Grüne Chemie: BAM-Team macht Mechanochemie industriefähig

Nikita Gugin ist Teil des BAM-Teams, das ein neues In-situ-Überwachungsverfahren für Extruder entwickelt hat.
(c) BAM

Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) hat eine neue In-situ-Überwachung entwickelt, die die Mechanochemie für die industrielle Anwendung geeignet macht. Die Mechanochemie ist eine vielversprechende nachhaltige Methode, bei der chemische Reaktionen durch mechanische Verfahren ausgelöst werden und weitgehend ohne Lösungsmittel auskommen.

Bisherige Untersuchungen zur Mechanochmie, deren “grünes” Potenzial in den letzten Jahren international immer stärker in den Fokus rückt, setzen auf die Verwendung von Kugelmühlen. Sie erlauben jedoch nur die Produktion von Substanzen im Labormaßstab. Für die industrielle Anwendung bietet der Einsatz von Extrudern eine vielversprechende Alternative, weil sie den Übergang zum großtechnischen Maßstab ermöglichen. Extruder sind weit verbreitete Geräte in der Fertigungstechnik, die in der Herstellung von Nahrungsmitteln, Kunststoffen, Baumaterialien sowie medizinischen und pharmazeutischen Produkten eingesetzt werden.

Bisher kein geeignetes Überwachungsverfahren

Allerdings fehlte bislang ein geeignetes In-situ-Überwachungsverfahren, um alle Schritte des aufwändigen Prozesses bei einer großindustriellen Fertigung kontrollieren und steuern zu können. Die bisher genutzte Raman-Spektroskopie ist nicht empfindlich genug, um umfassende Informationen über die komplexen chemischen Reaktionen in einem Extruder zu liefern.

Ein Team der BAM um Nikita Y. Gugin und Franziska Emmerling hat jetzt erfolgreich gezeigt, dass auch die energiedispersive Röntgendiffraktometrie (EDXRD) zur Überwachung von Extrudern eingesetzt werden kann. Diese Methode liefert viel detailliertere Informationen und wurde im Rahmen einer Forschungskooperation an der PSICHÉ-Beamline der nationalen französischen Synchrotron-Anlage SOLEIL, südwestlich von Paris, entwickelt. Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Chem veröffentlicht.

Daten von bisher unerreichter Qualität

Die BAM-Wissenschaftler*innen konnten die Wirksamkeit der In-situ-Überwachung mit EDXRD anhand vier typischer Modellreaktionen demonstrieren, darunter Prozesse mit anorganischen, metallorganischen und organischen Materialien. „Die Methode lieferte dabei durchweg Daten und Informationen von bisher unerreichter Qualität“, so BAM-Wissenschaftler Nikita Gugin. „EDXRD verbessert die Steuerung der mechanochemischen Reaktionen und ermöglicht die Skalierung für die industrielle Fertigung. Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass die Mechanochemie eine realisierbare Alternative zu herkömmlichen lösungsmittelbasierten Prozessen im großindustriellen Maßstab ist.“

Originalpublikation:

https://www.cell.com/chem/fulltext/S2451-9294(24)00376-0

Weitere Informationen:

https://www.bam.de/Content/DE/Pressemitteilungen/2022/Material/2022-11-24-mechan…

Media Contact

Oliver Perzborn Referat Kommunikation, Marketing
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften

Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Jetzt aber Futter bei die Fische – umweltfreundlich, bitte!

Mit der Wahl der richtigen Lebensmittel kann man viel für die eigene Gesundheit tun – und auch zu einem mehr oder weniger umweltfreundlichen Konsum beitragen. Das gilt auch für Fische…

Algen als Alleskönner

Forschende diskutieren in Bielefeld… Konferenz mit rund 100 Fachleuten aus 16 Ländern. Von Kosmetik bis Tierfutter: Algen gelten als vielversprechende Alternative, um ökologisch nachhaltige Produktionsmethoden für die Industrie zu entwickeln….

Energiesparendes Computing mit magnetischen Wirbeln

Brownsches Reservoir Computing ermöglicht, Handbewegungen mit den Bewegungen eines Skyrmions zu erkennen / Veröffentlichung in Nature Communications. Wissenschaftlern der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ist es gelungen, das Brownsche Reservoir Computing…

Partner & Förderer