Neue Me­tho­de ent­hüllt Koh­len­stoff­ver­tei­lung im Süd­li­chen Oze­an

In­ne­re Struk­tur der Scha­le ei­ner plank­to­ni­schen Fo­ra­mi­ni­fe­re, auf­ge­nom­men mit ei­ner Rönt­gen-Mi­kro-Com­pu­ter-To­mo­gra­phie. Sie zeigt die kon­ser­vier­te Scha­le (links) und die auf­ge­lös­te Scha­le (rechts). Die Wär­me­kar­te zeigt die räum­li­che Ver­tei­lung von Dich­te und Po­ro­si­tät in der Scha­le. Rot be­deu­tet hohe Dich­te und nicht auf­ge­lös­te Be­rei­che, und blau be­deu­tet nied­ri­ge Dich­te und gut auf­ge­lös­te Be­rei­che. Foto: MARUM – Zen­trum für Ma­ri­ne Um­welt­wis­sen­schaf­ten, Uni­ver­si­tät Bre­men; S. Iwa­sa­ki

Ozeane und insbesondere die Tiefenwasserzirkulation im Südlichen Ozean spielen und spielten eine wichtige Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf. Mittels Karbonat-Ionen-Konzentration in Tiefsee-Sedimenten können Forschende abbilden, wie viel Kohlenstoff in der Tiefsee gespeichert war.

Dazu hat ein internationales Team, unter anderem vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen und der Japan Agency for Marine-Earth Science and Technology eine neue Methode angewandt, um die Art der Kohlenstoffspeicherung zu bestimmen. Ihre Ergebnisse sind jetzt im Fachjournal Nature Communications erschienen.

Kleinstlebewesen, zum Beispiel Foraminiferen, und ihre Fossilien speichern vergangene Umweltbedingungen in ihren kalkhaltigen Schalen. Um sie zu entschlüsseln, wenden Forschende in der Regel geochemische Verfahren an. Ionenkonzentrationen im tiefen Ozean wurden dabei aber meist geschätzt denn genau beziffert. Forschende des MARUM, der Japan Agency for Marine-Earth Science and Technology (JAMSTEC), des Alfred-Wegener-Instituts – Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung (IOW) und des Atmospheric and Ocean Research Institute an der Universität Tokio haben jetzt eine neue Methode entwickelt. Hierbei betrachten sie, wie sehr sich die kalkhaltigen Schalen planktonischer Foraminiferen aufgelöst haben und nutzen dies, um mehr zum paläo-tiefen Meerwasser herauszufinden.

Die Technik des Röntgen-Mikro-Computertomographie-Scans ermöglicht eine genaue Bewertung der Schalenauflösungsintensität ohne den Einfluss der geometrischen Merkmale der Schale. Dafür haben sie Proben eines Sedimentkerns aus dem pazifischen Südozeans vor der chilenischen Küste analysiert und rekonstruiert, wie stark die Kohlenstoffspeicherung in der Tiefsee nach dem letzten Hochglazials (LGM – „Last Glacial Maximum“ vor 10.000 bis 22.000 Jahren) schwankt.

Sie fanden heraus, dass die Kohlenstoffspeicherung in der Tiefsee des pazifischen Südozeans zu Beginn der letzten Deglazialisierung (vor etwa 15.000 bis 19.000 Jahren) abnahm, begleitet von einem Anstieg des atmosphärischen pCO2. Darüber hinaus schätzten sie durch Vergleiche mit den Daten früherer Studien die Verteilung und die Menge des Kohlenstoffaustrags aus dem pazifischen Südozean. Sie stellten fest, dass der Kohlenstoffausstoß aus der Tiefsee zum Anstieg des globalen atmosphärischen pCO2-Wertes beitrug.

„Die herkömmlichen Studien über den Kohlenstoffkreislauf im Südlichen Ozean haben sich hauptsächlich auf die Nord-Süd-Verteilung des Kohlenstoffs konzentriert. Da unsere Ergebnisse jedoch gezeigt haben, dass eine beträchtliche Menge an Kohlenstoff auch in Ost-West-Richtung transportiert wird, ist eine Bewertung der 3D-Verteilung der Kohlenstoffspeicherung unter Berücksichtigung der interozeanischen Tiefseeverbindungen erforderlich“, sagt Dr. Shinya Iwasaki, Erstautor der Studie vom MARUM und JAMSTEC.

