Potenzielle Krebsmedikamente aus Bakterien
Naturstoff stört Teilungsvorgang der Zellen
In Kooperation mit der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF)in Braunschweig hat eine Arbeitsgruppe des Instituts für Pharmazeutische Biotechnologie an der Universität des Saarlandes einen Durchbruch bei der Entwicklung neuartiger Krebsmedikamente erzielt. Sie identifizierten die Gene, mit deren Hilfe Mikro-Organismen das Zellgift „Tubulysin“ bilden. Der natürliche Produktionsablauf soll mit Hilfe der Gentechnik gezielt angekurbelt werden.
Bei Tubulysin handelt es sich um ein Zellgift, das von im Boden lebenden Mikro-Organismen, den so genannten Myxobakterien, hergestellt wird. Die Anti-Krebs-Wirkung des Tubulysins basiert auf seiner spezifischen Wirkungsweise: Sie vernichtet Bestandteile des Zellskeletts, die grundlegend für die Transportvorgänge der Zelle sind und auch bei der Zellteilung zur Anwendung kommen. Der Teilungsvorgang wird durch das Zellgift so stark gestört, dass die Zellen absterben. Aufgrund der besonders intensiven Teilung von Krebszellen könnte mit Hilfe des Tubulysins das Tumorwachstum gehemmt oder komplett verhindert werden. Derzeit befindet sich der Wirkstoff in einer präklinischen Testphase.
Bei der pharmazeutischen Großproduktion des Tubulysins gibt es jedoch Schwierigkeiten. Die Myxobakterien produzieren nämlich nur sehr geringe Mengen der Substanz, deshalb bedeutet die natürliche Herstellung einen großen Aufwand mit großen Kosten. „Auch die Möglichkeit einer chemischen Synthese stellt sich als äußerst schwierig dar“, so der Biopharmazeut und Forschungsleiter Rolf Müller.
Die Gentechnik stellt eine vielversprechende Alternative dar: Über genetische Veränderungen könnte die Tubulysin-Biosynthese so modifiziert werden, dass größere Mengen der Substanz von den Bakterien produziert werden. Das bedingt, dass die Gene in den Bakterien erkannt und beschrieben werden, die für die Produktion des Tubulysins benötigt werden. Die Forscher haben es geschafft, die Position der entsprechenden Gene in der bakteriellen DNA zu identifizieren. „Die entsprechenden Gene liegen in einer charakteristischen Anordnung auf einem so genannten Gencluster zusammen“, so Müller. Nun könnten er und seine Kollegen Verfahren ausarbeiten, mit denen gezielt in die Biosynthese des Tubulysins eingegriffen werden kann, um die Produktion für eine pharmazeutische Anwendung zu optimieren. Die Pharmaindustrie signalisierte bereits Interesse an den aktuellen Forschungsergebnissen.
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