Umfangreiche molekulare Analyse kann Krebstherapie beim CUP-Syndrom verbessern

Ein Arzt und eine Bioinformatikerin werten die Ergebnisse aus der molekularen Analyse eines Patienten mit CUP-Syndrom aus.
Kirsten Lassig
Uniklinikum Dresden

Gemeinsame Pressemeldung des NCT/UCC Dresden und des NCT Heidelberg

Beim CUP-Syndrom (Cancer of Unknown Primary) könnte ein erheblicher Teil der Betroffenen von einer umfangreichen molekularen Analyse und darauf basierenden zielgerichteten Therapien profitieren, wie ein Forscherteam vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Dresden und Heidelberg zeigen konnte. Die Ergebnisse aus dem DKFZ/NCT/DKTK MASTER-Programm wurden im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht.

Weitere laufende Studien unter Beteiligung von Forschenden am DKFZ und am NCT sollen den Weg für die Etablierung molekularer Diagnostik und zielgerichteter Therapien beim CUP-Syndrom sowie die Kostenübernahme durch die Krankenkassen ebnen.

Das NCT ist eine standortübergreifende Kooperation von Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) in Heidelberg sowie von DKFZ, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Medizinischer Fakultät der TU Dresden und Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) in Dresden.

Das CUP-Syndrom (deutsch: Krebserkrankung mit unbekanntem Primärtumor) macht etwa zwei bis vier Prozent aller Krebserkrankungen aus – in Deutschland sind pro Jahr etwa 10.000 Menschen betroffen. Gefunden werden Tumorabsiedlungen (Metastasen), obwohl kein Ursprungstumor im Körper entdeckt werden kann. Da es sich um eine metastasierte und damit fortgeschrittene und meist aggressiv wachsende Krebserkrankung handelt, haben Betroffene in der Regel eine schlechte Prognose. Neue Therapieoptionen werden dringend benötigt.

Die Zahl möglicher genetischer Variationen, die bei der Tumorentstehung und für die Therapie der Erkrankung eine Rolle spielen können, ist im Vergleich mit anderen Krebsarten besonders groß. In der vorliegenden Studie mit 70 Patientinnen und Patienten wurde die Erkrankung daher mit der bislang umfangreichsten molekularen Analyse unter die Lupe genommen. Die Analyse beinhaltete eine Sequenzierung des vollständigen Tumorgenoms oder -exoms (Teil des Genoms, der in Proteine der Zelle übersetzt wird, und in dem der Großteil der bekannten krankheitsverursachenden Varianten zu finden ist), der Tumor-RNA (Transkriptom), bestimmter chemischer Veränderungen der DNA (Methylom) sowie die Suche nach erblichen Krebsrisikofaktoren. Bei 80 Prozent der Betroffenen konnte ein molekulares Tumorboard – ein interdisziplinäres Team mit Expertise in Onkologie, Pathologie, Molekularbiologie, Bioinformatik und Humangenetik – auf dieser Basis eine Empfehlung für eine gezielte, auf den spezifischen genetischen Veränderungen beruhende Therapie aussprechen. 35 Prozent dieser Patientinnen und Patienten wurden gemäß der Empfehlung behandelt und wiesen eine deutlich verbesserte Kontrolle der Erkrankung im Vergleich zur Vortherapie auf (Verhältnis der Zeiträume des progressionsfreien Überlebens unter der zielgerichteten Therapie und unter der letzten Systemtherapie, PFS-Ratio: 3,6).

Hanno Glimm, Mitglied im Geschäftsführenden Direktorium des NCT/UCC Dresden und Abteilungsleiter am DKFZ, erklärt: „Unsere Studie verknüpft die bislang breiteste molekulare Analyse des CUP-Syndroms mit der konsequenten Empfehlung und Umsetzung von zielgerichteten Therapien. Die Ergebnisse zeigen, dass ein erheblicher Anteil von Patientinnen und Patienten von diesem Vorgehen profitieren kann, auch in späten Stadien der Erkrankung oder nach mehreren vorangegangenen Therapien.“ Stefan Fröhling, Geschäftsführender Direktor am NCT Heidelberg und Abteilungsleiter am DKFZ, sagt: „Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass jeder CUP-Patient eine möglichst umfangreiche molekulare Analyse erhalten sollte und dass der derzeitige Therapiestandard, der in der Regel eine Chemotherapie als Behandlung vorsieht, überprüft werden muss. Wir empfehlen allen CUP-Patienten, sich an einem spezialisierten Krebszentrum vorzustellen, um die Möglichkeiten einer breiten molekularen Analyse und zielgerichteten Therapie abzuklären.“

Weitere Studien unter NCT-Beteiligung sollen nun die Basis dafür schaffen, dass die Kosten für molekulare Diagnostik und zielgerichtete Therapien bei CUP-Erkrankten regelhaft von den Krankenkassen getragen werden. Lino Möhrmann, Erstautor der Studie, Clinician Scientist am NCT/UCC Dresden und gefördert durch das Else Kröner Forschungskolleg (EKFK), erklärt: „Wir sind sehr froh, dass wir an den NCT-Standorten bereits heute allen CUP-Patienten eine breite molekulare Diagnostik anbieten können. Viele Betroffene können wir zudem in aktuelle Studien einschließen. An den NCT-Standorten haben wir außerdem eine eigene Sprechstunde für CUP-Patienten etabliert, in der wir die bestehenden Möglichkeiten gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten intensiv abwägen, besprechen und auch umsetzen können.“

