Medikamentenspiegel-gesteuerte Antibiotikadosierung bei Sepsis

Ein UKJ-Forschungsteam untersuchte in einer multizentrischen kontrollierten Studie, ob therapeutisches Drug-Monitoring die Antibiotikatherapie bei Sepsis verbessern kann. Foto: Anna Schroll/UKJ

In der Target-Studie untersuchte ein Forschungsteam des Universitätsklinikums Jena, ob die an der Konzentration im Blutplasma ausgerichtete Dosierung der Antibiotikatherapie bei Sepsis einen Vorteil bringt. Im Fachjournal Intensive Care Medicine stellt das Team die Ergebnisse einer kontrollierten multizentrischen Studie vor: In Bezug auf die Organfunktion konnten nur minimale, für Sterblichkeit und Heilungsrate geringe Verbesserungen erreicht werden, die jedoch nicht statistisch signifikant waren.

Die frühzeitige und ausreichende Gabe von Antibiotika ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie gegen eine Sepsis. Bei dieser lebensbedrohlichen Erkrankung schädigt die Immunreaktion auf eine Infektion die eigenen Organe so, dass deren Funktion schwer beeinträchtig ist. Jedoch liegen bei etwa der Hälfte der Patientinnen und Patienten mit Sepsis die Antibiotikaspiegel zu hoch oder zu niedrig, wenn die Dosierung nach Empfehlung in der Fachinformation durchgeführt wird. Das haben frühere Studien gezeigt. Die Ursachen hierfür sind zum Beispiel die Funktionsstörungen von Leber oder Nieren, die die Antibiotika nicht mehr ausreichend abbauen bzw. ausscheiden können. Ebenso kann die häufig zur Stabilisierung des Blutdrucks bei der Sepsisbehandlung erforderliche Flüssigkeitstherapie zu einer „Verdünnung“ der Antibiotika führen. Damit steigt die Gefahr für die ungenügende Bekämpfung der Infektion oder aber für Vergiftungserscheinungen.

Das Center for Sepsis Control and Care am Universitätsklinikum Jena, das als Integriertes Forschungs- und Behandlungszentrum vom Bundesforschungsministerium gefördert wurde, initiierte deshalb die Target-Studie, deren Ergebnisse im Fachjournals Intensive Care Medicine veröffentlicht wurden. Die randomisierte, multizentrische Studie testete den Erfolg einer mit Hilfe von therapeutischem Drug-Monitoring optimierten Antibiotikabehandlung. Dazu nahm das Studienteam von Januar 2017 bis Dezember 2019 an neun Zentren in Deutschland insgesamt 249 erwachsene Patientinnen und Patienten mit Sepsis oder septischem Schock in die Studie auf, die zufällig zwei Gruppen zugeordnet wurden.

Eine Gruppe erhielt eine kontinuierliche Infusion mit dem Wirkstoffkombination von Piperacillin und Tazobactam als Breitbandantibiotikum entsprechend der Herstellerdosierungsempfehlung. Die zweite Gruppe wurde mit demselben Medikament behandelt, wobei täglich die Wirkstoffkonzentration im Blutplasma gemessen und die Dosis, wenn nötig, angepasst wurde, um eine festgelegte Zielkonzentration zu erreichen. Rückstellproben ermöglichten später für die Auswertung auch die taggenaue Spiegelbestimmung in der Kontrollgruppe.

Große Schwankungen in der Pharmakokinetik

Den Behandlungserfolg maß das Studienteam an der Organfunktion beim Verlassen der Intensivstation oder am zehnten Behandlungstag und verglich auch die Sterblichkeit nach 28 Tagen und den Erfolg der Erregerbekämpfung. In der Monitorgruppe musste an mehr als der Hälfte der Behandlungstage die Dosis korrigiert werden, etwa gleichhäufig nach oben und nach unten. Der Wirkstoffspiegel erreichte dadurch häufiger den Zielwert als in der Kontrollgruppe. „Allerdings konnte auch mit der Monitoring-gesteuerten Dosierung nur bei einem Drittel der Patienten die angepeilte Wirkstoffkonzentration erreicht werden“, so Studienleiter PD Dr. Stefan Hagel. „Bei Sepsispatienten treten so große Schwankungen in der Pharmakokinetik auf, dass eine exakte Zielanpassung sogar mit Wirkstoffmonitoring schwierig ist.“

In Bezug auf die Organfunktion konnte die Studie keinen Unterschied zwischen den Gruppen feststellen Die Monitoringgruppe zeigte eine leicht geringere Sterblichkeit und eine höhere Heilungsrate, diese Unterschiede waren jedoch nicht statistisch signifikant. Für CSCC-Sprecher Prof. Dr. Michael Bauer weist das Ergebnis auf künftigen Forschungsbedarf: „Um zu klären, welche Patienten vom einer Medikamentenspiegel-gesteuerten Antibiotikatherapie profitieren, brauchen wir weitere, größere Studien. Mit den großen intensivmedizinischen Studien im CSCC haben wir gezeigt, dass wir auch in Deutschland solche multizentrischen Projekte erfolgreich umsetzen können.“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

PD Dr. med. Stefan Hagel
Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Jena
Stefan.Hagel@med.uni-jena.de

Originalpublikation:

Hagel S, et al. Effect of therapeutic drug monitoring‑based dose optimization of piperacillin/tazobactam on sepsis‑related organ dysfunction in patients with sepsis: a randomized controlled trial, Intensive Care Med (2022) 48:311–321 https://doi.org/10.1007/s00134-021-06609-6

Weitere Informationen:

http://www.uniklinikum-jena.de/cscc/ CSCC-Homepage
https://www.drks.de/drks_web/navigate.do?navigationId=trial.HTML&TRIAL_ID=DR… Studienregistereintrag

Media Contact

Dr. Uta von der Gönna Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Jena

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Spitzenforschung in der Bioprozesstechnik

Das IMC Krems University of Applied Sciences (IMC Krems) hat sich im Bereich Bioprocess Engineering (Bioprozess- oder Prozesstechnik) als Institution mit herausragender Expertise im Bereich Fermentationstechnologie etabliert. Unter der Leitung…

Datensammler am Meeresgrund

Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute installiert. In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit: Boknis Eck. Seit 1957…

Rotorblätter für Mega-Windkraftanlagen optimiert

Ein internationales Forschungsteam an der Fachhochschule (FH) Kiel hat die aerodynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraftanlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der…