Neu entdeckter Effekt lässt auf Fortschritte in IT und Medizin hoffen
Die Erkennung von elektromagnetischen Wellen im sogenannten Terahertz-Bereich bleibt eine echte Herausforderung. Forschende der Universitäten Augsburg und Cambridge haben einen neuen physikalischen Effekt entdeckt, der das ändern dürfte. In einer neuen Studie entwickeln sie nun eine Theorie, die den Mechanismus dahinter erklärt. Ihre Erkenntnisse ermöglichen den Bau kleiner, günstiger und höchst empfindlicher Terahertz-Detektoren. Nutzen ließe sich diese etwa in der medizinischen Diagnostik, bei kontaktlosen Sicherheits-Checks oder auch zur schnelleren drahtlosen Übertragung von Daten. Die Ergebnisse der neuen Theorie sind in der Zeitschrift Physical Review B erschienen.
Wenn Röntgen- oder UV-Strahlen auf ein metallisches Material fallen, schlagen sie Elektronen aus dem Material heraus. Dieser „photoelektrische Effekt“ kann die Basis für Detektoren bilden, die Anwesenheit von elektromagnetischen Wellen nachweisen kann.
In etwas abgewandelter Form kommt er auch in den Aufnahme-Chips von Digitalkameras oder in Solarzellen zum Tragen. Diese reagieren auf sichtbares und infrarotes Licht. Seine Energie ist allerdings deutlich geringer als die von UV-Strahlung. Sie reicht daher nicht aus, um Elektronen freizusetzen. Stattdessen kann die Strahlung elektrische Eigenschaften von Halbleiterstrukturen verändern, die normalerweise schlechte Leiter sind. Unter Lichteinstrahlung werden sie dagegen leitend oder können sogar Spannungen erzeugen.
Terahertz-Wellen sind noch ein Stück energieärmer als sichtbares oder infrarotes Licht. Selbst die Elektronen in Halbleitern lassen sich mit ihnen in der Regel nicht ausreichend anregen. Daher gibt es wenige Detektortypen, die Terahertz-Wellen effektiv nachweisen können. Deshalb forschen Wissenschaftler weiter und suchen nach alternativen physikalischen Prinzipien zum Nachweis von Terahertz-Strahlung.
„Vor Kurzem haben wir aber zusammen mit Kollegen aus Großbritannien einen neuen Effekt entdeckt, der die Konstruktion hochempfindlicher Detektoren erlaubt“, erklärt Dr. Sergey Mikhailov vom Institut für Physik der Universität Augsburg. „Er basiert auf Halbleiter-Materialien mit einem sogenannten zweidimensionalen Elektronengas – einer dünnen leitenden Schicht, die sich unter der Halbleiter-Oberfläche ausbildet. Unter bestimmten Bedingungen lässt sich mit einer solchen Struktur eine Art von Photoeffekt sogar bei Terahertz-Frequenzen beobachten. Wenn diese Halbleiterstruktur durch elektromagnetische Wellen beleuchtet wird, wird ein Strom in dem zweidimensionalen Elektronengas in der Richtung parallel zur Oberfläche des Halbleiters erzeugt.“
In der aktuellen Arbeit haben die Forscher eine Theorie dieses planaren photoelektrischen Effekts entwickelt, die den Mechanismus genauer erklärt. Aus ihren Ergebnissen lassen sich verschiedene Voraussagen ableiten. So sollten sich auf der Basis des neuen Effekts Detektoren konstruieren lassen, die für den gesamten Terahertz-Bereich (Strahlung zwischen 0,1 und 10 Terahertz Frequenz mit Wellenlängen zwischen 3 und 0.03 Millimeter) empfindlich sind. „Dies ist ein Bereich, für den jeder neue Detektionsmechanismus von großem Wert ist.“, sagt Mikhailov. Theoretisch sollten sich zudem Detektoren konstruieren lassen, die noch auf extrem kleine Strahlungsintensitäten ansprechen.
Der neue Effekt könnte in mehreren Anwendungsgebieten eingesetzt werden. So ließen sich mit Terahertz-Strahlen Hautkrebszellen auf einfache Weise erkennen. In Sicherheitsschleusen ließen sich mit ihnen kleinste Mengen von Drogen oder explosivem Material aufspüren. Zudem schwingen Terahertz-Wellen schneller hin und her als die elektromagnetischen Strahlen, die momentan im Mobilfunk eingesetzt werden. Aus diesem Grund lassen sich mit ihnen in derselben Zeit deutlich mehr Informationen übertragen. Die neuen Detektoren könnten also einen Geschwindigkeitsschub für das mobile Internet ermöglichen.
Die Studie wurde vom EU-Projekt Graphene Core 3, dem britischen EPSRC-Projekt HyperTerahertz, sowie von Trinity College Cambridge unterstützt.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Sergey Mikhailov
Institut für Physik
Universität Augsburg
Tel.: +49-821-598-3255
E-Mail: Sergey.Mikhailov@physik.uni-augsburg.de
Originalpublikation:
S. A. Mikhailov, W. Michailow, H. E. Beere, and D. A. Ritchie, Theory of the in-plane photoelectric effect in two-dimensional electron systems; Phys. Rev. B, Vol. 106, Issue 7, 2022; DOI: 10.1103/PhysRevB.106.075411
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