Aufbau eines neuartigen Container-Moleküls
Methode der Hyper-CEST NMR erklärt den Aufbau.
Das Team um Leif Schröder vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) konnte mit Hilfe der Methode der Hyper-CEST NMR zwei bisher wenig erforschte Varianten eines Transportcontainertyps aus der Klasse der Metal Organic Polyhedra (MOP) darstellen. Diese Erkenntnis wollen die Forscher nutzen, um einen neuen Typ von Kontrastmitteln in der MR-Tomographie zu entwickeln.
Das Baukastenprinzip der Transportcontainer erweist sich in vielen Anwendungen als nützlich, um komplexe Strukturen für bestimmte Funktionen aus einzelnen, sich wiederholenden Untereinheiten zusammenzusetzen. In der Chemie kann es genutzt werden, um aus kleineren Moleküleinheiten ein sich selbst formendes Netzwerk zu bilden, das als Transportcontainer mit definierter Größe fungiert. Mehrere Metall-Ionen können etwa mit organischen Molekülen „verstrebt“ werden.
Diese MOPs (Metal Organic Polyhedra) werden beispielsweise eingesetzt, um Treibhausgase einzufangen oder bessere Chemotherapeutika zu ermöglichen, indem sie mit bestimmten Wirkstoffen beladen werden, die sie dann im Tumor freisetzen. Etliche Aspekte des Verhaltens dieser Strukturen sind noch unzureichend erforscht. Dies liegt unter anderem daran, dass es nicht immer geeignete Methoden gibt, um das Be- und Entladen dieser MOPs auf molekularer Ebene zu beobachten – oft kann man weder für den Inhalt noch den Container selber Unterschiede zwischen der leeren und der beladenen Variante messen.
In Zusammenarbeit mit einem Team der Universität Oulu in Finnland hat die Arbeitsgruppe von Leif Schröder nun MOPs untersucht, die sich in Lösung spontan aus Eisen-Ionen und einer organischen Verbindung zu Tetraedern zusammensetzen. Dabei können die organischen Verstrebungen unterschiedlich an den „Knotenpunkten“ aus Eisen angebracht werden. Grundsätzlich beeinflusst dies die Eigenschaften der MOPs, u.a. auch in Bezug auf ihre Wirksamkeit, Tumorzellen zu töten. Bei dem hier untersuchten MOP dachte man bislang jedoch immer, dass es nur eine der theoretisch drei vorhergesagten Varianten gibt.
Die beiden anderen wurden als zu instabil angesehen, weil sie sich in keiner analytischen Methode nachweisen ließen. Mit einem neuen Verfahren der Magnetresonanz (Hyper-CEST NMR) hat Schröders Mitarbeiter Jabadurai Jayapaul diese bislang fehlenden Varianten nun doch nachweisen können. Die Kollegen aus Finnland konnten mit theoretischen Berechnungen die Signale der „versteckten“ MOPs bestätigen. Sie treten zwar nur in sehr kleinen Anteilen auf, aber die Messungen ergaben, dass die veränderte Anbringung der Streben sehr starke Veränderungen beim Be- und Entladen der Container hervorrufen. Bestimmte Sub-Typen der Container können für eine Beschleunigung des Prozesses ausgewählt werden.
Diese Erkenntnis nutzen die Forscher nun, um einen neuen Typ von Kontrastmittel in der MR-Tomographie zu entwickeln, bei dem die Beladung des Containers das MRT-Signal beeinflusst. Die Beobachtung zeigt aber auch, dass es weiteres Potential für neue Einblicke bei der weiteren Optimierung von Wirkstoffträgern gibt. Der erste Eindruck, den man von diesen Strukturen bekommt, muss also nicht immer der richtige sein. Ein wesentlicher Teil ihrer Natur kann im Verborgenen liegen, bis man sie mit wesentlich empfindlicheren Methoden aufspürt.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Leif Schröder
Molecular Imaging
Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP)
lschroeder@fmp-berlin.de
phone: +49 30 947 93 121
schroeder.fmp-berlin.info
Originalpublikation:
Jabadurai Jayapaul, Sanna Komulainen, Vladimir V. Zhivonitko, Jiři Mareš, Chandan Giri, Kari Rissanen, Perttu Lantto, Ville-Veikko Telkki, and Leif Schröder; Hyper-CEST NMR of metal organic polyhedral cages reveals hidden diastereomers with diverse guest exchange kinetics; Nature Communications; doi.org/10.1038/s41467-022-29249-w
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