Neue Mikroskopie-Technik für die Quantensimulation

Schematische Darstellung von ultrakalten Atomen im Honigwabengitter. Mit dem Quantenvergrößerer lassen sich die einzelnen Gitterplätze auflösen.
(c) UHH/Felix Herbort

Forschende vom Institut für Laserphysik der Universität Hamburg haben eine neue Technik für die Quantengasmikroskopie entwickelt, die nun auch die Abbildung dreidimensionaler Quantensysteme ermöglicht. Im Fachmagazin Nature berichten sie über die neue Methode, mit der sich gänzlich neue Bereiche erforschen lassen.

In der Quantensimulation studieren Forschende ein kontrolliertes Quantensystem im Labor, um die Physik eines anderen, weniger kontrollierten Systems zu verstehen. Z.B. verwendet man ultrakalte Atome, die in Stehwellen aus Laserlicht gefangen sind, um die Physik der Elektronen im Festkörper nachzubilden und neue Einsichten in deren Quantenphasen zu gewinnen. Neben der kontrollierten Präparation des Systems ist dabei auch die Abbildung entscheidend.

So erlauben Quantengasmikroskope die Detektion sämtlicher Teilchen des Quantensystems und damit Zugang zu beliebigen Korrelationsfunktionen zur Charakterisierung des Zustands. Diese Technologie basiert auf der optischen Auflösung der Gitterplätze mit einem Abstand von typischerweise einem halben Mikrometer und war daher bislang durch die Tiefenschärfe auf zweidimensionale Systeme beschränkt.

In der neuen Methode der Forscher um Dr. Christof Weitenberg und Prof. Klaus Sengstock, die beide auch im Exzellenzcluster „CUI: Advanced Imaging of Matter“ forschen, wird dies nun überwunden und die Auflösung auch von dreidimensionalen Systemen möglich. Dazu verwenden die Wissenschaftler sogenannte Materiewellen-Optik, d.h. eine Vergrößerung der Dichteverteilung der ultrakalten Atome selbst um einen Faktor von bis zu 90. Die optische Abbildung der Atome nach dieser Vergrößerung ist dann einfach möglich ohne Limitierung von Beugung oder Tiefenschärfe. Die Materiewellen-Optik basiert auf einer Linse in Form einer harmonischen Falle, die für eine Viertel-Periode angeschaltet wird, und einer anschließenden freien Expansion der Atome. Beide Prozesse führen zu einer Transformation zwischen Ortsraum und Impulsraum und in Kombination zu der vergrößernden Abbildung.

Die Forscher nutzen die neue Technik, um Bose-Einstein Kondensate aus ultrakalten Rubidium Atomen in einem optischen Gittern zu studieren. So gelingt ihnen eine besonders genaue Vermessung des Phasenübergangs in das Bose-Einstein Kondensat. Als nächstes wollen sie die neue Mikroskopie-Technik weiterentwickeln. So sollte es möglich sein, in einem Regime von wenigen Atomen pro Gitterplatz sämtliche Atome einzeln nachzuweisen. Darüber hinaus lassen sich durch Modifikation der Materiewellen-Optik neben der Dichte auch die Kohärenzeigenschaften des Systems räumlich aufgelöst vermessen.

Luca Asteria, der die Technik mit seinen Kollegen entwickelt hat, erklärt: „Mit dieser Mikroskopie-Technik können wir völlig neue Regime erforschen, die vorher nicht zugänglich waren.“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Christof Weitenberg
Tel.: +49 40 8998 5204
E-Mail: cweitenb@physnet.uni-hamburg.de

Prof. Dr. Klaus Sengstock
Tel.: +49 40 8998-5201
E-Mail: ksengsto@physnet.uni-hamburg.de

Originalpublikation:

Luca Asteria, Henrik P. Zahn, Marcel N. Kosch, Klaus Sengstock, Christof Weitenberg
“Quantum gas magnifier for sub-lattice-resolved imaging of 3D quantum systems”
Nature 599, 571–575 (2021): https://www.nature.com/articles/s41586-021-04011-2
DOI: https://doi.org/10.1038/s41586-021-04011-2

Weitere Informationen:

http://www.cui-advanced.uni-hamburg.de/research/wissenschaftsnews/21-11-24-micro…

http://www.uni-hamburg.de/

Media Contact

Abteilung 2, Referat Medien- und Öffentlichkeitsarbeit

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Selen-Proteine …

Neuer Ansatzpunkt für die Krebsforschung. Eine aktuelle Studie der Uni Würzburg zeigt, wie ein wichtiges Enzym in unserem Körper bei der Produktion von Selen-Proteinen unterstützt – für die Behandlung von…

Pendler-Bike der Zukunft

– h_da präsentiert fahrbereiten Prototyp des „Darmstadt Vehicle“. Das „Darmstadt Vehicle“, kurz DaVe, ist ein neuartiges Allwetter-Fahrzeug für Pendelnde. Es ist als schnelle und komfortable Alternative zum Auto gedacht, soll…

Neuartige Methode zur Tumorbekämpfung

Carl-Zeiss-Stiftung fördert Projekt der Hochschule Aalen mit einer Million Euro. Die bisherige Krebstherapie effizienter gestalten bei deutlicher Reduzierung der Nebenwirkungen auf gesundes Gewebe – dies ist das Ziel eines Projekts…