Alte Faser, frisches Eisen
TU Freiberg & KIT untersuchen Einsatz ausgedienter Karbonfasern in metallurgischer Schlacke
Karbonfasern und karbonfaserverstärkte Kunststoffe werden in Flugzeugen, Rotorblättern von Windenergieanlagen, Elektroautos und Tennisschlägern verwendet. Doch was am Ende aus den ausgedienten Materialien wird, ist bisher unklar. Forschende der TU Bergakademie Freiberg und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) schlagen nun einen neuen Verwertungsweg vor. Die gebrauchten Karbonfasern könnten herkömmliche kohlenstoffbasierte Reduktionsmittel bei der Verarbeitung metallurgischer Schlacken anteilsweise ersetzen. Ihre Ergebnisse stellen die Forschenden jetzt bei der Conference of Metallurgists vor.
Einen High-Tech-Werkstoff in eine 1.400 Grad Celsius heiße Schlacke zu werfen und einzuschmelzen – das klingt erstmal bizarr. Doch das Forschendenteam verfolgt ein Ziel: Es nutzt den Kohlenstoff, der in den gebrauchten Karbonfasern enthalten ist, um aus Eisenoxid Eisen zu gewinnen. „Unter sehr hohen Temperaturen mischen wir ganze oder pulverisierte Karbonfasern in eine schmelzflüssige Schlacke, wie sie als Überrest aus der Verhüttung von Metallen vorkommt. Der Kohlenstoff aus den Fasern reagiert mit dem Eisenoxid in der Schlacke zu Roheisen, das in der Stahlproduktion wiederverwendet werden könnte“, erklärt Ludwig Blenau. „Außerdem bildet sich während der Reaktion aus der verbleibenden sekundären Schlacke eine sogenannte Glas-Phase aus der Glasfasern für Mineralwolle oder Baustoffe gewonnen werden können“, so der Doktorand am Institut für Nichteisenmetallurgie und Reinststoffe der TU Bergakademie Freiberg.
Die Methode, aus metallurgischen Schlacken oder Erz-Konzentraten Wertmetalle reduktiv zu gewinnen ist in Forschung und Entwicklung bereits etabliert. Jedoch kommt dazu bisher Kohlenstoff aus Kohlen oder Koksen zum Einsatz. Ausgediente Karbonfasern könnten diesen künftig anteilsweise ersetzen: „Weltweit fielen zwischen 2015 und 2019 laut den Carbon Composites e.V. Marktberichten rund 170 Kilotonnen pro Jahr der kohlenstoffhaltigen Fasern an. Damit kann das vorgeschlagene Verfahren zwar nicht den immensen Bedarf für die Metallherstellung decken. Aber es ist ein effizienter und sicherer Ansatz für die Verwertung der Karbonfasern“, ergänzt Prof. Alexandros Charitos.
Nachhaltigkeit von Leichtbauwerkstoffen verbessern
Produkte mit Karbonfasern können in herkömmlichen Müll- und Sondermüllverbrennungsanlagen bisher nicht verbrannt werden. „Die sehr stabilen Kohlenstofffasern verlassen den Brennraum nahezu unverändert. Weil ihre Deponierung in Deutschland nicht gestattet ist, werden sie momentan gelagert“, so der Freiberger Wissenschaftler. Erforscht werden darum verschiedene Ansätze zum Recycling der Fasern.
„Da den Leichtbautechnologien mit Karbonfasern hohe Wachstumskurven vorausgesagt werden, wird der Bedarf für sichere Verwertungswege der Karbonfasern am Ende ihres Lebenszyklus weiter steigen“, bekräftigt Prof. Dieter Stapf vom Institut für Technische Chemie des KIT. Die Technologie könnte ein erster Schritt sein, damit die Leichtbauwerkstoffe auch beim Recycling punkten. „Wenn wir Carbonfasern, die nicht mehr wiederverwendet werden können, als Reduktionsmittel einsetzen, ersetzen sie fossile Rohstoffe und wir vermeiden einen unkontrollierten Austrag ihrer womöglich schädlichen Abbauprodukte in die Umwelt. Die vorgeschlagene stoffliche Verwertung ist eine vielversprechende Möglichkeit hierfür“, so Prof. Dieter Stapf. Als Nächstes möchte das Team untersuchen, ob der im Labor entwickelte Verwertungsweg der Karbonfasern auch in vor-industriellem Maßstab funktioniert.
Hintergrund: Kupferschlacken untersuchen
Die Ergebnisse wurden im Rahmen von Forschungsarbeiten im Projekt „Alternative Fasermaterialien auf Basis von Kupferschlacken“ gewonnen. Dieses Projekt wird noch bis 2022 von der Sächsischen Aufbaubank an der TU Bergakademie Freiberg mit insgesamt 800.000 Euro gefördert.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
TU Bergakademie Freiberg: Prof. Dr.-Ing. Alexandros Charitos, alexandros.charitos@inemet.tu-freiberg.de
KIT Karlsruhe: Prof. Dr.-Ing. Dieter Stapf, Dieter.Stapf@kit.edu
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