Konservierung von organischem Kohlenstoff im Ozeanboden

Yunru Chen bereitet im Labor Inkubationen vor, um die Wechselwirkungen zwischen Eisenmineralien, organischem Material und Mikroorganismen in Meeressedimenten weiter zu untersuchen.
Foto: Yunru Chen / MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen

Neue Veröffentlichung über die dynamische Rolle von Eisenoxiden bei der Erhaltung von organischem Kohlenstoff in Sedimenten des Ozeanbodens.

Wie und warum organischer Kohlenstoff in marinen Sedimenten konserviert wird, ist seit langem eine Schlüsselfrage, die für das Verständnis des langfristigen Kohlenstoffkreislaufs auf der Erde ungeklärt bleibt. Eine Zusammenarbeit zwischen der Forschungsgruppe von Prof. Fengping Wang an der Shanghai Jiao Tong University und Prof. Dr. Kai-Uwe Hinrichs am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften und dem Fachbereich Geowissenschaften der Universität Bremen hat neue Erkenntnisse über den dynamischen Kreislauf von eisengebundenem organischem Kohlenstoff in Tiefseesedimenten gewonnen. Diese wurden nun im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.

Auf geologischen Zeitskalen übt die Ablagerungsrate des organischen Kohlenstoffs in den Sedimenten einen großen Einfluss auf die Konzentrationen von Sauerstoff und Kohlendioxid in der Atmosphäre aus und beeinflusst damit wesentlich die Umweltbedingungen auf der Erde. In marinen Sedimenten sind etwa 20 Prozent des organischen Kohlenstoffs direkt an reaktive Eisenoxide (FeR) gebunden. Der Verbleib des reaktiven eisengebundenen organischen Kohlenstoffs (FeR-OC) in den Sedimenten des Meeresbodens und seine Verfügbarkeit für Mikroorganismen sind jedoch noch unklar.

Um dies zu untersuchen, rekonstruierte das Team kontinuierliche FeR-OC-Aufzeichnungen in zwei Sedimentkernen des nördlichen Südchinesischen Meeres, die die suboxischen bis methanhaltigen biogeochemischen Zonen umfassen und ein maximales Alter von etwa 100.000 Jahren erreichen.

Die Studie zeigt, dass in der Sulfat-Methan-Übergangszone (SMTZ) mit hohen mikrobiellen Aktivitäten FeR-OC während mikrobiell gesteuerter Eisenreduktionsprozesse, remobilisiert und folglich von Mikroorganismen remineralisiert wird. Die dabei erzeugte Energie kann einen beträchtlichen Teil des mikrobiellen Lebens in der circa einen Meter mächtigen SMTZ unterstützen.

Mit Ausnahme von der SMTZ übersteht ein relativ stabiler Anteil des gesamten organischen Kohlenstoffs die mikrobiellen Abbauprozesse als FeR-OC und wird über geologische Zeiträume in Meeressedimenten gespeichert. „Damit“, so Dr. Yunru Chen, Erstautorin der Studie und inzwischen Postdoktorandin im Exzellenzcluster „Der Ozeanboden – unerforschte Schnittstelle der Erde, „könnte das globale Reservoir an FeR-OC in mikrobiell aktiven marinen Sedimenten des Quartärs 19- bis 46-mal so groß sein wie der atmosphärische Kohlenstoffpool.“

Diese Studie ist ein entscheidender Schritt bei der Bewertung der Stabilität von FeR-OC in Sedimenten als Reaktion auf mikrobielle Aktivitäten nach der Ablagerung und wirft ein Licht auf den dynamischen Kreislauf und die Langlebigkeit von FeR-OC in Sedimenten des Meeresbodens. Die Ergebnisse fließen in den Exzellenzcluster, der am MARUM koordiniert wird, mit ein.

Beteiligte Institutionen:
• MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen, Bremen, Deutschland
• Fachbereich Geowissenschaften, Universität Bremen, Bremen, Deutschland
• State Key Laboratory of Microbial Metabolism, School of Life Sciences and Biotechnology, Shanghai Jiao Tong University, Shanghai, China
• Key Laboratory of Polar Ecosystem and Climate Change, Ministry of Education, and School of Oceanography, Shanghai Jiao Tong University, Shanghai, China
• Southern Marine Science and Engineering Guangdong Laboratory (Zhuhai), Zhuhai, China

Das MARUM gewinnt grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse über die Rolle des Ozeans und des Meeresbodens im gesamten Erdsystem. Die Dynamik des Ozeans und des Meeresbodens prägen durch Wechselwirkungen von geologischen, physikalischen, biologischen und chemischen Prozessen maßgeblich das gesamte Erdsystem. Dadurch werden das Klima sowie der globale Kohlenstoffkreislauf beeinflusst und es entstehen einzigartige biologische Systeme. Das MARUM steht für grundlagenorientierte und ergebnisoffene Forschung in Verantwortung vor der Gesellschaft, zum Wohl der Meeresumwelt und im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Es veröffentlicht seine qualitätsgeprüften, wissenschaftlichen Daten und macht diese frei zugänglich. Das MARUM informiert die Öffentlichkeit über neue Erkenntnisse der Meeresumwelt, und stellt im Dialog mit der Gesellschaft Handlungswissen bereit. Kooperationen des MARUM mit Unternehmen und Industriepartnern erfolgen unter Wahrung seines Ziels zum Schutz der Meeresumwelt.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Kai-Uwe Hinrichs
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
Fachbereich Geowissenschaften, Universität Bremen
Email: khinrichs@marum.de

Dr. Yunru Chen
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
Email: yunruchen@marum.de

Originalpublikation:

Chen, Y., Dong, L., Sui, W., Niu, M., Cui, X., Hinrichs, K.-U., Wang, F. Cycling and persistence of iron-bound organic carbon in subseafloor sediments. Nat Commun 15, 6370 (2024). https://doi.org/10.1038/s41467-024-50578-5

Weitere Informationen:

https://www.marum.de/Konservierung-OC-im-Ozeanboden.html

Media Contact

Jana Nitsch Pressestelle
MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Erneuerbare Kraftstoffe: InnoFuels will industrielle Produktion beschleunigen

Plattformprojekt vernetzt Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik – Synergien schaffen, Herausforderungen im Zusammenspiel angehen. Synthetische Kraftstoffe aus erneuerbaren Energien haben das Potenzial, den CO2-Ausstoß im Vergleich zu herkömmlichen Treibstoffen…

Bessere Kosmetika dank besserer Mikrobiom-Modelle

Neues Modell des Hautmikrobioms ermöglicht wirklichkeitsnahe Labortests Auswirkungen von Kosmetikstoffen auf die Bakteriengemeinschaft auf der Haut werden messbar Wissenschaftlich belegte Wirkversprechen sind Wachstumstreiber für Kosmetikindustrie Evonik hat ein neues Hautmikrobiom-Modell…

Extraflaches Hörimplantat

Weltweit erste Implantation und Mitentwicklung an der Universitätsmedizin Halle. Ein Team der Universitätsmedizin Halle hat erfolgreich die weltweit erste Implantation eines neuen, extraflachen, elektronischen knochenverankerten Hörsystems seit der offiziellen Zulassung…

Partner & Förderer