Polymere mit Helix-Blöcken
Domänenbildung bei supramolekularen Polymeren durch Bestrahlung mit UV-Licht.
Künstliche Polymere sind die Grundstoffe aller Kunststoffe, und haben zumeist keinen geordneten Aufbau (im Gegensatz zu Biopolymeren wie Proteinen). Ein Forschungsteam hat nun ein Polymer entwickelt, das sich durch Bestrahlung mit UV-Licht differenziert in gefaltete (geordnete) und ungefaltete (ungeordnete) Bereiche auflösen lässt. Damit bieten sich neue Möglichkeiten für die Entwicklung von weichen Funktionsmaterialien, heißt es in der Zeitschrift Angewandte Chemie.
Proteine bestehen aus langen molekularen Ketten, die sich falten oder schrauben können, oder ein ungeordnetes Knäuel bilden. Diese unterschiedlichen Domänen machen die Funktion des Proteins aus. Was die Natur kann, ist nicht so einfach im Labor nachzubauen. Kettenförmige Makromoleküle, also die Polymere, sind schwierig in eine andere räumliche Faltung als ein ungeordnetes Knäuel zu bewegen.
Für eine besondere Klasse von Polymeren, den supramolekularen Polymeren, hat nun ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Shiki Yagai von der Chiba University in Japan und Giovanni M. Pavan vom Politecnico di Torino in Italien ein differenziertes Faltungssystem entdeckt. In supramolekularen Polymeren halten die Kettenglieder, die Monomere, nicht durch direkte chemische Bindungen, sondern durch elektrostatische oder andere nicht bindende Kräfte zusammen. Das gibt den Forschenden neue, bemerkenswerte Möglichkeiten in die Hand, Polymere nach ihrer Bildung noch zu manipulieren.
Die Wissenschaftler:innen bauten das supramolekulare Polymer aus stäbchenartigen Molekülen auf, die sich zu sechsgliedrigen Rosetten zusammenlagerten. Die Rosetten stapelten sich zu einer unendlich langen Kette aufeinander, das supramolekulare Polymer. Eine zusätzliche Krümmung entlang des Rosettenstapels ließ die Nanofaser zu einer langen, wendelförmigen Struktur verdrillen, einer Helix. Diese Helixstruktur ließ sich mittels eines „Lichtschalters“ wieder entfernen: Durch UV-Licht-Bestrahlung knickten die Monomere ein, was die Krümmung verringerte und die Helixfaltung auflöste.
Damit sich aber nicht gleich das ganze Polymer gleichmäßig entfaltete, bauten die Forschenden einen weiteren Schalter ein, der über die Temperatur funktioniert. So blieb mit einem steiferen Monomer die Krümmung der Polymerkette erhalten. Beim Erwärmen stellte sich dann ein Zustand ein, in dem das Polymer sehr differenziert auf die UV-Bestrahlung reagierte und sich ungleichmäßig auf kooperative Art und Weise entfaltete.
So entfaltete sich das Polymer blockweise. Wie die Forschenden beobachteten, wurden die helikalen Blöcke bei Bestrahlung in der Wärme immer kürzer, bis schließlich alles als ungeordnetes Knäuel vorlag. Den Entfaltungsmechanismus bestätigten Computersimulationen. Den Autoren zufolge zeigten die Ergebnisse der molekularen Modellierung, wie sich die gesamte supramolekulare Polymerkette infolge einer Isomerisierung in den mehr oder weniger ungeordneten Domänen in entweder gefaltete oder ungefaltete Bereiche auftrennt.
Somit ließ sich ein supramolekulares Polymer in gefaltete und ungefaltete Bereiche auftrennen. Solche geordneten Blöcke könnten mit weiteren Funktionen belegt werden oder unterschiedlich mit der Umgebung interagieren. Das biete eine neue Möglichkeit der Nanofabrikation von weichen Funktionsmaterialien, erklären die Autor:innen.
Angewandte Chemie: Presseinfo 37/2021
Autor/-in: Giovanni M. Pavan, Politecnico di Torino (Italy), https://www.gmpavanlab.com/
Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.
Die „Angewandte Chemie“ ist eine Publikation der GDCh.
Originalpublikation:
https://doi.org/10.1002/ange.202110224
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