Dunkle Materie bleibt „dunkel“

Für die Suche nach dunkler Materie wurden drei Atomuhren verglichen: Zwei davon nutzen ein einzelnes, in einer Ionenfalle gespeichertes Ion (links), und die dritte Atomuhr verwendet ca. 1000 neutrale Atome in einem optischen Gitter (rechts).
(c) PTB

Vergleichsmessungen von optischen Uhren der PTB verbessern die Suche nach einer möglichen Wechselwirkung von ultraleichter dunkler Materie mit Photonen.

Kann dunkle Materie mit Photonen wechselwirken und die Atomstruktur beeinflussen? Ein Fall für optische Atomuhren: Zwei verschiedene Typen von ihnen wurden an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) im Rahmen des Sonderforschungsbereichs DQ-mat und des Exzellenzclusters QuantumFrontiers verglichen. Es ist die bisher genaueste Suche nach einer Wechselwirkung von ultraleichter dunkler Materie mit Photonen.

Bestehende experimentelle Nachweisgrenzen für eine mögliche Kopplung wurden durch die Arbeit um mehr als eine Größenordnung verbessert – über einen weiten Bereich möglicher Massen der dunklen Materie-Teilchen. Deren Beschaffenheit und mögliche Wechselwirkungen konnten damit weiter eingegrenzt werden, auch wenn noch kein entsprechender Nachweis gelungen ist. Die Ergebnisse der Untersuchung sind in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht.

Astronomische Beobachtungen weisen auf die Existenz sogenannter „dunkler Materie“ hin, die über 80 % der gesamten Materie ausmacht und, soweit bisher bekannt, nur über Gravitation mit der uns bekannten, sichtbaren Materie wechselwirkt. Insbesondere wurde bisher keine Wechselwirkung mit Photonen, den Elementarteilchen, aus denen auch Licht besteht, nachgewiesen – daher auch die Bezeichnung „dunkel“ für diesen Typ von Materie. Es ist ein großes Rätsel, woraus dunkle Materie besteht und ob es bisher unbekannte Wechselwirkungen mit herkömmlicher Materie gibt.

Ein besonders vielversprechender theoretischer Ansatz besagt, dass dunkle Materie aus Teilchen bestehen könnte, die extrem leicht sind und sich nicht wie einzelne Teilchen, sondern wie eine Welle verhalten: sogenannte „ultraleichte“ dunkle Materie. In diesem Fall würden bisher unentdeckte, schwache Wechselwirkungen der dunklen Materie mit Photonen zu kleinsten Oszillationen der Feinstrukturkonstanten führen. Die Feinstrukturkonstante ist diejenige Naturkonstante, die die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung beschreibt. Sie legt die atomaren Energieskalen fest und beeinflusst damit auch die Übergangsfrequenzen, die in Atomuhren als Referenz genutzt werden. Da verschiedene Übergänge unterschiedlich empfindlich auf mögliche Änderungen der Konstanten reagieren, können Vergleiche von Atomuhren für die Suche nach ultraleichter dunkler Materie genutzt werden. Zu diesem Zweck haben Forschende der PTB erstmals eine Atomuhr, die besonders empfindlich gegenüber möglichen Änderungen der Feinstrukturkonstanten ist, in einer solchen Suche eingesetzt.

Dafür wurde diese besonders sensitive Atomuhr mit zwei anderen Atomuhren von geringerer Sensitivität über mehrere Monate in Messungen verglichen. In den resultierenden Messdaten wurden Oszillationen gesucht – die Signatur der ultraleichten dunklen Materie. Da keine signifikanten Oszillationen gefunden wurden, blieb dunkle Materie auch bei genauerer Untersuchung „dunkel“. Eine Detektion der rätselhaften dunklen Materie ist demnach nicht gelungen. Durch die Abwesenheit eines Signals konnten neue experimentelle Obergrenzen für die Größe einer möglichen Kopplung von ultraleichter dunkler Materie an Photonen gefunden werden. Bisherige Limits wurden in einem weiten Bereich um mehr als eine Größenordnung verbessert.

Gleichzeitig gingen die Forschenden auch der Frage nach, ob sich die Feinstrukturkonstante nicht doch im Laufe der Zeit verändert, indem ihr Wert zum Beispiel sehr langsam zu- oder abnimmt.

Eine solche Änderung wurde in den Daten nicht detektiert. Auch hier wurden bestehende Limits verschärft – die Konstante bleibt demnach auch über lange Zeiten konstant.

Im Gegensatz zu bisherigen Uhrenvergleichen, bei denen jede Atomuhr ein eigenes experimentelles System benötigte, wurden in dieser Arbeit zwei der drei Atomuhren in einem einzigen experimentellen Aufbau realisiert. Dafür wurden zwei unterschiedliche Übergangsfrequenzen eines einzelnen, gefangenen Ions verwendet: Das Ion wurde abwechselnd auf den beiden optischen Übergängen abgefragt. Damit ist ein wichtiger Schritt gelungen, um optische Frequenzvergleiche noch kompakter und robuster zu gestalten – zum Beispiel für eine zukünftige Suche nach dunkler Materie im Weltall.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Nils Huntemann, Leiter der Arbeitsgruppe 4.43 „Optische Uhren mit gespeicherten Ionen“, Telefon: (0531)592-4430, E-Mail: nils.huntemann@ptb.de

Originalpublikation:

M. Filzinger, S. Dörscher, R. Lange, J. Klose, M. Steinel, E. Benkler, E. Peik, C. Lisdat, N. Huntemann: Improved Limits on the Coupling of Ultralight Bosonic Dark Matter to Photons from Optical Atomic Clock Comparisons, Phys. Rev. Lett. 130, 253001 (2023).
Feature bei Physics, einem Online-Journal der American Physical Society

Weitere Informationen:

https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.130.253001

https://www.ptb.de/cms/presseaktuelles/journalisten/nachrichten-presseinformationen/…

Media Contact

Imke Frischmuth Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)

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Kommentare (1)

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  1. Sehr geehrte Damen / Herren,
    ich habe einige allgemeine Fragen welche den Inhalt dieses Artikels tangieren.
    1) Sind die „Sternenleichen“ – unsichtbare Singularitäten / schwarze Löcher – Bestandteil der sogenannten dunklen Materie?
    2) Gibt es über die vier mir bekannten elementare Kräfte (schwache Wechselwirkung, starke Wechselwirkung, Gravitation und Elektromagnetismus) noch Weitere?

    Wenn ein riesiger Stern, welcher ausreichende Masse besitzt um zur Singularität zu werden, sein Lebensende erreicht hat, sprengt er seine Außenhülle ab und kollabiert, unter der eigenen Schwerkraft, zur Singularität.

    3)Der vollständige Stern, bevor er zur Nova wurde, hatte mehr Masse als der Rest der die Singularität bildet. Ist die enorme Gravitation der resultierenden Singularität größer als die des ehemaligen Sterns? Auf Grund der Massen- und Gravitations-Theorie müsste die Gravitiation des Sterns Größer gewesen sein als die der resultierenden Singularität. Oder? Wenn dem so wäre hätte man den Stern aber nicht strahlen sehen dürfen? Die Singularität mit einer geringeren Masse hat zwar eine höhere Dichte, müsste aber auf Grund des Masseverlustes des Sterns eine geringere Gravitation zu Folge haben; hat sie aber nicht. ???
    Mit freundlichen Grüßen,
    R. Kraft

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