Atmosphärenforscher untersuchen Ursachen des Klimawandels am Äquator

Große Gebiete der tropischen Regenwälder in Afrika und Südamerika fallen Brandrodungen zum Opfer. Die Luftschadstoffe und Treibhausgase wie Kohlendioxid aus diesen Bränden verbreiten sich über große Entfernungen und beeinflussen das globale Klima ganz wesentlich. Denn es besteht eine direkte Verbindung zwischen den Luftmassen der Tropen und der Polargebiete. Doch anders als in den Polarregionen ist über das atmosphärische Geschehen in den Tropen bislang sehr wenig bekannt. Atmosphärenforscher der Universität Bremen und des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven haben jetzt im Rahmen einer internationalen Kampagne mit Methoden der Erdfernerkundung die Zusammensetzung und Prozesse in der tropischen Atmosphäre vom Erdboden bis in 30 Kilometer Höhe erfasst.


Mit aufwändigen mathematischen Verfahren werden die Daten jetzt ausgewertet, um Informationen über die Konzentration und den Transport von umweltschädigenden Spurengasen aus den Biomasseverbrennungen, den Wasserdampfgehalt der Atmosphäre, die Stärke der Ozonschicht, die Variabilität der UV-B-Strahlung sowie über die Bildung von Eiswolken (Zirren) zu erhalten. Diese Kenntnisse sind erforderlich, um die weltweite Klimaentwicklung verstehen und vorhersagen zu können – und um vielleicht noch rechtzeitig bei den von Menschen verursachten Klimaproblemen durch geeignete Maßnahmen, wie zum Beispiel denen im Kyoto-Protokoll festgelegten, einzugreifen.

Die Atmosphäre und ihre Zusammensetzung spielt eine zentrale Rolle für das Klima unserer Erde. Die für das Klima wichtigsten Höhenbereiche der Atmosphäre sind die Troposphäre und die Stratosphäre. Die Troposphäre reicht von der Erdoberfläche bis etwa 15 km Höhe. Hier findet das gesamte Wettergeschehen statt, also Wolkenbildung, Regen, Wind oder Stürme treten in diesem unteren Stockwerk der Atmosphäre auf. Die Stratosphäre schließt sich an und reicht ungefähr bis zu einer Höhe von 50 km. In der Stratosphäre befindet sich die lebenswichtige Ozonschicht, die uns vor der UV-B-Strahlung schützt und deren Abnahme insbesondere in den Polargebieten (Ozonloch) in den vergangenen 20 Jahren Anlass zu großer Sorge gibt. Die verschiedenen Stockwerke der Atmosphäre sind miteinander gekoppelt und alle Schichten beeinflussen das globale Klima, so zum Beispiel über die Kohlendioxid-Emissionen (CO2) durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe oder die Emissionen der Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW).

Aktiv und passiv – zwei Methoden der Erdfernerkundung

In den Tropen gibt es für die Luftmassen der Troposphäre quasi einen Kamineffekt. Die Luftmassen steigen aufgrund der sehr hohen Sonneneinstrahlung und der damit verbundenen Erwärmung rasch auf und gelangen von der Troposphäre in die Stratosphäre. Von der tropischen Stratosphäre werden die Luftmassen dann in die mittleren und hohen Breiten transportiert und in den Polargebieten sinken sie ab und treten wieder in die Troposphäre ein. Die Tropen spielen somit eine zentrale Rolle für das globale Klima und es existiert ein direkter Zusammenhang zwischen den Luftmassen der Tropen und der Polargebiete. Besonders bedeutsam ist der Bereich zwischen der Troposphäre und Stratosphäre. Abgesehen von gezielten Flugzeugkampagnen gab es bislang allerdings nur wenige atmosphärische Messungen im Bereich der Tropen.

Im Rahmen des internationalen, von der Europäischen Union geförderten Projektes STAR (Support for Tropical Atmospheric Research) und des von der Helmholtz-Gesellschaft geförderten virtuellen Institutes PEP (Pole – Equator – Pole) wurde in den Tropen kürzlich eine erste Kampagne mit bodengebundenen Fernerkundungsinstrumenten durchgeführt. Die Atmosphärenforscher unter Leitung der Professoren Justus Notholt (Uni Bremen) und Otto Schrems (Alfred-Wegener-Institut), Bremerhaven, untersuchten dabei die Zusammensetzung der gesamten tropischen Atmosphäre vom Erdboden bis in 30 km Höhe und darüber hinaus.

