Wege der molekularen Evolution der Zellteilungskontrolle entdeckt

Foto: UHH/MIN/Schnittger

Ein Blick in den Baukasten der Natur.

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Fachbereichs Biologie der Universität Hamburg hat das Protein „Survivin“ in Pflanzen identifiziert, welches zum Auffinden von Verwandten dieses Proteins in vielen Eukaryonten geführt hat. „Survivin“ ist für die Verankerung der Chromosomen bei der Zellteilung essentiell und wurde aber bisher nur in Pilzen und Tieren gefunden. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) publiziert.

Eiweißstoffe, auch Proteine genannt, sind die molekularen Maschinen des Lebens. Unter anderem helfen sie bei der Zellteilung, die verdoppelten Chromosomen auf die neu entstehenden Tochterzellen zu verteilen. Dabei spielt insbesondere eine Region auf dem Chromosom eine wichtige Rolle: das Centromer. Hier kommen verschiedene Proteine zusammen, welche z.B. die Chromosomen mit den Fasern der Spindel verknüpfen oder diese Verknüpfung kontrollieren. Anschließend zieht die Spindel die Chromosomen zu den gegenüberliegenden Zellpolen, so dass dort zwei neue Zellkerne und schließlich zwei Zellen gebildet werden können. Bei der Überprüfung der Verankerung der Chromosomen mit der Spindel spielt der sogenannte Chromosomal Passanger Complex (CPC) eine essentielle Rolle. Ist dieser defekt oder in seiner Funktion beeinträchtigt, kommt es zu schweren Entwicklungsproblemen und Krankheiten.

Eine zentrale Komponente dieses Komplexes ist das Survivin, welches dabei hilft, den CPC zum Centromer zu ziehen. Bisher haben Forschende es nur in Pilzen und Tieren identifiziert. Untersuchungen in der Pflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), geleitet vom Hamburger Entwicklungsbiologen Prof. Dr. Arp Schnittger vom Fachbereich Biologie der Universität Hamburg, haben nun zur Identifizierung von zwei Survivin-ähnlichen Protein geführt – Borealin related interactor 1 und 2 (BORI1 und BORI2). Ein Verlust dieser Proteine war für die Pflanzen letal, und eine reduzierte Bildung dieser Proteine führte zu schweren Entwicklungsdefekten. Die Identifizierung von Survivin-ähnlichen Proteinen in Pflanzen hat dann erlaubt verwandte Proteine in fast allen nicht bakteriellen Organismen zu finden.

Den entscheidenden Impuls dazu gab die Entdeckung, dass Survivin in Pflanzen und vielen anderen Organismen aus anderen Proteinen zusammengesetzt ist als in Tieren. Auch die Proteindomäne, welche für den Kontakt zum Chromosom wichtig ist, scheinen sich Pflanzen und viele andere Organismen von Bakterien „ausgeliehen“ zu haben. „Unsere Studien sind ein schönes Beispiel für die Modularität der Proteinevolution“, sagt Arp Schnittger. „Darüber hinaus zeigen unsere Studien, wie wichtig es ist, die großartige Vielfalt der Natur gerade bei molekularen Untersuchungen zu nutzen.“

In der Zukunft will Schnittger nun mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Groningen in den Niederlanden die Survivin-Funktion in Schleimpilzen untersuchen, die interessanterweise weder das pflanzliche noch das tierische Element zur Chromosomenlokalisierung tragen und damit vermutlich die ursprüngliche Ausrüstung des letzten gemeinsamen Vorfahrens von Pflanzen und Tieren repräsentiert.

Video: https://fiona.uni-hamburg.de/3e5677c6/movies1.mov

Kontakt

Prof. Dr. Arp Schnittger
Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften, Fachbereich Biologie, Entwicklungsbiologie

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