Schrägbohrtechnik bringt Geothermie unter den Bestandsbau

Computerskizze GeoStar: Durch die Schrägbohrtechnik erreichen die Erdwärmesonden auf Wärmereservoire unterhalb von bestehenden Gebäuden, hier am Beispiel des Institutsgebäudes des Fraunhofer IEG.
(c) Fraunhofer IEG

Das zukunftsweisende geothermische Heiz- und Kühlsystem GeoStar 2.0 ist nun offiziell eingeweiht worden, nachdem es mit seinem begehbareren Geothermie-Verteilerschacht jetzt komplettiert wurde. Die 12 sternförmig angeordneten Erdwärmesonden in einer Tiefe von 150 Metern heizen und kühlen das Audimax der Hochschule Bochum effizient und nachhaltig. Entwickelt vom Fraunhofer IEG, zeichnet sich GeoStar 2.0 durch den Einsatz der Schrägbohrtechnik aus, der Untertage ein großes Erdreichvolumen bei minimalem Flächenbedarf an der Oberfläche nutzt. So reicht der knappe Raum zwischen bestehenden Gebäuden aus, um die Erdwärme unter den Gebäuden zu erschließen.

Nach Abschluss der Bohrarbeiten und der Anbindung an das Gebäude ist von der geothermischen Anlage fast nichts mehr zu sehen. Um die wegweisende, doch verborgene Technik des Prototyps dennoch erfahrbar zu machen, wurde nun ein begehbares Verteilerbauwerk umgesetzt. Dieses ist harmonisch in die Campusumgebung integriert und dient auch als hochwertiger Treffpunkt: Eine Glaskuppel mit umliegender kreisrunder Bank sowie Tische laden zum Zusammenkommen und Verweilen ein, während gleichzeitig die geothermische Anlage des GeoStar 2.0 betrachtet werden kann.

»Das Ziel des Verteilerbauwerkes ist es, Geothermie zu erklären und nahbar zu machen«, so Jonas Güldenhaupt, Bohrmeister des Fraunhofer IEG.

Einblick in die Anlagentechnik

Der im Boden versenkte Raum ist vollständig begehbar und zeigt die Anbindung aller Erdwärmesonden an den Verteilerbalken sowie die Technik zum Regeln, Steuern und Überwachen des untertägigen Anlagenteils. Gruppenführungen für Planerinnen und Planer aus den Bereichen TGA, Quartiere, Stadtwerke und Energietechnik können auf Anfrage ermöglicht werden. Zudem soll bald eine Augmented Reality App zur Anlage angeboten werden.

Der GeoStar für das Hörsaalgebäude der Hochschule Bochum ist bereits der zweite erfolgreich umgesetzte GeoStar in Deutschland. Die erste Version beheizt und kühlt seit mehreren Jahren erfolgreich den Bochumer Campus des Fraunhofer IEG. Dort wurden gleich 20 Schrägbohrungen mit 200 m Länge niedergebracht und die Gesamtanlage mit einem aufwendigen Monitoring-System versehen. Mit dieser Forschungsinfrastruktur kann nicht nur klimatisiert werden, sondern es entstehen wichtige Erkenntnisse für die nun anstehende Kommerzialisierung des Anlagenkonzepts in Bestandsbauten.

»Das erfolgreiche GeoStar-Konzept zeigt, wie auch der Bestandsbau seinen Untergrund zum klimaneutralen Heizen und Kühlen nutzen kann«, erläutert Gregor Bussmann, am Fraunhofer IEG Ansprechpartner für die GeoStar-Technologie. »Schlanker Bohrbetrieb, kombinierte Kühl- und Heiztechnik und smarte Betriebsführung sind die Erfolgsfaktoren für die Wärmewende in gewachsenen innerstädtischen Wohn- und Gewerbegebieten.«

GeoStar 2.0, der nun offiziell mit dem begehbaren Verteilerbauwerk abgeschlossen und eingeweiht ist, ist schon seit 2018 in Betrieb und versorgt den Hörsaal H9 „Auditorium“ im Winter mit Erdwärme (über eine Wärmepumpe) und im Sommer mit „Erdkälte“ (passiv) aus dem konstant 12 Grad Celsius warmen Untergrund. Er stellt die Weiterentwicklung des GeoStar 1 dar, der seit 2014 zuverlässig das Gebäude des Fraunhofer IEG auf dem gleichen Bochumer Campus versorgt.

Technische Daten:
• Bohrtiefe: 150 Meter
• Bohrwinkel: 10 Grad zur Senkrechten
• Sondenzahl: 12, angeordnet wie ein Zifferblatt
• Temperatur in 150 Metern: 12 Grad Celsius konstant
• Heizlast: 95 kW, mittels Wärmepumpe
• Kühllast: 55 kW, passive Kühlung
• Sitzplatzzahl im Auditorium: 350
• Betriebsstart: 2018

Danksagung
Das unterirdische Verteilerbauwerk des GeoStar 2.0 hat von der engagierten Unterstützung vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschule Bochum und des Fraunhofer IEG profitiert und konnte dank Spenden der Firmen Kubatec Kunststoffbautechnik GmbH und WiRoTec HENZE GmbH mit hoher Aufenthaltsqualität und funktionaler Sichtbarkeit realisiert werden.

Weitere Informationen und Bilder finden Sie unter: www.ieg.fraunhofer.de

Bildunterschrift: Computerskizze GeoStar: Durch die Schrägbohrtechnik erreichen die Erdwärmesonden auf Wärmereservoire unterhalb von bestehenden Gebäuden, hier am Beispiel des Institutsgebäudes des Fraunhofer IEG. Bild: Fraunhofer IEG

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Gregor Bussmann, gregor.bussmann@ieg.fraunhofer.de

Weitere Informationen:

https://www.ieg.fraunhofer.de/de/presse/pressemitteilungen.html

Media Contact

Kosta Schinarakis Pressestelle
Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Architektur Bauwesen

Die zukunftsorientierte Gestaltung unseres Wohn- und Lebensraumes erhält eine immer größer werdende Bedeutung. Die weltweite Forschung in den Bereichen Architektur und Bauingenieurwesen leistet hierzu einen wichtigen Beitrag.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Nachhaltiges Bauen, innovative Baumaterialien, Bautenschutz, Geotechnik, Gebäudetechnik, Städtebau, Denkmalschutz, Bausoftware und Künstliche Intelligenz im Bauwesen.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Die Roboterhand lernt zu fühlen

Fraunhofer IWS kombiniert Konzepte aus der Natur mit Sensorik und 3D-Druck. Damit Ernteroboter, U-Boot-Greifer und autonome Rover auf fernen Planeten künftig universeller einsetzbar und selbstständiger werden, bringen Forschende des Fraunhofer-Instituts…

Regenschutz für Rotorblätter

Kleine Tropfen, große Wirkung: Regen kann auf Dauer die Oberflächen von Rotorblättern beschädigen, die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen können sinken, vor allem auf See. Durch die Entwicklung innovativer Reparaturlösungen…

Materialforschung: Überraschung an der Korngrenze

Mithilfe modernster Mikroskopie- und Simulationstechniken konnte ein internationales Forschungsteam erstmals beobachten, wie gelöste Elemente neue Korngrenzphasen bilden. Mit modernsten Mikroskopie- und Simulationstechniken hat ein internationales Forscherteam systematisch beobachtet, wie Eisenatome…