Mückenbekämpfung über den Hörsinn

Unter dem Mikroskop wird das Innenohr der Mücke sichtbar: Die blau und rot schimmernden Sinneszellen sind hochsensibel und wandeln die Schwingung der Antenne in elektrische Impulse um.
(c) Dr. Marta Andrés Miguel / University College London

Forschende entdecken neuen Ansatz, um die Population eines der gefährlichsten Malariaüberträger einzudämmen.

Forschende der Universität Oldenburg und des University College London (Großbritannien) haben herausgefunden, dass der Botenstoff Octopamin eine entscheidende Rolle beim Hören von Malariamücken und mittelbar auch bei deren Paarung spielt. Diese Erkenntnis könnte einen neuen Ansatz bieten, die Vermehrung dieser Insekten einzudämmen.

Der Biologe Prof. Dr. Jörg Albert von der Universität Oldenburg hat gemeinsam mit Forschenden des University College London (Großbritannien) den Hörsinn von tropischen Stechmücken der Gattung Anopheles und die Bedeutung des Hörsinns für das Paarungsverhalten untersucht. Die Ergebnisse könnten einen neuen Ansatz bieten, die Malaria übertragenden Insekten zu bekämpfen. Die Ergebnisse wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

Die Forschenden fanden heraus, dass der Botenstoff Octopamin eine entscheidende Rolle beim Hören und somit indirekt auch bei der Vermehrung der Stechmücken spielt. Finden sich die Tiere in der Dämmerung zu großen, kurzlebigen Schwärmen zusammen, dann erkennen Männchen die Weibchen unter Hunderten Tieren an ihrem tieferen Flugton. Es gelang nun der Nachweis, dass in dieser Situation bestimmte Octopaminrezeptoren im Ohr eine besondere Rolle spielen.

Eine zur Schwarmzeit erhöhte Octopaminaktivität sorgt dafür, dass die männliche Mücke „ihre Ohren spitzt“. Auf den Antennen, die den Schall auffangen, stellen sich feine Härchen auf, welche den Schall effektiver einfangen können. Zusätzlich versteift sich die gesamte Antenne, was die akustische Empfindlichkeit weiter verändert. All das, so die Vermutung, bewirkt, dass die Männchen die Weibchen besser hören können. Die Forschenden konnten nachweisen, dass diese Reaktionen schwächer ausgeprägt sind oder ganz ausbleiben, wenn die Stechmücken einem schwach giftigen Insektizid ausgesetzt werden, dem Pflanzenschutzmittel Amitraz. Diese Substanz, die normalerweise gegen Zecken und Parasitenmilben eingesetzt wird, schaltet den Octopaminrezeptor der Stechmücken aus. Wenn Männchen in der Folge die Weibchen im Schwarm nicht mehr ausmachen können, sei das ein mögliches Mittel, um die Vermehrung dieser Stechmückenart einzudämmen und ihre Population zu verringern, so die Forschenden.

Die aufgestellten Härchen auf ihren Antennen helfen Mückenmännchen, besser zu hören. Das ist auch für die Paarung wichtig: Im Schwarm erkennen die männlichen Mücken die Weibchen am tieferen Flugton.
Die aufgestellten Härchen auf ihren Antennen helfen Mückenmännchen, besser zu hören. Das ist auch für die Paarung wichtig: Im Schwarm erkennen die männlichen Mücken die Weibchen am tieferen Flugton. (c) Judit Bagi / University College London

 

„Das Hören der Mücken ist ein Vorgang von bemerkenswerter Komplexität. Mit unseren Ergebnissen über die Rolle des Botenstoffs Octopamin kratzen wir gerade einmal an der Spitze eines gigantischen Eisberges“, sagt Albert. „Ich bin mir sicher, dass zukünftige Forschung uns nicht nur den Gehörsinn der Mücken besser verstehen lässt, sondern auch helfen wird, von Mücken übertragene Krankheiten wie Malaria und Denguefieber zu bekämpfen.“

Der Biologe und Biophysiker forscht seit Anfang des Jahres an der Universität Oldenburg. Zuvor war er am UCL tätig, mit dem er auch künftig eng zusammenarbeiten wird.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Jörg Albert, Tel.: 0441/798-3333, E-Mail: joerg.albert@uol.de

Originalpublikation:

Georgiades et. al: Hearing of malaria mosquitoes is modulated by a beta-adrenergic-like octopamine receptor which serves as insecticide target, Nature Communications, https://doi.org/10.1038/s41467-023-40029-y

https://uol.de/pressemitteilungen/2023/170

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Dr. Corinna Dahm-Brey Presse & Kommunikation
Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg

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