Nichtinvasive Hirnstimulation zeigt deutliche Effekte …

Während die PatientInnen mit den virtuellen Objekten interagierten, wurde über Elektroden auf der Kopfhaut ihr Gehirn stimuliert.
(c) MPI CBS

… auf motorische Störungen nach Schlaganfall.

Anhaltende Lähmungen und Koordinationsstörungen gehören zu den häufigsten Folgeerscheinungen eines Schlaganfalls. Wissenschaftler des MPI CBS, der Universitätsmedizin Halle und der Charité-Universitätsmedizin Berlin haben nun herausgefunden, dass eine Stimulation des Gehirns mit Gleichstrom, der über auf dem Kopf angebrachten Elektroden angelegt wird, deutliche Effekte auf beeinträchtigte Bewegungen hat. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass diese Effekte schon während einer Anwendung zwar ausgeprägt, aber viel komplexer als bisher angenommen sind.

Anhaltende Lähmungen und Koordinationsstörungen gehören zu den häufigsten Folgeerscheinungen eines Schlaganfalls. Wissenschaftler des MPI CBS, der Universitätsmedizin Halle und der Charité-Universitätsmedizin Berlin haben nun herausgefunden, dass eine Stimulation des Gehirns mit Gleichstrom, der über auf dem Kopf angebrachten Elektroden angelegt wird, deutliche Effekte auf beeinträchtigte Bewegungen hat. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass diese Effekte schon während einer Anwendung zwar ausgeprägt, aber viel komplexer als bisher angenommen sind. Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass eine passgenaue, individuelle Anwendung Voraussetzung für einen positiven Effekt dieser Therapiemethode auf Schlaganfallsymptome ist.

Armlähmungen treten häufig infolge einer Hirnschädigung auf, wie zum Beispiel nach einem Schlaganfall. Die Betroffenen können ihren Arm oftmals im Alltag gar nicht oder nur sehr eingeschränkt einsetzen. Die Basis dieser Symptome sind ausgeprägte Veränderungen der Physiologie und Struktur des Gehirns. Diese Veränderungen resultieren aus der direkten Schädigung durch den Schlaganfall, erstrecken sich aber auch auf andere Hirnregionen. „Grundlage der Veränderungen sind sowohl reparative Hirnprozesse als auch Verhaltensmuster der alltäglichen Aktivitäten nach dem Schlaganfall. Mithilfe der transkraniellen Gleichstromstimulation (tDCS) kann man diese Veränderungen im Gehirn beeinflussen. Die Ströme dringen in das Hirngewebe ein, wo sie eine lokal erregende oder hemmende Wirkung ausüben“, erklärt Bernhard Sehm, Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig (MPI CBS) und Oberarzt der Universitätsklinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Halle. Welche Ergebnisse die Methode bei der Rehabilitation von SchlaganfallpatientInnen erzielen kann, haben er und Toni Muffel (Charité Berlin) in einer klinischen Studie untersucht und ihre Ergebnisse im Journal „Brain Stimulation“ veröffentlicht.

„An unserer Studie haben 24 PatientInnen teilgenommen, die in ihrer Mobilität durch den Schlaganfall sehr eingeschränkt waren. In unserem Labor haben wir ein speziell auf die PatientInnen anpassbares Robotersystem, eine Art Exoskelett, mit dem es ihnen möglich ist, den gelähmten Arm zu bewegen und Aufgaben in einer virtuellen Umgebung auszuführen“, erklärt Toni Muffel, Erstautor der Studie, den Ablauf. Während die PatientInnen mit den virtuellen Objekten interagiert haben, wurde über Elektroden auf der Kopfhaut ihr Gehirn stimuliert. „Parallel haben wir die Effekte gemessen – also wie gut oder schlecht die Hirnstimulation den TeilnehmerInnen bei der Aufgabenbewältigung geholfen hat.“

Das Ergebnis: Die Hirnstimulation hat einen deutlichen Effekt auf die betroffenen Hirnbereiche, die sich nach dem Schlaganfall verändert haben. „Unsere Messmethode mit dem Robotersystem erlaubt es, unterschiedliche motorische Funktionen gleichzeitig zu messen und so ein umfassendes Bild der Stimulationseffekte zu gewinnen. Die Daten zeigen, dass sensomotorische Funktionen des gelähmten Arms deutlich durch tDCS beeinflusst werden“, erläutert Bernhard Sehm.

„Wir konnten jedoch kein einheitlich vorteilhaftes Muster identifizieren. Stattdessen variierten die Veränderungen in den Hirnbereichen in Abhängigkeit von der Aufgabe und der Elektrodenanordnung. Das bedeutet, dass in Zukunft Patienten vor einer Behandlung mit Hirnstimulation genau untersucht werden müssen, um eine zielgerichtete und individualisierte Anwendung zu ermöglichen. Dann hat diese einfache, aber vielversprechende Methode eine Zukunft für eine bessere Patientenversorgung“, schlussfolgert der Wissenschaftler.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

PD Dr. med. Bernhard Sehm
Gruppenleiter
sehm@cbs.mpg.de

Originalpublikation:

Toni Muffel, Pei-Cheng Shih, Benjamin Kalloch, Vadim Nikulin, Arno Villringer, Bernhard Sehm (2022)

“Differential effects of anodal and dual tDCS on sensorimotor functions in chronic hemiparetic stroke patients” in:
Brain Stimulation
https://doi.org/10.1016/j.brs.2022.02.013

Weitere Informationen:

https://www.cbs.mpg.de/1931716/20220321-01

Media Contact

Bettina Hennebach Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Quantenkommunikation: Effiziente Ansteuerung von Diamant-Qubits mit Mikrowellen

Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben zum ersten Mal in Deutschland gezeigt, wie sogenannte Zinn-Fehlstellen in Diamanten sehr exakt mit Mikrowellen kontrolliert werden können. Diese Defekte haben besondere…

Wenn Ionen zum Katalysator wandern

Neue Einblicke in die Solvatationskinetik an Oberflächen. Die Abteilung Interface Science des Fritz-Haber-Instituts hat weitere Fortschritte im Verständnis der Solvatation von Ionen an Grenzflächen gemacht, wie in ihrer neuesten Veröffentlichung…

Alte Herzen vor der Transplantation stärken

Studie untersucht Wirkung von Senomorphika zum Schutz von Spenderherzen. Anlässlich des Weltherztages am 29. September. Wie die Funktion von Spenderherzen älterer Menschen bei einer Transplantation optimal erhalten werden kann, will…

Partner & Förderer