

Originalpublikation:

N.M. Kerschbaumer, S. Niedermaier, T. Lohmüller and J. Feldmann
Contactless and spatially structured cooling by directing thermal radiation
Scientific Reports 11, 16209 (2021)
https://doi.org/10.1038/s41598-021-95606-2

https://www.lmu.de/de/newsroom/newsuebersicht/news/einbahnstrasse-fuer-waermestrahlung.html

Media Contact

LMU Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Wegweisend für die Diagnostik

Forschende der Universität Jena entwickeln Biosensor auf Graphen-Basis. Zweidimensionale Materialien wie Graphen sind nicht nur ultradünn, sondern auch äußerst empfindlich. Forschende versuchen deshalb seit Jahren, hochsensible Biosensoren zu entwickeln, die…

Rotorblätter wiederverwenden

h_da-Team als „Kultur- und Kreativpilot*innen Deutschland“ ausgezeichnet. Rotorblätter von Windkraftanlagen wiederverwenden statt zu entsorgen: Das „Creative Lab rethink*rotor“ am Fachbereich Architektur der Hochschule Darmstadt (h_da) zeigt, dass sich hieraus Schallschutzwände…

Weltweit erstes Zentrum für Solarbatterien

Strategische Partnerschaft zur Optoionik von TUM und Max-Planck-Gesellschaft. Energie von Sonnenlicht direkt elektrochemisch speichern Optoionik als Querschnittswissenschaft zwischen Optoelektronik und Festkörperionik Bayern als internationaler als Innovationsführer bei solarer Energiespeicherung Das…