Betreutes Wohnen: Wie unterschiedlich leben behinderte Männern und Frauen?
Ab November 2004 wird an der Universität Siegen wissenschaftlich erforscht, wie sich die Lebenssituationen von behinderten Frauen und Männern von einander unterscheiden. Dabei soll untersucht werden, wie sich Unterschiede beider Geschlechter auf den Bedarf im Rahmen der Behindertenhilfe speziell beim ambulant betreuten Wohnen auswirken. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), Träger von Leistungen für rund 45.000 behinderte Menschen in der Region, hatte das „Zentrum für Planung und Evaluation der Universität Siegen“ (ZPE) gebeten, das ambulant betreute Wohnen unter dem so genannten Gender-Aspekt zu untersuchen.
Dies ist Teil einer vom Land NRW finanzierten, mehrjährigen Begleitforschung. Für das Leben in eigener Wohnung mit Betreuung haben sich bisher über 8.200 behinderte Menschen in Westfalen-Lippe entschieden. Geplant ist ein weiterer Ausbau. Der Forschungszweig fällt unter den Begriff „Gender Studien“. Gender ist der Begriff für das soziale Geschlecht. Gemeint sind damit alle geschlechtsbezogenen Unterschiede, die durch die Lebenswirklichkeiten bedingt und geprägt sind (nicht der biologische Unterschied). Dieser Untersuchungsansatz, der relativ neu ist, soll zu mehr „Passgenauigkeit“ sozialer Maßnahmen beitragen und damit letztendlich zu mehr Geschlechtergerechtigkeit.
Irmgard Große-Kleimann, Leiterin der Statistischen Abteilung beim LWL erläuterte am Donnerstag in Siegen die Forschungsfragen: „Wenn Heimaufenthalt und ambulant betreutes Wohnen mit einander verglichen werden, stellen dann zum Beispiel Frauen die größeren Anteile als Män-ner an der Bewohnerklientel im betreuten Wohnen, weil sie möglicherweise ausgeprägtere „Alltagskompetenzen“ besitzen? Unterscheiden sich durchschnittlicher Betreuungsumfang und die Betreuungsdauer von Frauen und Männern deutlich? Gibt es unterschiedliche Wohnpräferenzen – Einzelwohnen, Paarwohnen, betreute Wohngemeinschaften – nach Alter und Geschlecht, etwa in dem Sinn, dass Männer das Einzelwohnen und Frauen das Wohnen in Gemeinschaften bevorzugen?“
Weitere Antworten erwarten die Auftraggeber auf die Frage nach geschlechtsspefizischen Differenzen in den Ereignissen und im Ablauf von Kriseninterventionen. Thomas Profazi, Leiter der Behindertenhilfe beim LWL: „Äußern Frauen und Männer unterschiedliche Wünsche zum Geschlecht des Betreuungspersonals? Legen Frauen beispielsweise Wert darauf, von weiblichem Personal betreut zu werden?“
Mit den Ergebnissen rechnen die Forscher voraussichtlich in zwei bis drei Jahren. Dann werde auch entschieden, wie die Forschungsergebnisse in die Praxis einfließen.
Kontakt und Info:
Thomas Profazi (Referatsleiter Behindertenhilfe in der LWL-Abteilung Soziales, Pflege und Rehabilitation)
Tel.: 0251/591-3692
E-Mail: t.profazi@lwl.org
Prof. Dr. Norbert Schwarte
Universität Siegen
Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste
Tel.: 0271/740-4484,-2228
E-mail: sekretariat@zpe.uni-siegen.de
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