Neue Einblicke in das Wechselspiel topologischer Isolatoren
Wolfram-di-Tellurid (WTe2) hat sich zuletzt als vielversprechendes Material zur Realisierung topologischer Zustände bewährt. Diese gelten aufgrund ihrer einzigartigen elektronischen Eigenschaften als Schlüssel für neuartige „spintronische“ Bauelemente und Quantencomputer der Zukunft. Physiker des Forschungszentrums Jülich konnten mittels Untersuchungen am Rastertunnelmikroskop nun erstmals nachvollziehen, wie sich die topologischen Eigenschaften mehrlagiger WTe2-Systeme systematisch verändern lassen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nano Letters veröffentlicht.
Topologische Isolatoren wurden unter anderem durch den Physik-Nobelpreis 2016 über Fachkreise hinaus bekannt. Ihre Erforschung steht aber noch recht am Anfang, viele grundlegenden Fragen sind noch ungeklärt. Die Verbindung WTe2 zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sie in Abhängigkeit von ihrer Schichtdicke eine ganze Reihe exotischer physikalischer Phänomene ausbildet. Atomar dünnen Lage sind flächig isolierend, weisen aufgrund ihrer Kristallstruktur aber sogenannte topologisch geschützte Randkanäle auf. Diese Randkanäle sind elektrisch leitend, wobei die Leitfähigkeit vom Spin der Elektronen abhängt. Wenn man nun zwei solcher Lagen aufeinanderstapelt, kommt es zu unterschiedlichen Wechselwirkungen, je nachdem, wie die Lagen zueinander ausgerichtet sind.
Sind die beiden Schichten nicht gleich ausgerichtet, interagieren die leitfähigen Randkanäle in den beiden Lagen nur minimal. Sind sie jedoch genau um 180° verdreht, verschwinden der topologische Schutz sowie die Randkänale. Das gesamte System wird dann isolierend. Bei einer minimalen Verdrehung von nur wenigen Grad bildet sich ferner eine periodische Überstruktur, ein sogenanntes Moiré-Gitter, aus, welches die elektrische Leitfähigkeit zusätzlich moduliert. Diese lokal veränderlichen Eigenschaften konnten Forscher des Peter Grünberg Instituts (PGI-3) nun erstmals mithilfe eines Rastertunnelmikroskops auf der atomaren Skala untersuchen und so die Wechselwirkungen zwischen den Lagen verstehen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Felix Lüpke
Peter Grünberg Institut (PGI), Quantum Nanoscience (PGI-3)
Tel.: +49 2461/61-6977
E-Mail: f.luepke@fz-juelich.de
Originalpublikation:
Felix Lüpke, Dacen Waters, Anh D. Pham, Jiaqiang Yan, David G. Mandrus, Panchapakesan Ganesh, and Benjamin M. Hunt
Quantum Spin Hall Edge States and Interlayer Coupling in Twisted Bilayer WTe2
Nano Lett. (27 June 2022), DOI: https://doi.org/10.1021/acs.nanolett.2c00432
Weitere Informationen:
https://www.fz-juelich.de/de/aktuelles/news/fachmeldungen/2022/neue-einblicke-in… Fachmeldung des Forschungszentrums Jülich
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie
Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.
Neueste Beiträge
Spitzenforschung in der Bioprozesstechnik
Das IMC Krems University of Applied Sciences (IMC Krems) hat sich im Bereich Bioprocess Engineering (Bioprozess- oder Prozesstechnik) als Institution mit herausragender Expertise im Bereich Fermentationstechnologie etabliert. Unter der Leitung…
Datensammler am Meeresgrund
Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute installiert. In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit: Boknis Eck. Seit 1957…
Rotorblätter für Mega-Windkraftanlagen optimiert
Ein internationales Forschungsteam an der Fachhochschule (FH) Kiel hat die aerodynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraftanlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der…