Emissions- und Geruchsoptimierung in Kunststoffen und Rezyklaten

Prof. Dr. Andrea Büttner, Mitglied des Board of Management Fraunhofer CCPE und Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV
Foto: Fraunhofer CCPE/Mike Henning

Die Geruchsbelastung von recycelten Kunststoffen stellt eine große Herausforderung für ihre Wiederverwertung dar und bedarf maßgeschneiderter Lösungen. Rezyklate können unangenehme Gerüche aufweisen, die aus verschiedenen Quellen stammen, wie z.B. mikrobiologischem Abbau oder Rückständen früherer Inhalte. Genau hier setzt das Fraunhofer CCPE compact am 05. Dezember 2024 zum Thema »Emission and odor optimization in plastics and recyclates« an. Prof. Andrea Büttner, Board of Management Member des Fraunhofer CCPE und Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV gibt hier im Interview bereits erste Antworten zu zentralen Fragestellungen.

Geruch ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal von Kunststoffen. Bei Rezyklaten gibt es aber oft ein Problem mit Geruchsbelastungen im Material. Wie entstehen diese und welchen Herausforderungen müssen wir uns bei der Geruchsneutralisation stellen?

Andrea Büttner: Die verschiedenen Stoffe, die speziell in Kunststoffverpackungsabfällen vorkommen, haben eine Reihe unterschiedlicher Gerüche. Dazu gehören auch schimmelig, käsig oder säuerlich riechende Moleküle. Derartige Verunreinigungen können aus unzähligen Quellen stammen und sind als Gerüche oft extrem hervorstechend, obwohl sie meist nur in recht niedrigen und schwer nachweisbaren Mengen vorliegen – eine Herausforderung für deren analytische Detektion und Bestimmung. Mit Hilfe von hoch spezialisierten Verfahren, die nicht nur hochauflösende Trenn- und Detektionsverfahren wie Massenspektrometrie umfassen, sondern auch die zielgerichtete Entschlüsselung von Geruchsstoffen mit trainierten Expertennasen, ist es uns nun erstmals gelungen, einige dieser Verunreinigungen in Kunststoffen zu identifizieren. Die Ergebnisse zeigen, dass neben Geruchsstoffen aus früheren Inhalten wie Lebensmitteln oder Reinigungsmitteln auch andere Prozesse zu den unangenehmen Gerüchen führen können. Dazu gehören der mikrobiologische Abbau organischer Substrate wie Lebensmittelreste, aber auch alternde Kunststoffe oder der thermische Abbau von Rest-Verschmutzungen im Recyclingprozess selbst. Eine zusätzliche Herausforderung während des Recycling-Prozesses selbst ist dann natürlich auch die Kombination bzw. weitere Reaktionen der geruchsaktiven Substanzen und anderer Begleitstoffe unter- und miteinander, die je nach Prozessierung immer neue Geruchsprofile hervorbringen können.

Sie forschen intensiv bei Fraunhofer CCPE an der qualitativen Aufwertung von Rezyklaten durch Geruchsoptimierung. Welche Ansätze gibt es?

Andrea Büttner: Die Ansätze sind mannigfaltig und reichen von der Reinigung und Sortierung von Kunststoffmüll über Abreicherung, beispielsweise durch lösemittelbasiertes Recycling, bis hin zu Additivierung von geruchsbindenden oder neutralisierenden Substanzen oder gezielten Beschichtungen, um eine Geruchsbarriere aufzubauen.

Generell wäre aber ein wichtiger Ansatz, einige Produkte komplett neu zu denken. Beispielsweise bringen viele Wasch- und Reinigungsmittel ebenso wie Kosmetikprodukte eine große Geruchsbelastung über ihre Verpackungsmaterialien mit. Hier sind die teils starken Beduftungsstrategien eine große Herausforderung ebenso wie die komplexen und sehr persistenten Geruchsstoffkompositionen. Hinzu kommt die dekorative Gestaltung von Verpackungen, die uns sehr fordert, wenn wir wieder geruchs- und farbneutrale Recyclingkunststoffe zurückgewinnen wollen. Aus diesen Gründen, aber auch weil ein relevanter Teil dieser Stoffe über Waschwasser und Emissionen seiner Wege geht und nicht unbedingt am Zielort, nämlich in den Nasen der Konsumentinnen und Konsumenten landet, muss man einige heutige Produkte und deren Darreichungsformen kritisch hinterfragen.

