Genfähren aus dem Katalog
Der Europäische Forschungsverbund AGRIKOLA baut eine umfangreiche RNA-Interferenz-Bibliothek auf. Sie soll dabei helfen, die Funktion von Pflanzengenen zu entschlüsseln.
Welches Gen macht was? Um diese Frage zu beantworten, können Pflanzenforscher bald auf ein neues Hilfsmittel zurückgreifen. Wissenschaftler des AGRIKOLA-Verbundes stellen zurzeit eine Bibliothek von über 60.000 DNA-Vektoren für die Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) zusammen. Mit diesen speziellen Genfähren kann die Rolle einzelner Gene aufgedeckt werden. Erste Ergebnisse haben die Forscher nun in der Fachzeitschrift Genome Research (Bd. 14(10B), S. 2176-89, 2004) veröffentlicht. An dem Projekt beteiligen sich sechs Forschungsinstitute aus Belgien, Deutschland, England, Frankreich und Spanien. Aus Deutschland ist das Institut für Biochemie und Biologie der Universität Potsdam in Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm dabei. Die Abkürzung AGRIKOLA steht für „Arabidopsis Genomic RNAi Knock-out Line Analysis“.
Die Vektor-Bibliothek soll als Ressource für die Forschung mit der RNA-Interferenz-Methode dienen. Mit dieser Methode versuchen Wissenschaftler der Funktion einzelner Gene auf die Schliche zu kommen. Dazu zerhacken sie zunächst doppelsträngige RNA in kleine Stücke. Mit Hilfe dieser Fragmente können sie dann die Aktivität einzelner Gene oder ganzer Genfamilien gezielt verringern. Dadurch verändern sich die Eigenschaften einer Pflanze sichtbar oder messbar. Diese Abweichungen liefern Hinweise auf die Rolle, die das je-weilige Gen oder die Genfamilie spielt. Um die RNA-Bruchstücke in eine Pflan-ze einzuschleusen, sind Vektoren als Genfähren notwendig.
20.000 solcher spezifischen Vektoren haben die AGRIKOLA-Forscher mittlerweile hergestellt. Die fertigen Genfähren können Wissenschaftler aus aller Welt künftig aus einem Katalog auswählen, über Ressourcenzentren bestellen und für ihre Forschung verwenden. Außerdem werden im Rahmen des Projekts mit etwa 5000 der Vektoren rund 50.000 veränderte Pflanzen erzeugt. Das Saatgut können Wissenschaftler in Zukunft ebenfalls über die öffentlichen Ressourcenzentren erhalten. So können sie direkt Pflanzen aufziehen, in denen ein bestimmtes Gen ausgeschaltet ist.
Gefördert wird das AGRIKOLA-Vorhaben von der Europäischen Union. Es nutzt die Ressourcen des CATMA-Projekts (Complete Arabidopsis Transcript MicroArray), das französische und belgische Forschergruppen bereits 1999 ins Leben gerufen haben. Später kamen Gruppen aus anderen Ländern hinzu; Deutschland beteiligte sich im Rahmen des nationalen Pflanzengenom-Programms GABI im Rahmen eines Projekts am Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik in Berlin. Im Rahmen von CATMA wurden ca. 25.000 verschiedene spezifische Genabschnitte von Arabidopsis hergestellt. Diese bilden nun die Grundlage für die Vektor-Bibliothek.
Der AGRIKOLA-Verbund beteiligt sich auch an den Arbeiten, die das Multinational Arabidopsis Steering Committee auf globaler Ebene koordiniert. Das Ziel ist es, die Rolle aller Arabidopsis-Gene bis zum Jahr 2010 zu entschlüsseln. Bisher sind nur die Funktionen von 5000 der 25.000 bis 28.000 Gene der Ackerschmalwand bekannt. Die Erkenntnisse sollen dazu beitragen, die Abläufe im Inneren von Pflanzenzellen auf molekularer Ebene besser zu verstehen. Dieses Wissen ist von weit reichendem Nutzen für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt.
Kontakte für weitere Informationen:
Professor Dr. Thomas Altmann
Universität Potsdam
Institut für Biochemie und Biologie
– Genetik –
Karl-Liebknecht-Str. 24-25, Haus 26
14476 Golm
Germany
Tel: +49 (0)331 977 5580
Fax: +49 (0)331 9775582
E-mail: taltmann@rz.uni-potsdam.de
Dr. Wilfried Nietfeld
Max-Planck-Institute for Molecular Genetics
Department of Vertebrate Genomics
Ihnestrasse 73
14195 Berlin-Dahlem
Germany
Tel: +49(0)30 – 8413 1405
Fax: +49(0)30 – 8413 1128
E-mail: Nietfeld@molgen.mpg.de
Ian Small (AGRIKOLA Koordinator)
Unité de Recherche en Génomique Végétale (URGV)
2, rue Gaston Crémieux CP5708
91057 Evry Cedex
France
Tel: +33 1 60874508
Fax: +33 1 60874510
E-mail: small@evry.inra.fr
Pierre Hilson (CATMA Koordinator)
Functional Genomics Division
Department of Plant Systems Biology
VIB – Ghent University
Technologiepark 927
9052 Ghent
Belgium
Tel: +32 9 331 38 30
Fax: +32 9 331 38 09
E-mail: pihil@psb.ugent.be
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.mpimp-golm.mpg.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Ist der Abrieb von Offshore-Windfarmen schädlich für Miesmuscheln?
Rotorblätter von Offshore-Windparkanlagen unterliegen nach mehrjährigem Betrieb unter rauen Wetterbedingungen einer Degradation und Oberflächenerosion, was zu erheblichen Partikelemissionen in die Umwelt führt. Ein Forschungsteam unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts hat jetzt…
Per Tierwohl-Tracker auf der Spur von Krankheiten und Katastrophen
DBU-Förderung für Münchner Startup Talos… Aus dem Verhalten der Tiere können Menschen vieles lernen – um diese Daten optimal auslesen zu können, hat das Münchner Startup Talos GmbH wenige Zentimeter…
Mit Wearables die Gesundheit immer im Blick
Wearables wie Smartwatches oder Sensorringe sind bereits fester Bestandteil unseres Alltags und beliebte Geschenke zu Weihnachten. Sie tracken unseren Puls, unsere Schrittzahl oder auch unseren Schlafrhythmus. Auf welche Weise können…