Mit Quantencomputing zum vollständigen digitalen Zwilling für die Produktion

Der IBM Quantum System One steht am Fraunhofer IAF in Ehningen. Es ist der bisher leistungsfähigste Quantencomputer in Europa.
© IBM Research

Der digitale Zwilling ist eine Schlüsseltechnologie, um Produktionsprozesse und Bauteile zu optimieren und die Wirtschaftlichkeit der Fertigung zu erhöhen. Bei der Erzeugung eines vollständigen digitalen Zwillings kommen komplexe und rechenintensive Simulationsmodelle zum Einsatz, was den Einsatz in der industriellen Praxis sehr erschwert. Mit dem Forschungsprojekt »QUASIM« verfolgen das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT aus Aachen und ihre Konsortialpartner das Ziel, Fertigungssimulationen mithilfe unterschiedlicher Algorithmen und Technologien des recheneffizienten Quantencomputings zu beschleunigen und dadurch Hürden für den industriellen Einsatz abzubauen.

Die Hochleistungszerspanung ist eine wichtige Technologie zur Produktion von High-Tech-Komponenten in Industrien wie Triebwerksbau, Halbleiterindustrie und Medizintechnik. Trotz der hohen Effizienz moderner Zerspanprozesse betragen die Produktkosten, je nach Bauteil, oftmals mehrere tausend bis hunderttausend Euro. Ein erheblicher Anteil dieser Kosten entsteht bei zeit- und kostenintensiven Produktionsanläufen sowie durch Qualitätsmängel und Ausschuss innerhalb der laufenden Produktion. Die Prozessauslegung, -optimierung und -überwachung auf Basis eines digitalen Zwillings gewinnt deshalb zunehmend an Bedeutung. Digitale Zwillinge sind virtuelle, datenbasierte Repräsentationen der Bauteile sowie der Fertigungsumgebung. Die Erstellung eines vollständigen digitalen Zwillings erfordert den Einsatz anspruchsvoller numerischer Simulationsmodelle und Algorithmen des Machine Learning. Die Modelle bilden den Fertigungsprozess und seine Auswirkungen auf das Bauteil zwar präzise ab, ihre Ausführung ist jedoch derart rechenintensiv, dass die reale Anwendung in der Industrie heute noch auf sich warten lässt. Hier fehlt es vielen Unternehmen an einer entsprechend leistungsstarken digitalen Infrastruktur.

Quantencomputing beschleunigt die Erstellung digitaler Zwillinge

Das Forschungsprojekt »QUASIM – Quantum Computing Enhanced Service Ecosystem for Simulation in Manufacturing« verbindet erstmals Quantencomputing (QC) und die metallverarbeitende Industrie: Ziel der Projektpartner ist die Entwicklung und Erprobung von Lösungen des Quantencomputings in der Fertigung, etwa für Zerspanprozesse. Sie möchten herausfinden, inwiefern eine QC-Unterstützung die Erstellung eines digitalen Zwillings in der Zerspanung beschleunigen und damit die Ergebnisqualität verbessern kann.

Berechnung komplexer Modelle auf Quantencomputer-Hardware

Das Fraunhofer IPT hat sich zum Thema »Digitaler Zwilling« eine weitreichende Expertise erarbeitet, die sich auch in dPart® wiederfindet, ein am Fraunhofer IPT entwickeltes Rahmenwerk für den digitalen Zwilling in der Zerspanung. Das Rahmenwerk wird im Zuge zahlreicher Forschungs- und Entwicklungsprojekte stetig erweitert und wird auch im Projekt QUASIM zum Einsatz kommen. Zur Erstellung der digitalen Zwillinge kommen unter anderem komplexe Modelle und Algorithmen aus der Numerik und dem maschinellen Lernen zum Einsatz, mit denen sich beispielsweise Kräfte und Prozessschwingungen dynamisch simulieren und visualisieren lassen.

Um die aufwändigen Berechnungen zu beschleunigen, wird die dPart®-Softwareplattform um eine sogenannte »Quantum-as-a-Service«-Komponente (QaaS) erweitert: Für kritische Simulationen greift das dPart®-Framework auf ein QaaS-Back-End zu, um die Recheneffizienz zu steigern. Für ihre Forschungsarbeiten können die Projektpartner reale QC-Hardware nutzen: sowohl die gerade in Betrieb genommene QC-Infrastruktur am Forschungszentrum Jülich als auch der »IBM Q System One« des Kompetenzzentrums »Quantencomputing Baden-Württemberg«. Die QaaS-gestützte Software zur Erstellung des digitalen Zwillings wird in die industrielle Praxis überführt und dort getestet. Anschließend ist ein Transfer der Ergebnisse in Form einer Know-how-Lizenzierung geplant.

Förderung

Das Forschungsprojekt »QUASIM« wird im Rahmen des Förderprogramms »Quanten-Computing – Anwendungen für die Wirtschaft«, einem Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), gefördert. Das Programm dient der Förderung von Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsvorhaben, die die technische Machbarkeit, Tragfähigkeit und Sinnhaftigkeit des Quantencomputings am Beispiel relevanter, praktischer Anwendungsfälle nachweisen und demonstrieren. Die Laufzeit des Projekts umfasst 36 Monate.

Weitere Informationen zum Projekt »QUASIM«: www.quasim-project.de

Weitere Informationen zum dPart® Digital Twin Framework: www.ipt.fraunhofer.de/de/projekte/dpart.html

Weitere Informationen zum Fraunhofer Kompetenznetzwerk Quantencomputing: www.fraunhofer.de/de/institute/kooperationen/fraunhofer-kompetenznetzwerk-quantencomputing.html

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Philipp Ganser M.Sc.
Abteilungsleiter Hochleistungszerspanung

Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT
Steinbachstr. 17
52074 Aachen
Telefon +49 241 8904-425
philipp.ganser@ipt.faunhofer.de
www.ipt.fraunhofe.de

Weitere Informationen:

https://www.ipt.fraunhofer.de/de/presse/Pressemitteilungen/220214-mit-quantencom…

Media Contact

Susanne Krause Externe und interne Kommunikation
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Informationstechnologie

Neuerungen und Entwicklungen auf den Gebieten der Informations- und Datenverarbeitung sowie der dafür benötigten Hardware finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem erhalten Sie Informationen aus den Teilbereichen: IT-Dienstleistungen, IT-Architektur, IT-Management und Telekommunikation.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Quantenkommunikation: Effiziente Ansteuerung von Diamant-Qubits mit Mikrowellen

Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben zum ersten Mal in Deutschland gezeigt, wie sogenannte Zinn-Fehlstellen in Diamanten sehr exakt mit Mikrowellen kontrolliert werden können. Diese Defekte haben besondere…

Wenn Ionen zum Katalysator wandern

Neue Einblicke in die Solvatationskinetik an Oberflächen. Die Abteilung Interface Science des Fritz-Haber-Instituts hat weitere Fortschritte im Verständnis der Solvatation von Ionen an Grenzflächen gemacht, wie in ihrer neuesten Veröffentlichung…

Alte Herzen vor der Transplantation stärken

Studie untersucht Wirkung von Senomorphika zum Schutz von Spenderherzen. Anlässlich des Weltherztages am 29. September. Wie die Funktion von Spenderherzen älterer Menschen bei einer Transplantation optimal erhalten werden kann, will…

Partner & Förderer