Kleben mit Stärke: biobasierte Klebstoffe für industrielle Anwendungen
Faltschachteln gelten als nachhaltige Verpackungslösungen für zahlreiche Produkte des Alltags – ob Frühstücksflocken, Elektronikartikel, Medikamente oder Parfüm. Gefertigt aus Papier und Pappe sind Faltschachteln ressourcenschonend in der Herstellung, biologisch abbaubar und lassen sich gut recyceln. Für die rundum nachhaltige Herstellung fehlen bislang jedoch umweltfreundliche Klebstoffe. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP entwickeln und testen im Projekt Sustainable Gluing With Renewable Adhesives SUGRA biobasierte Klebstoffe für die industrielle Herstellung von Faltschachteln.
Dispersionsklebstoffe aus synthetischen Polymeren setzen bislang den Standard für die industrielle Fertigung von Faltschachteln auf schnell laufenden Produktionsmaschinen. Ihr Nachteil: Sie bestehen überwiegend aus fossilen Rohstoffen. Forschende am Fraunhofer IAP wollen das ändern. Zusammen mit Partnern aus der Industrie und der Wissenschaft arbeiten sie an biobasierten Klebstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen.
Biobasierte Klebstoffe: vom Labor in die Industrie
Klebstoffe für Faltschachteln erfüllen hohe Anforderungen. »Die Auftragsqualität, die Abbindezeit und die Anfangsklebkraft des Klebstoffs, der sogenannte Anfangstack, sind wichtige Faktoren, damit die Fertigung von Faltschachteln auf schnell laufenden Produktionsmaschinen gelingt«, erläutert Dr. Jens Buller, Leiter der Abteilung Stärkemodifikation / Molekulare Eigenschaften am Fraunhofer IAP. Moderne Faltschachtelklebemaschinen erreichen Produktionsgeschwindigkeiten bis zu 600 Meter pro Minute. Dabei bleiben nur wenige Sekunden Zeit, um eine stabile Klebeverbindung zu erzeugen. Die kleinen Klebelaschen in Faltschachteln erfordern zudem einen besonders präzisen Klebstoffauftrag. Der Kleber darf weder spritzen, noch tropfen oder Fäden ziehen. Gelangt er in Bereiche, die klebstofffrei bleiben sollen, können Innenverklebungen entstehen, die ein Aufrichten der Verpackung und somit deren Nutzung unmöglich machen.
Synthetische Polymere in Dispersionsklebstoff durch modifizierte Stärkeprodukte ersetzen
»Schon die Wahl des Rohstoffs, wirkt sich auf die Eigenschaften des Klebstoffs aus. Er beeinflusst beispielsweise maßgeblich, ob der Klebstoff Fäden bildet«, so Dr. Jens Buller. Das Team am Fraunhofer IAP hat modifizierte Stärkeprodukte charakterisiert, analysiert und bewertet, um den geeigneten Rohstoff zu bestimmen. Den hohen Anfangstack, die kurze Abbindezeit sowie das notwendige Fließ- und Auftragsverhalten des Klebstoffs für die industrielle Herstellung von Faltschachteln erreichen die Forschenden durch weitere Modifizierungen der Stärke und die Formulierung zu Stärkeklebstoffen. Bei der Entwicklung stellen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sicher, dass der Klebstoff lebensmittelkonform ist.
Erfolgreiche Tests: biobasierte Klebstoffe im Einsatz
Die Auftragsqualität der biobasierten Klebstoffvarianten wurde bereits erfolgreich in Kooperation mit Industrieunternehmen auf Hochgeschwindigkeitsmaschinen mit Düsenauftrag getestet. Zudem konnten die hohe Anfangshaftung sowie die Stabilität der Klebenaht bei hoher Luftfeuchtigkeit und Temperatur nachgewiesen werden. Bei der Entwicklung des Klebstoffs gehen die Forschenden ganzheitlich vor: Zusammen mit den Partnern Baumer hhs GmbH, PTS – Institut für Fasern & Papier gGmbH und dem Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST betrachten sie das Zusammenspiel des Stärkeklebers mit dem Equipment, den Bedingungen und dem Umfeld der Faltschachtelproduktion. »Unsere Ergebnisse zeigen, dass biobasierte Stärkeklebstoffe geeignet sind, um synthetische Polymere in der Faltschachtelherstellung zu ersetzen. Zudem können Sie Recyclingprozesse aufgrund ihrer guten Löslichkeit erheblich vereinfachen. Wir ebnen damit den Weg für ganzheitlich umweltfreundliche und nachhaltige Verpackungen«, resümiert Dr. Buller.
Über das Projekt Sustainable Gluing With Renewable Adhesives SUGRA
Das Forschungsprojekt mit dem Förderkennzeichen 2220NR168B wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert.
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