Eine neue Dimension der Strahlentherapie

Aufnahmen eines Herztumors
(c) LMU KLinikum - Strahlentherapie

Erstmals können nicht operable Herztumore behandelt werden.

Der neue MR Linac am LMU Klinikum bietet gleich mehrere Vorteile bei der Bestrahlung von Tumoren in beweglichen Organen: genauer, größere Dosen, bessere Schonung des gesunden Gewebes. Sogar Patientinnen und Patienten mit nicht operablen Herztumoren können so erstmals behandelt werden. „Mit dem MR Linac“, sagt Prof. Dr. Claus Belka, Direktor der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am LMU Klinikum, „können wir live verfolgen, ob und wie sich der Tumor und das umgebende gesunde Gewebe durch die Therapie verändern. Das eröffnet eine neue Dimension der Präzision bei der Bestrahlung.“

Viele Organe bewegen sich ständig. Das Herz oder die Lungen zum Beispiel. Oder deren direkte Nachbarn wie die Bauchspeicheldrüse und die Leber. Zwar ist die Bestrahlung von Krebsherden in diesen Organen auch bislang auf hohem Niveau machbar. Doch aufgrund der Bewegungen treffen die zelltötenden Strahlen auch gesundes Gewebe, das an die Tumoren grenzt. Entsprechend muss die Dosis der Bestrahlung limitiert werden, was wiederum den Erfolg der Therapie schmälert.

Mit dem MR Linac ist dieses Problem weitgehend Vergangenheit. Diese mächtige Maschine ist seit gut anderthalb Jahren am LMU Klinikum in Großhadern in Betrieb. Sie vereint zwei Geräte, die bislang strikt getrennt waren und allein für sich schon technologische Hochleistung bedeuten: ein “Linearbeschleuniger”, der die eigentliche Strahlung für die Strahlentherapie von Tumorpatienten erzeugt. Und ein Magnet-Resonanz-Tomograf, der strahlungsfrei während der Behandlung immer wieder Schichtbilder vom Tumor schießt.

„So können wir live und direkt verfolgen, ob und wie sich ein Tumor und das umgebende gesunde Gewebe durch die Therapie verändern“, sagt Privat-Dozentin Dr. Stefanie Corradini, leitende Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie. „Damit können wir die gesamte Therapie sehr präzise gestalten und an die sich ändernden Verhältnisse im Krebsgewebe anpassen.“ Und zwar Tag für Tag. Denn die jeweils nächste Sitzung der Therapie wird immer neu von einem mehrköpfigen Team aus Ärztinnen und Ärzten, Medizinisch-Technischen Angestellten und Physikerinnen und Physikern für die aktuellen Verhältnisse im Gewebe berechnet.

„Für die Patientinnen und Patienten bringt das nur Vorteile“, erklärt Claus Belka, „weil wir das gesunde Gewebe exzellent schonen, können wir höhere Strahlendosen mit besserer Wirkung einsetzen.“ Seit Januar 2020 wurden in Großhadern bereits etwa 300 Patienten mit Tumoren in beweglichen Organen in rund 1.800 Einzelbestrahlungen behandelt.

Internationale SHARP-Studie startet:

Dabei ermöglicht das High-Tech-Verfahren sogar die Behandlung von bösartigen Herztumoren. Diese Tumore sind zwar extrem selten. Da sie nicht operiert werden können, haben die Patienten bisher keine Therapieoption und geringe Überlebenschancen. „Wir können die Betroffenen mit hohen Dosen bestrahlen und ihre Tumoren in Schach halten“, sagt Stefanie Corradini. Das heißt: Die Krebsherde wachsen nicht weiter oder sie schrumpfen sogar. Auch Herzmetastasen lassen sich mit dem MR Linac behandeln. Inwieweit das Verfahren das Überleben der Patientinnen und Patienten langfristig verlängert, wollen die Experten des LMU Klinikums jetzt gemeinsam mit drei weiteren Krankenhäusern in einer großen internationalen Studie ermitteln. (SHARP trial – Stereotactic Heart Ablative RadiotheraPy – Prospektive Beobachtungsstudie zur MR-gesteuerten stereotaktischen ablativen Strahlentherapie von inoperablen primären oder rezidivierenden malignen Herzsarkomen oder Herzmetastasen).

„Wir hatten die Technologie von Anfang an sehr gut im Griff“, sagt Stefanie Corradini, „und wissen ganz genau, was wir tun.“ So ist das Team des LMU Klinikums an zahlreichen Studien beteiligt, in denen die Einsatzmöglichkeiten des MR Linac erforscht werden (Tumoren in Lunge, Leber, Prostata, und der Bauchspeicheldrüse). Und es hat federführend die europäischen Leitlinien gestaltet, beispielsweise für die Inbetriebnahme und praktische Einführung der MR-gesteuerten Bestrahlung mittels MR Linac in der Klinik.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Priv.-Doz. Dr. med. Stefanie Corradini
Leitende Oberärztin, Bereichsleitung Brachytherapie und MR-Linac
Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie
LMU Klinikum München
Tel: +49 89 4400-73737
E-Mail: stefanie.corradini@med.uni-muenchen.de

Weitere Informationen:

https://www.lmu-klinikum.de/aktuelles/pressemitteilungen/eine-neue-dimension-der…

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Philipp Kressirer Kommunikation und Medien
Klinikum der Universität München

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