Botenstoff CXCL9 verhilft Immuntherapie bei Eierstockkrebs zum Erfolg
Immuntherapien, vor allem die sog. Immuncheckpoint-Blockade, ermöglichen dem körpereigenen Immunsystem einen effektiven Angriff auf Tumore. Dieses Verfahren hat bereits bei anderen Krebsarten/Tumoren die Therapielandschaft grundlegend revolutioniert. Beim Eierstockkrebs haben diese Therapien bislang nur enttäuschende Ergebnisse in Studien hervorgebracht. Forschende um PD Dr. Holger Bronger und Prof. Dr. Viktor Magdolen von der Frauenklinik am Klinikum rechts der Isar der TUM haben nun, gefördert von der Wilhelm Sander-Stiftung, gezeigt, dass ein bestimmter Botenstoff, der Immunzellen in den Tumor locken kann, ausreichend ist, um eine solche Immuntherapie auch beim Eierstock zu ermöglichen.
Eierstockkrebs ist die fünfhäufigste krebsbedingte Todesursache bei Frauen in der westlichen Welt. Die bisherige Standardtherapie besteht aus einer möglichst radikalen Tumoroperation, gefolgt von einer Kombinationschemotherapie. In den letzten Jahren ist insbesondere bei Frauen, die eine erbliche Form dieser Tumoren aufweisen, eine Erhaltungstherapie mit sog. PARP-Inhibitoren hinzugekommen. Dennoch liegt das 5-Jahres-Überleben weiterhin bei nur etwa 50 Prozent, sodass neue Therapieansätze dringend benötigt werden.
Basierend auf den bahnbrechenden Arbeiten zu den sogenannten Immuncheckpoints wurden in den letzten 20 Jahren neue Therapien entwickelt, die dem körpereigenem Immunsystem dabei helfen, Tumore besser bekämpfen zu können. Durch die Bildung bestimmter Oberflächenproteine (z.B. PD-L1) können Tumore den Angriff von Immunzellen, die den Rezeptor zu diesen Oberflächenproteinen (PD-L1 oder PD-1) haben, abwehren. Damit das körpereigene Immunsystem dennoch erfolgreich einen Tumor bekämpfen kann, braucht es die Hilfe von Antikörpern, die das Oberflächenprotein PD-L1 oder PD-1 blockieren. Die Immunantwort gegen den Tumor wird so „enthemmt“ und der Tumor erfolgreich bekämpft. Dies funktioniert bei einigen Tumoren wie z.B. dem schwarzen Hautkrebs oder bestimmten Lungentumoren schon recht gut. Beim Eierstockkrebs waren dagegen alle größeren Studien erfolglos. Dies mag daran liegen, dass es Immunzellen ohne Unterstützung generell sehr schwerer haben, erfolgreich in Eierstocktumore einzuwandern.
In vorangegangenen Projekten identifizierte die Forschergruppe um Bronger und Magdolen ein bestimmtes Chemokin (CXCL9), das mit einer erfolgreichen Immuninfiltration beim Eierstocktumor bereits in Verbindung gebracht worden ist. „Wir fragten uns, ob CXCL9 – ein kleines lösliches Botenstoff-Protein – tatsächlich die „richtigen“ Immunzellen in den Tumor locken und so bislang wirkungslosen Immuntherapien gegen PD-L1 Erfolg verschaffen kann“ so Bronger und Magdolen.
In einem Eierstockkrebs-Tiermodell gelang es den Forschenden nachzuweisen, dass sich die Zahl an Immunzellen und somit das Überleben der Tiere verbessert, wenn die Tumore vermehrt CXCL9 bilden. Zusätzlich funktionierte jetzt eine bisher erfolglose Antikörpertherapie.
Produzierten die Tumore jedoch bereits konkurrierende Chemokine, schlug die Therapie nicht an. Dies zeigte sich bei Versuchstieren, die eine bestimmte erbliche Art des Eierstockkrebses (mit einer sog. BRCA2-Mutation) hatten. Weiter untermauert wurde die Bedeutung von CXCL9 für den Erfolg einer Immuncheckpoint-Therapie durch die Tatsache, dass klarzellige Eierstocktumore besonders gut auf eine Immuncheckpoint-Blockade ansprechen, da sie am häufigsten viel CXCL9 bilden.
Diese Erkenntnisse sollen in Zukunft helfen, Patientinnen zu identifizieren, die von einer Immuncheckpoint-Blockade profitieren können. Darüber hinaus arbeiten die Wissenschaftler daran, durch medikamentöse Einflussnahme CXCL9 im Eierstockkrebs anzureichern, damit eine erfolgreiche Tumorbekämpfung durch das körpereigene Immunsystem möglich wird.
Die Ergebnisse sind kürzlich im British Journal of Cancer publiziert worden.
* Die in diesem Text verwendeten Genderbegriffe vertreten alle Geschlechtsformen.
Wilhelm Sander-Stiftung: Partner innovativer Krebsforschung
Die Wilhelm Sander-Stiftung hat das Forschungsprojekt mit insgesamt rund 211.000 Euro über 24 Monate unterstützt. Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere von Projekten im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 270 Millionen Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz ausbezahlt. Damit ist die Wilhelm Sander-Stiftung eine der bedeutendsten privaten Forschungsstiftungen im deutschen Raum. Sie ging aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.
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Wilhelm Sander-Stiftung
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PD Dr. Holger Bronger und Prof. Dr. Viktor Magdolen
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde
Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
Ismaninger Str. 22
81825 München
Tel. 089/4140-2420
Mail: holger.bronger@tum.de / viktor.magdolen@tum.de
Originalpublikation:
Seitz S, Dreyer TF, Stange C, Steiger K, Bräuer R, Scheutz L, Multhoff G, Weichert W, Kiechle M, Magdolen V, Bronger H. CXCL9 inhibits tumor growth and drives anti-PD-L1 therapy in ovarian cancer. Br J Cancer 2022; 126(10):1470-80.
Bronger H, Singer J, Windmüller C, Reuning U, Zech D, Delbridge C, Dorn J, Kiechle M, Schmalfeldt B, Schmitt M, Avril S.. CXCL9 and CXCL10 predict survival and are regulated by cyclooxygenase inhibition in advanced serous ovarian cancer. Br J Cancer 2016; 115(5):553-63
Weitere Informationen:
https://www.wilhelm-sander-stiftung.de/
http://www.frauenklinik.mri.tum.de/
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