Minijobs, Ich-AG und 1 €-Jobs als Motor für mehr Angebote in der Kinderbetreuung?
Institut Arbeit und Technik warnt: Qualität ist nicht kostenlos zu haben
Die Zahl der Kinderbetreuungsangebote insbesondere für die unter Dreijährigen soll in den nächsten Jahren deutlich ausgeweitet werden. Dies betrifft vor allem Westdeutschland, wo derzeit für nur rund 3 Prozent der Kinder in dieser Altersstufe Angebote zur Verfügung stehen. Da die Schaffung neuer Kindertagesstätten teuer ist, wird dabei von der Politik auch auf ein größeres Angebot von Tagesmüttern gesetzt, die in ihrem Haushalt ein oder mehrere Kinder betreuen. Bislang wird dies z.T. unter Mitwirkung der Jugendämter organisiert, oft aber auch auf privater Basis. Aber wie lassen sich mehr Frauen (Männer sind in der Kindertagespflege bislang eher Exoten) für diese Aufgabe gewinnen? Können die neuen arbeitsmarktpolitischen Instrumente wie Minijobs und Ich-AG’s dazu beitragen, dass das bislang eher schlecht bezahlte Arbeitsfeld der Tagespflege attraktiver wird? Dies ist nach Einschätzung der Arbeitsmarktforscherin Dr. Claudia Weinkopf vom Institut Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen) allerdings zweifelhaft. „Vor überzogenen Hoffnungen ist nachdrücklich zu warnen“. Fraglich erscheint zudem, ob es sich hierbei – wie angestrebt – um qualitativ hochwertige Angebote in der Kindertagespflege handeln wird.
Die Gründe für diese eher skeptische Einschätzung sind vielfältig. Es bleibt das grundsätzliche Problem, dass damit eine existenzsichernde Vergütung und ausreichende soziale Absicherung von Tagesmüttern und Kinderfrauen ermöglicht wird. Dies liegt insbesondere daran, dass Minijobs und Ich-AG ja erklärter Maßen gerade auf die Ausweitung von eher niedrig bezahlter und damit häufig nicht existenzsichernder Erwerbsarbeit zielen.
Solche Formen der Erwerbstätigkeit können sich aber tendenziell nur diejenigen „leisten“, die anderweitig finanziell und sozial abgesichert sind. Diese Gruppe wird allerdings zunehmend kleiner. Die abgeleitete Absicherung über einen gut verdienenden Ehemann erweist sich spätestens im Fall der Trennung als prekär. Und selbst, wenn die Beziehung hält, ist keineswegs automatisch sicher gestellt, dass der Ehemann auf Dauer ein Einkommen erzielt, mit dem eine Familie ernährt werden kann. Gegenüber einem offiziellen Minijob bleibt Schwarzarbeit in der Kindertagespflege für die Beschäftigten in vielen Fällen attraktiver. Zudem eignen sich diese Arbeitsformen aufgrund der niedrigen Einkommensgrenze von 400 ¤ tendenziell eher für einen zeitlich eng begrenzten Betreuungsbedarf und kleine Gruppen bzw. Einzelbetreuung.
Die Ich-AG bietet noch die größten Potenziale, die Einkommenssituation von Tagesmüttern zu verbessern und damit auch die Attraktivität solcher Tätigkeiten zu erhöhen. Im Vergleich zu einer ungeförderten selbständigen Tätigkeit als Tagesmutter, die für ihre soziale Absicherung sorgt, liegt das erzielbare Einkommen bei einer Ich-AG durch die öffentlichen Zuschüsse und die günstigeren Sozialversicherungsbeiträge deutlich höher. Dies gilt aber lediglich für den Zeitraum von drei Jahren. Eine erhebliche Einschränkung besteht zudem darin, dass die Gründung einer Ich-AG grundsätzlich nur Arbeitslosen mit Leistungsanspruch möglich ist. Bislang kommen aber nur wenige Tagesmütter aus dieser Gruppe.
Dies könnte sich künftig im Zuge der verstärkten „Aktivierung“ von Arbeitslosen ändern, die ein zentraler Baustein der neuen Arbeitsmarktpolitik ist. Verstärkt könnten arbeitslose Frauen dazu gedrängt werden, sich in der Kindertagespflege beruflich zu engagieren – zumal vielfach angenommen wird, Kinderbetreuung sei eine „einfache“ Dienstleistung, die keine besonderen Qualifikationen erfordere oder jedenfalls nur solche, über die Frauen bereits „qua Geschlecht“ verfügten. „Wenn aber Personen, die weder über die erforderlichen Kompetenzen verfügen noch hieran überhaupt Interesse haben, verstärkt in der Kindertagespflege tätig werden, besteht die Gefahr, dass die Ausweitung der Angebote auf Kosten der Qualität geht“, kritisiert die IAT-Forschungsdirektorin.
Zusätzliche qualifizierte Angebote lassen sich nur erschließen, wenn eine Tätigkeit in der Kindertagespflege insgesamt attraktiver ausgestaltet wird. Hierfür erscheint jedoch eine deutliche Verbesserung der Einkommenschancen, der sozialen Absicherung und der Arbeitsbedingungen erforderlich. Ansatzpunkte wären z.B. eine verstärkte fachliche Qualifizierung und Begleitung sowie Vernetzung und Kooperation (auch mit institutionellen Einrichtungen). All dies ist aber nicht kostenlos zu haben.
Kinderbetreuung und -erziehung sind sensible Aufgaben, die Qualität und Kontinuität erfordern. Vor diesem Hintergrund eignen sie sich nicht als Experimentierfeld für neue arbeitsmarktpolitische Instrumente. Dies gilt auch für die so genannten „1 €-Jobs“, die derzeit massiv ausgeweitet werden, um vor allem Langzeitarbeitslose für sechs bis neun Monate in Beschäftigung zu bringen.
Für weitere Fragen steht
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Dr. Claudia Weinkopf
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Pressereferentin
Claudia Braczko
Munscheidstraße 14
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