Vergleich zweier Nano-Zollstöcke
Studie überprüft zwei Methoden zur Abstandsmessung in beweglichen Eiweißen.
Im Mittelalter hatte jede Stadt ihr eigenes Maßsystem. Auch heutzutage findet man manchmal noch Eisenstäbe an Marktplätzen, die damals das für die Stadt gültige Längenmaß festlegten. In der Wissenschaft ist aber kein Platz für solche Unsicherheiten und egal, mit welcher Methode man zum Beispiel die Länge eines Moleküls misst, die Antwort sollte immer die gleiche sein.
Ob das zutrifft, haben nun Forschende des Universitätsklinikums Bonn (UKB), der Universität Bonn und der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München für zwei Methoden untersucht, die sehr oft verwendet werden, um Abstände in Eiweiß-Molekülen zu messen – beispielsweise um herauszufinden, wie solche Moleküle sich bewegen. Die Studie ist jetzt im Fachmagazin „Nature Communications“ erschienen.
Die Forschenden aus der Arbeitsgruppe von PD Dr. Gregor Hagelueken am Institut für Strukturbiologie des UKB benutzten die sogenannte PELDOR Spektroskopie, um die Bewegung von sogenannten Substratbindenden-Proteinen zu untersuchen. Diese Eiweiße schnappen sich ihr Substrat und transportieren es zu einem bestimmten Ort in der Zelle. Um das genau beobachten zu können, bauten die Forschenden winzige Magneten – die Forschenden nennen sie „Spin-Label“ – an die Eiweiße und maßen Abstände, die nur etwa einen Milliardstel Meter lang sind. Ihre Ergebnisse übermittelten sie dann an die Arbeitsgruppe von Prof. Dr.Thorben Cordes der LMU München. Dort wurden Vergleichsmessungen mit der sogenannten FRET Spektroskopie durchgeführt. Dabei wurden statt der Spin-Label winzige Farbstoffmoleküle verwendet.
„Zwar werden beide Methoden sehr häufig verwendet, aber niemand hat bisher systematisch untersucht, ob die Ergebnisse auch wirklich vergleichbar sind“, sagt Hagelueken. Zwar stellte sich heraus, dass die Messergebnisse in den meisten Fällen vergleichbar waren, allerdings stießen die Forscher in zwei Fällen auf Ungereimtheiten. Der Bonner Post-Doktorand Martin Peter sagt: „Wir haben dann gründlich nachgeforscht, was die Ursache für die Unterschiede sind und sind fündig geworden. In einem Fall stellte sich heraus, dass die Farbstoffmoleküle an dem Eiweiß festklebten und dadurch die Messung verfälschten.“ Im zweiten Fall führte die Zugabe einer Art Frostschutzmittel, welches wegen der tiefen Messtemperatur von unter -220 Grad Celsius notwendig war, zu unerwarteten Abweichungen. „Wir konnten zeigen, dass bei aller Genauigkeit der Methoden das Nachmessen mit einem anderen Nano-Zollstock immer eine gute Idee ist“, sagt Hagelueken.
Publikation:
Martin F. Peter, Christian Gebhardt, Rebecca Mächtel, Gabriel G. Moya Muñoz Janin Glaenzer, Alessandra Narducci, Gavin H. Thomas, Thorben Cordes, Gregor Hagelueken: Cross-validation of distance measurements in proteins by PELDOR/DEER and single-molecule FRET; Nature Communications; https://doi.org/10.1038/s41467-022-31945-6
Pressekontakt:
Dr. Inka Väth
Medizin-Redakteurin
Stabsstelle Kommunikation und Medien am Universitätsklinikum Bonn
Telefon: +49 228 287-10596
E-Mail: inka.vaeth@ukbonn.de
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
PD Dr. Gregor Hagelueken
Institut für Strukturbiologie am Universitätsklinikum Bonn
Telefon: +49 228 287-51200
E-Mail: hagelueken@uni-bonn.de
Originalpublikation:
Martin F. Peter, Christian Gebhardt, Rebecca Mächtel, Gabriel G. Moya Muñoz Janin Glaenzer, Alessandra Narducci, Gavin H. Thomas, Thorben Cordes, Gregor Hagelueken: Cross-validation of distance measurements in proteins by PELDOR/DEER and single-molecule FRET; Nature Communications; https://doi.org/10.1038/s41467-022-31945-6
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Spitzenforschung in der Bioprozesstechnik
Das IMC Krems University of Applied Sciences (IMC Krems) hat sich im Bereich Bioprocess Engineering (Bioprozess- oder Prozesstechnik) als Institution mit herausragender Expertise im Bereich Fermentationstechnologie etabliert. Unter der Leitung…
Datensammler am Meeresgrund
Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute installiert. In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit: Boknis Eck. Seit 1957…
Rotorblätter für Mega-Windkraftanlagen optimiert
Ein internationales Forschungsteam an der Fachhochschule (FH) Kiel hat die aerodynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraftanlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der…