Künftig soll dieser Ansatz, bei dem Röntgenmikro-CT-Scans der Schale planktonischer Foraminiferen verwendet werden, in Kombination mit konventionellen geochemischen Markern eingesetzt werden und dazu beitragen, den Mechanismus des ozeanischen Kohlenstoffkreislaufs zu klären.

Die aktuellen Ergebnisse resultieren aus der Zusammenarbeit von Meeresgeolog:innen und Paläontolog:innen der Universität Bremen im Rahmen des am MARUM angesiedelten Exzellenzclusters „Ozeanboden – Unerforschte Schnittstelle der Erde“, der Japan Agency for Marine-Earth Science and Technology (JAMSTEC), des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz, Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), und des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung (IOW).

Das MARUM gewinnt grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse über die Rolle des Ozeans und des Meeresbodens im gesamten Erdsystem. Die Dynamik des Ozeans und des Meeresbodens prägen durch Wechselwirkungen von geologischen, physikalischen, biologischen und chemischen Prozessen maßgeblich das gesamte Erdsystem. Dadurch werden das Klima sowie der globale Kohlenstoffkreislauf beeinflusst und es entstehen einzigartige biologische Systeme. Das MARUM steht für grundlagenorientierte und ergebnisoffene Forschung in Verantwortung vor der Gesellschaft, zum Wohl der Meeresumwelt und im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Es veröffentlicht seine qualitätsgeprüften, wissenschaftlichen Daten und macht diese frei zugänglich. Das MARUM informiert die Öffentlichkeit über neue Erkenntnisse der Meeresumwelt, und stellt im Dialog mit der Gesellschaft Handlungswissen bereit. Kooperationen des MARUM mit Unternehmen und Industriepartnern erfolgen unter Wahrung seines Ziels zum Schutz der Meeresumwelt.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Shinya Iwasaki
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
Mikropaläontologie – Paläozeanographie
Telefon: 0421 218-65958
E-Mail: siwasaki@marum.de

Originalpublikation:

Shinya Iwasaki, Lester Lembke-Jene, Kana Nagashima, Helge W. Arz, Naomi Harada, Katsunori Kimoto, Frank Lamy: Evidence for late-glacial oceanic carbon redistribution and discharge from the Pacific Southern Ocean. Nature Communications 2022. DOI: 10.1038/s41467-022-33753-4

https://www.marum.de/Entdecken/Neue-Methode-enthuellt-Kohlenstoffverteilung-im-Suedlichen-Ozean.html

Media Contact

Ulrike Prange Pressestelle
MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften

Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.

Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Parkinson-Medikament verändert durch Eisenmangel das Darmmikrobiom zum Schlechteren

Störung der mikrobiellen Gemeinschaft begünstigt Krankheitserreger im Darm. In einer bahnbrechenden neuen Studie, durchgeführt im Rahmen des FWF-geförderten Exzellenzclusters „Mikrobiomes drive Planetary Health“, haben Wissenschafter*innen der Universität Wien in Zusammenarbeit…

Neues Verfahren zur Rückgewinnung wertvoller Elemente aus Holzasche

Team der Hochschule Rottenburg und der Universität Tübingen erarbeitet Grundlagen zur Aufbereitung des bisherigen Verbrennungsabfalls als Sekundärrohstoff. Die Aschen, die bei der Holzverbrennung in Heiz- und Kraftwerken entstehen, enthalten wertvolle…

Auf der Spur des „Schlüsselproteins“

Neues Forschungsprojekt zur Ursache von Lungenhochdruck bei Herzinsuffizienz. Pulmonale Hypertonie (PH) ist eine schwerwiegende Erkrankung, bei der der Druck in den Blutgefäßen zwischen Herz und Lunge dauerhaft erhöht ist. Besonders…