Wissenschaftler entdecken neue chemische Reaktion
Etwas so Neues zu finden, dass es vielleicht in Lehrbüchern als grundlegendes Wissen aufgenommen wird, ist der Traum jedes Wissenschaftlers
… sagt Prof. Dr. Jan Paradies von der Universität Paderborn.
Der Chemiker hat vor Kurzem eine bisher unbekannte Reaktion entdeckt, bei der ein vollständiges Molekülfragment an einen anderen Ort im Teilchen wandert.
„Solche Umlagerungen sind extrem selten, aber von unschätzbarem Wert, weil sie nur über einen ganz bestimmten Weg verlaufen und nur ein einziges Produkt liefern. Dadurch lassen sich in Zukunft zum Beispiel bioaktive Substanzen, wie etwa gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe in Lebensmitteln, einfach und effizient herstellen“, erklärt Paradies. Die Ergebnisse wurden jetzt im renommierten Journal „Angewandte Chemie“ veröffentlicht.
In der Chemie befasst man sich mit der Umwandlung von Materie, also mit der Transformation von einem Molekül in ein anderes. „Die Grundlagen der beteiligten Reaktionen sind bereits im 18. und 19. Jahrhundert aufgestellt worden. Daher passiert es nicht jeden Tag, dass man etwas Neues in dieser Hinsicht findet“, so der Wissenschaftler. Genau das ist Paradies und seinem Team am Paderborner „Center for Sustainable Systems Design” (CSSD) nun gelungen. Konkret handelt es sich dabei um die gezielte Verschiebung eines großen, Stickstoffatom-gebundenen organischen Fragments auf eine entlegene Seite im Molekülgerüst. Es wandert um fünf Kohlenstoffatome weiter und bildet dort eine neue Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindung. Solche Umlagerungsreaktionen sind eines der nützlichsten Werkzeuge für den Aufbau organischer Gerüste.
Paradies erklärt: „Wir haben eine neue Umlagerung von sogenannten kurzlebigen Ammonium-Enolaten entdeckt. Das sind Zwischenprodukte, die beispielsweise bei der Funktionalisierung von Carbonsäurederivaten eingesetzt werden. Im Gegensatz zu anderen elektrophilen Umlagerungen werden die Enolate durch eine intramolekulare Reaktion erzeugt. Bei elektrophilen Umlagerungen handelt es sich um chemische Reaktionen, bei denen Atome im selben Molekül umgruppiert werden. Dadurch entsteht letztendlich eine neue chemische Verbindung. Die Triebkraft hinter der Reaktion ist die Bildung des energetisch günstigeren Produktes im Gegensatz zum Ausgangsmaterial. Das kann man sich bildlich so vorstellen, dass es auf dem Sofa zwar bequem ist, aber durch die Wanderung zum Bett ein sehr viel bequemerer Zustand erreicht wird. Das wollen nicht nur wir, sondern die Natur auch.“
Zum Artikel: DOI: 10.1002/anie.202204378
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Jan Paradies, Fakultät für Naturwissenschaften der Universität Paderborn, Fon: +49 5251 60-5770, E-Mail: paradies@mail.upb.de
Originalpublikation:
DOI: 10.1002/anie.202204378
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Spitzenforschung in der Bioprozesstechnik
Das IMC Krems University of Applied Sciences (IMC Krems) hat sich im Bereich Bioprocess Engineering (Bioprozess- oder Prozesstechnik) als Institution mit herausragender Expertise im Bereich Fermentationstechnologie etabliert. Unter der Leitung…
Datensammler am Meeresgrund
Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute installiert. In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit: Boknis Eck. Seit 1957…
Rotorblätter für Mega-Windkraftanlagen optimiert
Ein internationales Forschungsteam an der Fachhochschule (FH) Kiel hat die aerodynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraftanlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der…