MASTER-Programm

Die vorliegende Studie konnte im Rahmen des MASTER-Programms umgesetzt werden. In dem Präzisionsonkologie-Programm kooperieren neben dem DKFZ und den NCT-Standorten Heidelberg und Dresden auch die acht Partnerstandorte des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK). Das Programm zeigt auf Basis umfassender molekularer Analysen für Patienten, die an seltenen Krebsarten oder ungewöhnlich jung an Krebs erkrankt sind, neue Therapiemöglichkeiten auf. Da bei seltenen Krebserkrankungen die Patientengruppen in einzelnen Krebszentren meist zu klein für aussagekräftige Untersuchungen sind, arbeiten die Kooperationspartner des MASTER-Programms deutschlandweit mit insgesamt mehr als 100 Partnern eng zusammen. Seit dem Start des Programms 2012 wurden bis 2021 mehr als 3.500 Patienten in MASTER eingeschlossen.

Kontakt für Patienten und Einweiser zur Einholung einer Zweitmeinung oder Prüfung eines möglichen Studieneinschlusses:
Für Patienten (NCT/UCC Dresden): www.nct-dresden.de/zweitmeinung
Für Einweiser (NCT/UCC Dresden): www.nct-dresden.de/patientenanmeldung
Für Patienten und Einweiser (NCT Heidelberg): E-Mail an master@nct-heidelberg.de

Veröffentlichung:
L. Möhrmann, M. Werner, M. Oleś, A. Mock, S. Uhrig et al. Comprehensive genomic and epigenomic analysis in cancer of unknown primary guides molecularly-informed therapies despite heterogeneity. Nat Commun 13, 4485 (2022). https://doi.org/10.1038/s41467-022-31866-4 ; Volltext: https://rdcu.be/cST00

Ein Bild zur Pressemitteilung steht kostenfrei zur Verfügung unter:
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Bildunterschrift: Ein Arzt und eine Bioinformatikerin werten die Ergebnisse aus der molekularen Analyse eines Patienten mit CUP-Syndrom aus. © Uniklinikum Dresden/Kirsten Lassig
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Kontakt für die Presse:

Dr. Anna Kraft
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC)
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +49 351 458-5548
E-Mail: anna.kraft@nct-dresden.de
www.nct-dresden.de

Dr. Martin Staiger
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
Kommunikation und Veranstaltungen
Im Neuenheimer Feld 460
69120 Heidelberg
Tel.: +49 6221 42-1755
E-Mail: martin.staiger@nct-heidelberg.de
www.nct-heidelberg.de

Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC)
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR).
Das NCT hat es sich zur Aufgabe gemacht, Forschung und Krankenversorgung so eng wie möglich zu verknüpfen. Damit können Krebspatienten an den NCT-Standorten auf dem jeweils neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse behandelt werden. Gleichzeitig erhalten die Wissenschaftler durch die Nähe von Labor und Klinik wichtige Impulse für ihre praxisnahe Forschung. Gemeinsamer Anspruch der NCT-Standorte ist es, das NCT zu einem internationalen Spitzenzentrum der patientennahen Krebsforschung zu entwickeln. Das Dresdner Zentrum baut auf den Strukturen des Universitäts KrebsCentrums Dresden (UCC) auf, das 2003 als eines der ersten Comprehensive Cancer Center (CCC) in Deutschland gegründet wurde. Seit 2007 wurde das UCC von der Deutschen Krebshilfe e.V. (DKH) kontinuierlich als „Onkologisches Spitzenzentrum“ ausgezeichnet.

Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD), der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe. Ziel des NCT ist es, vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung möglichst schnell in die Klinik zu übertragen und damit den Patienten zugutekommen zu lassen. Dies gilt sowohl für die Diagnose als auch die Behandlung, in der Nachsorge oder der Prävention. Die Tumorambulanz ist das Herzstück des NCT. Hier profitieren die Patienten von einem individuellen Therapieplan, den fachübergreifende Expertenrunden, die sogenannten Tumorboards, erstellen. Die Teilnahme an klinischen Studien eröffnet den Zugang zu innovativen Therapien. Das NCT ist somit eine richtungsweisende Plattform zur Übertragung neuer Forschungsergebnisse aus dem Labor in die Klinik. Das NCT kooperiert mit Selbsthilfegruppen und unterstützt diese in ihrer Arbeit. Seit 2015 hat das NCT Heidelberg in Dresden einen Partnerstandort. In Heidelberg wurde 2017 das Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) gegründet. Die Kinderonkologen am KiTZ arbeiten in gemeinsamen Strukturen mit dem NCT Heidelberg zusammen.

Media Contact

Dr. Anna Kraft Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC)

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