Welche Implikationen ergeben sich für die Herstellung und Verarbeitung der Kunststoffe? Auch im Bezug auf die Industrie?

Andrea Büttner: Die Industrie achtet zunehmend sehr genau auf gute »design-for-recycling« Regeln bei der Gestaltung ihrer Verpackungen und Produkte – wenngleich nicht überall auf der Welt, was eine Herausforderung ist in einem globalisierten Markt. Für die bestehenden Recyclingverfahren ist hier beispielsweise die richtige Kunststoffauswahl entscheidend. Es gibt sowohl günstige und für das Recycling vorteilhafte Monomaterialien als auch ungeeignete Materialpaarungen, wie z.B. PET/PVC-Kombinationen, die aber inzwischen fast nicht mehr produziert werden. Aber auch Druckfarben, Papieretiketten oder Kaschierkleber wurden ursprünglich nicht für ein Aufschmelzen beim Recyclingprozess entwickelt und können daher in ungünstigen Kombinationen zu starken Rezyklatgerüchen führen. Deshalb haben wir auch heute noch mit zahlreichen Eintragsquellen für Störstoffe zu tun, selbst wenn neue Produkte gemäß »design-for-recycling« global zum Standard werden sollten. Bis dahin ist noch ein weiter Weg zu gehen, und wir haben noch allerhand zu tun mit einer »alten« chemischen Welt. Daher entwickeln wir innerhalb des CCPE speziell angepasste Recyclingverfahren mit herausragender Reinigungsleistung, um eben diese Störstoffe, die auch nach bester industrieller Sortierung noch in den Kunststoff-Abfällen enthalten sind, vor dem Aufschmelzen (Regranulieren) effektiv zu entfernen.

Wie kann das zu einer Kreislaufwirtschaft beitragen? Gibt es noch Hürden, die überwunden werden müssen?

Andrea Büttner: Die oben genannten Forschungsansätze führen definitiv zu hochwertigeren Rezyklaten, die dann nach Möglichkeit auch wieder in ihren ursprünglichen Anwendungen und Märkten eingesetzt werden können, also eine echte »Kreislaufwirtschaft«. Experten nennen das »closed-loop Recycling«.

Dies konnten wir in CCPE bereits für eine Vielzahl von Anwendungen demonstrieren, sogar für die äußerst anspruchsvollen Faser- und Folienanwendungen. Aber im großen Marktbereich der kontaktsensitiven Verpackungen oder gar der Lebensmittelverpackungen mit Direktkontakt gilt es selbstverständlich, die hohen Anforderungen des Verbraucherschutzes, insbesondere zur lebensmittelrechtlichen Konformität, zu erfüllen. Hier bietet CCPE der Industrie eine sehr große Expertise zur sensorischen und instrumentell-analytischen Qualitätsbewertung und Prozessoptimierung an. Damit gehen wir optimistisch auch diese nächste Aufgabe an.

Sie können sich zur Online-Veranstaltung Fraunhofer CCPE compact »Emission and odor optimization in plastics and recyclates« am 05.Dezember 2024 von 14:00 Uhr bis 16:00 Uhr hier kostenfrei anmelden. Die Veranstaltung findet online auf Englisch statt.

Weitere Informationen:

https://www.ccpe.fraunhofer.de/de/aktuelles/veranstaltungen/2024/fraunhofer-ccpe… (Infos zur Veranstaltung)

http://www.umsicht.fraunhofer.de/

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Dipl.-Chem. Iris Kumpmann Abteilung Kommunikation
Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT

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