Farbzentren in Diamanten dienen als Gyroskope

Experimenteller Aufbau des Diamant-Gyroskops mit Diamantsensor, Diodenlaser und Fotodetektor
Abb./©: Andrey Jarmola

Nachweis erbracht: Farbzentren in Diamanten lassen sich als Gyroskope einsetzen.

Drehen wir unseren Kopf, realisiert unser Gehirn diese Drehung vor allem über den visuellen Eindruck – also über das, was wir sehen. Technische Geräte dagegen setzen auf Gyroskope, sprich Rotationssensoren. Wichtig sind diese unter anderem für die Navigation. So detektiert beispielsweise beim Autopiloten im Flugzeug ein Gyroskop die drei verschiedenen Rotationsarten, die das Flugzeug ausführen kann: Es kann rollen, also einen Flügel nach unten und den anderen nach oben drehen, die Nase nach oben beziehungsweise unten ziehen oder sich relativ zum Erdboden drehen. Wichtig sind Gyroskope auch in Fahrzeugen am Boden, etwa in autonom fahrenden Autos.

Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Dmitry Budker publizierte bereits 2012 ihre Idee, Farbzentren in Diamanten als Gyroskope zu nutzen. Nun konnten die Forschenden den praktischen Nachweis dafür erbringen. Ihre Ergebnisse haben sie kürzlich im Fachmagazin Science Advances veröffentlicht.

Farbzentren in Diamant bereits zur Messung von Magnetfeldern genutzt

„Wir und andere Gruppen nutzen diese Farbzentren bereits seit einigen Jahren zur Messung von Magnetfeldern“, erläutert Budker, Physiker an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und am Helmholtz-Institut Mainz (HIM), das neben der Universität auch vom GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt getragen wird. „Die Messung von Rotationen funktioniert prinzipiell auch wie bei einem Magnetometer, allerdings ergeben sich dabei einige Herausforderungen.“ So muss der Sensor schwankende magnetische Felder ignorieren, um die Rotationen messen zu können. Diesem Problem konnten Budker und sein Team jedoch beikommen. Einerseits nutzen sie für die Gyroskopie statt der Elektronenspins die Kernspins, die ein wesentlich kleineres magnetisches Moment und deshalb eine geringere Sensitivität für Magnetfelder besitzen. Andererseits konnten die Wissenschaftler externe Magnetfelder weitgehend abschirmen und trotzdem intern ein sehr stabiles Bias-Magnetfeld zur Erzeugung des Messeffekts aufrechterhalten, welches auch kaum auf Temperaturschwankungen reagiert. Sollten schwankende Magnetfelder im Außenraum auftreten, „sehen“ die Farbzentren diese nicht. Fragestellungen und Herausforderungen rund um dieses Magnetfeld widmete sich Dr. Peter Blümler von der JGU. Die Experimente und der erste Nachweis gelangen allerdings Dr. Andrey Jarmola und Budkers ehemaligem Doktoranden, Dr. Sean Lourette, an der University of California in Berkeley.

Somit berichten die Forscher in ihrer Veröffentlichung über zwei Neuerungen. Erstens konnten sie ihre Idee aus dem Jahre 2012 realisieren und erstmalig Farbzentren von Diamanten als Gyroskop nutzen. Zweitens erarbeiteten sie einen technischen Weg, um dies zu realisieren. Bis in die alltägliche Anwendung sind allerdings noch weitere Herausforderungen zu meistern.

Bildmaterial:
https://download.uni-mainz.de/presse/08_physik_quantum_him_gyroskop.jpg
Experimenteller Aufbau des Diamant-Gyroskops mit Diamantsensor, Diodenlaser und Fotodetektor
Abb./©: Andrey Jarmola

Weiterführende Links:
https://budker.uni-mainz.de/ – Arbeitsgruppe Dmitry Budker
https://www.hi-mainz.de/ – Helmholtz-Institut Mainz
https://www.gsi.de/ – GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung

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Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Dmitry Budker
Quanten-, Atom- und Neutronenphysik (QUANTUM)
Institut für Physik
Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)
und Helmholtz-Institut Mainz (HIM)
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-29630
E-Mail: budker@uni-mainz.de
https://budker.uni-mainz.de/?page_id=70

Originalpublikation:

Andrey Jarmola et al.
Demonstration of diamond nuclear spin gyroscope
Science Advances, 22. Oktober 2021
DOI: 10.1126/sciadv.abl3840
https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.abl3840

https://www.uni-mainz.de/

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