Große Akupunkturstudie läuft an
Der Akupunktur haftet immer noch kein einwandfreier Ruf an – jetzt kommt sie auf den Prüfstand. Ob sie wirklich gegen chronische Schmerzen hilft und welche der zahlreichen Akupunkturmethoden am besten wirkt, wollen Mediziner mit Hilfe einer großangelegten Studie herausfinden. In drei Jahren sollen die ersten Ergebnisse von etwa 500.000 Patienten vorliegen.
Sie ist zwar eine der ältesten und verbreitetsten Therapieformen überhaupt und mittlerweile auch hierzulande gut akzeptiert, jedoch haftet der Akupunktur immer noch kein einwandfreier Ruf an – jetzt kommt sie auf den Prüfstand. Ob sie wirklich gegen chronische Schmerzen hilft, möglicherweise sogar besser als Standardmethoden wie Schmerzmittel, und welche der zahlreichen Akupunkturmethoden am besten wirkt, wollen Mediziner mit Hilfe einer großangelegten Studie herausfinden. Im März 2001 ist „GERAC“, die German Acupuncture Trial angelaufen (Leitung und zentrale Koordination: Abteilung Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, wissenschaftliche Begleitung: Dr. med. Dipl.-Chem. Heinz Endres). In drei Jahren sollen die ersten Ergebnisse von etwa 500.000 Patienten vorliegen.
Dauerhaftes Leiden ist häufig und teuer
Obwohl in Deutschland über 20.000 Ärzte verschiedene Formen der Akupunktur anwenden und die Krankenkassen ca. 600 Mio. DM jährlich an Kosten dafür übernehmen, fehlen gesicherte Erkenntnisse aus ausreichend großen klinischen Studien zur Wirksamkeit der Nadeln. Durch eine Kombination mehrerer Einzelstudien wollen die Wissenschaftler nun Klarheit schaffen. 500.000 Akupunkturpatienten aus ganz Deutschland werden über drei Jahre hinweg mittels Meldebogen registriert. Diese große Zahl ist vor allem wegen der geringen Wahrscheinlichkeit ernsthafterer Nebenwirkungen (ca. 1:20.000) notwendig. Alle Patienten leiden an chronischen Schmerzen, d.h. ihre Beschwerden halten seit mindestens sechs Monaten an. Chronische Schmerzzustände sind das Hauptanwendungsgebiet der Akupunktur in der westlichen Welt. Zugelassene Diagnosen sind neben fortdauernden Kopfschmerzen (Migräne oder Spannungskopfschmerz) chronische Rückenschmerzen oder Gelenkschmerzen durch Arthrose (Gelenkverschleiß). Die Arthrose ist die teuerste Erkrankung überhaupt, Lendenwirbelsäulenbeschwerden die häufigste.
Fragebögen geben Aufschluss
Eine bereits im Frühjahr angelaufene Studie soll Basisdaten zur Anwendung der Akupunktur in Deutschland liefern: wie häufig die Akupunktur bei welcher Diagnose zum Einsatz kommt, die Geschlechts- und Altersverteilung der Patienten, der Erfolg der Akupunkturbehandlung und wie häufig welche Nebenwirkungen vorkommen. Jeder Patient erhält zehn Akupunktursitzungen über einen Behandlungszeitraum von fünf bis sechs Wochen. Direkt nach Abschluss der letzten Akupunktursitzung füllt der Arzt einen Fragebogen aus, in dem der Erfolg der Akupunktur und eventuelle Nebenwirkungen dokumentiert sind. Zufällig ausgewählte zehn Prozent der Patienten erhalten sechs Monate nach Beginn der Behandlung noch einen zusätzlichen Fragebogen per Post, in dem sie ihre eigene Einschätzung der Akupunktur und ihres Erfolges angeben.
Vergleich: Standard oder Nadeln
Eine darin eingebettete zweite Studie mit 3600 Patienten vergleicht die Wirksamkeit der Akupunktur gegenüber einer Scheinakupunktur bei allen zugelassenen Diagnosen. Die Akupunkturpunkte sowohl für die reguläre Akupunktur als auch für die Scheinakupunktur wurden von verschiedenen Akupunkturgesellschaften in Deutschland übereinstimmend festgelegt. Für einen zusätzlichen Vergleich mit einer etablierten Standardtherapie wird eine Gruppe von Patienten ganz ohne Akupunktur nur mit Standardmitteln behandelt werden. Patientinnen und Patienten, die an dieser zweiten Studie teilnehmen, erhalten zufällig („randomisiert“) eine der drei möglichen Behandlungen. Auch die randomisierten Studie setzt auf Fragebögen; für den Arzt direkt nach Ende der Behandlung und für den Patienten vor der Behandlung sowie sechs Monate danach. Mit ersten aussagefähigen Resultaten rechnen die Forscher für März 2004.
Weitere Informationen
Dr. med. Dipl.-Chem. Heinz Endres, Abteilung Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Medizinische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-26564, Fax: 0234/32-06564, E-Mail: heinz.endres@ruhr-uni-bochum.de
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