Die an der Kampagne beteiligten Forscher haben bislang überwiegend Messungen in den eisigen Polargebieten durchgeführt und dort umfangreiche Erfahrungen beim Betrieb der Meßsysteme unter extremen Bedingungen sammeln können. In den Polargebieten und jetzt in den Tropen kamen dabei sowohl „passive“ als auch „aktive“ Methoden zum Einsatz. Bei der „passiven“ Methode nutzt man die Abschwächung der Sonnenstrahlung durch die Spurenstoffe in der Atmosphäre aus. Hierfür setzt man hochauflösende Infrarotspektrometer ein. Mit aufwendigen Auswerteverfahren erhält man die Konzentrationen der Spurenstoffe bis in ca. 30 km Höhe. Beim „aktiven“ Verfahren, der Lidar-Methode, wird ein Laserstrahl in die Atmosphäre gesendet und das von Molekülen oder Partikeln zurückgestreute Licht liefert die Konzentrationsprofile der zu untersuchenden Substanzen.

High-Tech-Messinstrumente in transportablen Laborcontainern

Die vom Alfred-Wegener-Institut, Uni Bremen und weiteren Instituten durchgeführte Messkampagne fand bei tropischen Temperaturen, hoher Luftfeuchtigkeit in den Monaten September bis November 2004 in Paramaribo, der Hauptstadt von Surinam statt. Surinam liegt im Norden von Südamerika und grenzt im Osten an Französisch Guyana, im Süden an Brasilien, Guyana im Westen und im Norden an den Atlantischen Ozean. Für diese Messungen musste die gesamte benötigte Technik einschließlich eines leistungsfähigen Stromgenerators ins Land gebracht werden. Die für die Kampagne eingesetzten, hochsensiblen High-Tech-Messinstrumente sind in klimatisierten Laborcontainern untergebracht, die im Sommer von Deutschland auf dem Seeweg nach Surinam transportiert worden waren.

Gemessen wurden die Konzentration und der Transport von Spurenstoffen in der Atmosphäre, die Variabilität der an der Erdoberfläche ankommenden UV-Strahlung, sowie der Wasserdampfgehalt der Atmosphäre. Gezielt wurden auch die hohen Eiswolken (Zirren) beobachtet, deren Bildung und Einfluss auf den Strahlungshaushalt noch weitgehend unbekannt ist. Derartige Untersuchungen sind zum Verständnis des Strahlungshaushalts und zur Untersuchung des Transportes von Verbrennungsprodukten in der Atmosphäre von großer Bedeutung. Eine weitere Messkampagne wird in der kommenden Trockenzeit im Februar/März 2005 durchgeführt.

Bei der Vorbereitung und Durchführung des Forschungsprojektes waren auch die jungen Firmen Impres GmbH aus Bremen und Isitec GmbH aus Bremerhaven beteiligt, zwei Unternehmen, die sich auf die Entwicklung und den mobilen Einsatz wissenschaftlicher Meßsysteme spezialisiert haben. Die Messungen und erste Analysen vor Ort wurden von Dr. Franz Immler vom Alfred-Wegener-Institut und Dr. Thorsten Warneke von der Uni Bremen vorgenommen. Die Kampagne zeigt auch, wie vielfältig die Forschungseinrichtungen der „Stadt der Wissenschaft 2005: Bremen und Bremerhaven“ und Unternehmen des Landes Bremen in wissenschaftlichen Projekten zusammenarbeiten.

Zur Unterstützung solcher globaler Forschungsaktivitäten wie die geschilderte Messkampagnen wurde im September 2004 von der Helmholtz-Gemeinschaft das virtuelle Institut PEP unter Beteiligung des Alfred-Wegener-Institutes in Bremerhaven & Potsdam, des Forschungszentrums Karlsruhe sowie der Universitäten Bremen und Potsdam gegründet. Gemeinsam wollen die beteiligten Umwelt-Wissenschaftler des virtuellen Institutes anhand einer Kette von Messstationen von der Arktis über mittlere Breiten, die Tropen bis zur Antarktis zusammen mit Modellrechnungen untersuchen, wie die Emissionen klimarelevanter Substanzen in der Atmosphäre transportiert und umgewandelt werden. Derartige Untersuchungen sind z.B. auch im Rahmen des Kyoto-Protokolls wichtig. Die Emissionen von Treibhausgasen (z.B. CO2) sind durch das Kyoto-Protokoll reglementiert. Bis zum Ende der Weltklimakonferenz in Buenos Aires am 16. Dezember 2004 hatten 132 Staaten das Kyoto-Protokoll ratifiziert.

Weitere Informationen:

Universität Bremen
Fachbereich Physik/Elektrotechnik
Institut für Umweltphysik
Prof. Dr. Justus Notholt
Tel. 0421 218 8982
Email: jnotholt@iup.physik.uni-bremen.de

und

Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung Bremerhaven
Fachbereich Klimasystem
Prof. Dr. Otto Schrems
Tel. 0471 4831 1480
Email: oschrems@awi-bremerhaven.de

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Angelika Rockel idw

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