Wie minimalistische Moleküle des pflanzlichen Immunsystems aktiviert werden
Eine neue Studie, die jetzt in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Phasentrennung – ein Phänomen, welches auftritt, wenn man versucht Öl und Wasser zu mischen – auch im Immunsystem von Pflanzen eine wichtige Rolle spielt.
Eine Studie um Jijie Chai von der Westlake University, China, Jane Parker und Paul Schulze-Lefert vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln, hat gezeigt, dass eine wichtige Gruppe von Immunproteinen sich in Tröpfchen kondensieren muss, um aktiviert zu werden und dadurch Pflanzen vor Infektionen mit mikrobiellen Krankheitserregern zu schützen.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollten herausfinden, wie eine Gruppe von pflanzlichen Immunrezeptoren, die so genannten Toll/Interleukin-1-Rezeptor (TIR)-Nukleotid-bindenden Leucin-reichen Repeat (NLR)-Rezeptoren (kurz TNLs), aktiviert werden. TNL Rezeptoren werden durch das Vorhandensein einer TIR-Domäne definiert, einer uralten Proteindomäne, die eine Rolle bei der Immunität von Bakterien bis hin zu Säugetieren spielt. Jedoch benötigen diese Rezeptoren in Pflanzen zur Aktivierung in der Regel zusätzliche Proteinbausteine, die Moleküle erkennen, die von Krankheitserregern in Pflanzenzellen eingeschleust werden. Die TIR-Domäne wirkt als Enzym und verbraucht in den Wirtszellen kleine Moleküle, Substrate, die für den Energiestoffwechsel wichtig sind.
Aktivierte TNLs lösen in der Regel den Zelltod von Pflanzenzellen am Ort der Infektion aus; eine Reaktion um die Pflanze als Ganzes zu schützen. Neben den typischen TNLs verfügen Pflanzen auch über TNLs, denen die Bausteine zur Erkennung von Krankheitserregern fehlen. Allerdings sind sie weiterhin in der Lage, den Zelltod auszulösen und Pflanzen vor Infektionen zu schützen.
Man wusste bereits, dass diese verkürzten (minimalistischen) TNLs, genannt TIR-Domänen-Proteine, miteinander assoziieren, wenn sie durch ihre Substrate aktiviert werden, und dass sie dann wie Enzyme wirken, um die Immunantwort zu verstärken. Aber wie genau das passiert, war bisher nicht bekannt.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass sich die TIR-Domänen-Proteine bei steigender Konzentration in den Pflanzenzellen wie Öltropfen im Wasser verteilen – ein typisches Merkmal von Proteinen, die sich untereinander vernetzen – und so die immunbedingte Zelltodreaktion auslösen. Außerdem sind diese Protein-Ensembles in Pflanzenzellen nicht statisch, da sich die TIR-Domänen-Proteine ständig in die Tröpfchen hinein und aus ihnen heraus bewegen.
Durch die Konzentration und Organisation von Enzymansammlungen ist die Phasentrennung ein wirksames Mittel zur Verfielfachung der TIR-Enzymaktivität. Obwohl bekannt war, dass dieses Phänomen für pflanzliche Immunreaktionen wichtig ist, war bisher unklar, warum.
Neben den grundlegenden Erkenntnissen darüber, wie pflanzliche Immunmoleküle aktiviert werden, könnte die Entdeckung des auf Phasentrennung beruhenden Mechanismus zur Aktivierung von TIR-Domänen-Proteinen Auswirkungen auf das Verständnis darüber haben, wie scheinbar voneinander getrennte molekulare Ebenen der Pflanzenimmunität miteinander kommunizieren.
Mitautor Schulze-Lefert ist fasziniert von der Vielfalt der verschiedenen Zusammensetzungen von TIR-Domänen in Proteinkomplexen. „Es ist einfach erstaunlich, wie die Evolution immer wieder Wege gefunden hat, die uralte TIR-Proteinstruktur in Pflanzen, Tieren und Bakterien mit neuen biochemischen Eigenschaften auszustatten, die letztlich für die Robustheit des Immunsystems wichtig sind.“
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Paul Schulze-Lefert
Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung
Email: schlef@mpipz.mpg.de
Tel: +49 221 5062 350
Originalpublikation:
Substrate-induced condensation activates plant TIR domain proteins
URL: https://www.nature.com/articles/s41586-024-07183-9
DOI: 10.1038/s41586-024-07183-9
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