Wasserpflanze offenbart evolutionäre Überraschungen

Betreibt eine besondere Art der Photosynthese: Isoëtes taiwanensis, ein Vertreter der Brachsenkräuter.
(c) Pi-Fong Lu

Team mit Beteiligung der Universität Göttingen sequenziert Erbgut.

Brachsenkräuter sind Wasserpflanzen, die zu einem uralten Stamm von sogenannten Gefäßpflanzen gehört. Diese Pflanzen besitzen Gewebe zum Transport von Wasser, Pflanzensaft und Nährstoffen. Dieser Stamm hat sich vor mehr als 400 Millionen Jahren von anderen Gefäßpflanzen evolutionär abgespalten. Ein internationales Forschungsteam, an dem auch die Universität Göttingen beteiligt ist, hat nun das gesamte Genom dieser Pflanze sequenziert und dabei die Geheimnisse ihrer einzigartigen Art der Photosynthese gelüftet. Zudem hat es die unterschiedliche Regulierung und Evolutionsgeschichte der Photosynthese von Wasser- und Landpflanzen beleuchtet.

Die Brachsenkräuter sind eine Gruppe von etwa 250 kleinen Wasserpflanzen, die bisher nur wenig beachtet wurde. Während es sich bei den meisten Pflanzen dieser Familie um kleine Organismen handelt, zeigen fossile Funde, dass sie die lebenden Verwandten der heute ausgestorbenen baumgroßen Bärlappgewächse sind, die vor mehreren hundert Millionen Jahren große Wälder bildeten. Daher sind sie aus evolutionärer Sicht von großem wissenschaftlichen Interesse. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Cornell University hat zum ersten Mal das vollständige Genom sequenziert. Das bedeutet, dass die gesamte DNA-Sequenz – der molekulare Bauplan des Organismus – analysiert wurde. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Communications erschienen.

Das Team der Universität Göttingen konnte durch die Analysen Aufschluss über die verschiedenen Evolutionswege geben, die zum „Holzmolekül“ Lignin führen. Dieses wird in der Zellwand eingelagert und sorgt dafür, dass die Zelle „verholzt“. Prof. Dr. Jan de Vries vom Institut für Mikrobiologie und Genetik der Universität Göttingen sagt: „Wahrscheinlich haben auch alte Bärlappbäume diesen Evolutionsweg beschritten. Diese Bäume tragen zu einem beträchtlichen Teil der Biomasse bei, die wir heute als fossile Brennstoffe nutzen. Das Verständnis der Wege, die zur Bildung von Lignin führten, könnte den Fund neuer biosynthetischer Wege zu holzähnlichen chemischen Verbindungen ermöglichen.“

Die Forscherinnen und Forscher waren zudem überrascht, auf welche Art und Weise Isoëtes taiwanensis Photosynthese betreibt. Der Mechanismus ist als Crassulacean Acid Metabolism (CAM) bekannt. Er ist von Wüstenpflanzen bekannt und ermöglicht ihnen, ihre Spaltöffnungen zu schließen und tagsüber die CO2-Atmung einzustellen, während sie weiterhin Photosynthese betreiben. Mit dieser Fähigkeit können sie Wasser sparen. Diese Wüstenpflanzen öffnen dann nachts ihre Spaltöffnungen, um CO2 zu absorbieren. Aber warum sollte eine Wasserpflanze CAM-Photosynthese benötigen? Offenbar ist dies eine nützliche Anpassung an den niedrigen CO2-Gehalt unter Wasser, die es den Gewächsen ermöglicht, CO2 zu sammeln und über Nacht zu speichern. Anhand der Daten konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verstehen, wie diese Wasserpflanzen die CAM-Photosynthese regulieren, um unter Wasser um Kohlenstoffdioxid zu konkurrieren.

Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Communications erschienen.

Das Göttinger Team wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, den Europäischen Forschungsrat (durch den ERC-Starting Grant „TerreStriAL“), und durch die Einbindung in die International Max Planck Research School (IMPRS) for Genome Science gefördert.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Jan de Vries
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Biologie und Psychologie – Institut für Mikrobiologie und Genetik
Abteilung für Angewandte Bioinformatik
Goldschmidtstraße 1, 37077 Göttingen
Telefon: 0551 39-13995
E-Mail: devries.jan@uni-goettingen.de
www.uni-goettingen.de/en/613776.html

Originalpublikation:

Wickell D et al Underwater CAM photosynthesis elucidated by Isoetes genome. Nature Communications 2021; Doi: https://doi.org/10.1038/s41467-021-26644-7

http://www.uni-goettingen.de/

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Thomas Richter Öffentlichkeitsarbeit
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