Büroarchitektur auf dem Prüfstand
Das Arbeitsklima muss stimmen – im wahrsten Sinne des Wortes: Es soll weder zu kalt sein noch zu feucht. Doch die Behaglichkeit der Mitarbeiter darf nicht zu viel Strom kosten. In einem Versuchsgebäude testen Forscher Fassaden & Co auf Energieeffizienz und Behaglichkeit.
Die tief stehende Wintersonne scheint durch die Glasfassade auf den Monitor – Zahlen und Buchstaben werden unleserlich. Mitarbeiter wehren sich gegen das grelle Licht durch einen Sonnenschutz, der sich meist außen am Gebäude befindet. Doch dieser wiederum lässt die wärmenden Sonnenstrahlen nicht in das Büro. Ein innen liegender Schutz dagegen hält das störende Licht draußen, unterstützt aber die Heizanlage. Doch wie wirkt sich der Lamellenwinkel im Sommer auf die Wärmeentwicklung im Büro aus? Wie wohl fühlen sich die Mitarbeiter mit dieser Vorrichtung? Solche Fragen werden drängender, weil Bürogebäude ab Januar 2006 die Europäische Energieeffizienz-Richtlinie erfüllen müssen. Für Architekten und Bauherren heißt das: Die künftigen Gebäude müssen gesamtenergetisch optimiert sein. Dafür brauchen sie einen Wärmeschutz und eine möglichst energiesparende Heizung. Auch Beleuchtung und Klimatisierung dürfen nicht zu viel Strom fressen.
Forscher vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP in Holzkirchen wollen nun den Energieverbrauch verschiedener Gebäudeentwürfe samt Klimaanlagen, Beleuchtungen sowie Blendschutz minimieren und gleichzeitig den individuellen Komfort am Arbeitsplatz verbessern. Dafür haben sie ein dreigeschossiges Versuchsgebäude errichtet, die „Modulare Versuchseinrichtung für energetische und raumklimatische Untersuchungen“, kurz VERU. „Wir untersuchen vor allem, wie sich verschiedene Fassadensysteme und Anlagentechniken auf das Klima der einzelnen Räume auswirken“, erklärt Herbert Sinnesbichler, stellvertretender Abteilungsleiter am IBP. Wände, Zwischendecken und Dachelemente können die Forscher zum Teil herausnehmen, um Großraumbüros, mehrgeschossige Räume oder transparente Dachteile zu simulieren. Im ersten Großversuch integrierten die Forscher über 50 unterschiedliche Technologien in die zwölf verschiedenen Testräume. „Mit über 250 Sensoren ermitteln wir diverse Energieströme, die Luftfeuchtigkeiten und -geschwindigkeiten, Temperaturen und Beleuchtungsstärken“, erläutert Sinnesbichler. „Zudem misst eine mit zahlreichen beheizbaren Sensoren gespickte Dummy-Puppe die thermische Behaglichkeit am Arbeitsplatz.“
Im September 2004 ist das Projekt gestartet. An ihm beteiligen sich zahlreiche Industriepartner aus unterschiedlichen Bereichen wie Fassadenbau, Sonnenschutzsysteme sowie Heiz- und Raumlufttechnik. Erste, aussagekräftige Ergebnisse erwarten die Forscher für den kommenden April.
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