Bio im Tank: Chemieingenieure entwickeln umweltfreundliche Benzinzusätze

Gut für die Umwelt und ein attraktiver Preis: Am Lehrstuhl für Chemische Prozessentwicklung der Universität Dortmund wird zurzeit an einem alternativen Benzinzusatz geforscht. Die Zukunft an der Tankstelle gehört nach Ansicht der Wissenschaftler dem so genannten „GTBE“. Der Stoff wird aus dem nachwachsenden Rohstoff Glycerin gewonnen und ist vor allem in punkto Umweltfreundlichkeit anderen Zusätzen überlegen.


Seit ungesunde Bleizusätze im Benzin verboten sind, wird dem Kraftstoff in Deutschland MTBE (Methyltertiärbutylether) beigegeben. Der Zusatz gewährleistet, dass das Benzin eine einheitlich hohe Research-Oktan-Zahl (ROZ) aufweist und den Motor nicht beschädigt – die Zugabe von MTBE ist also unverzichtbar, will man lange Freude an seinem Fahrzeug haben. Allerdings ist es auch nicht ganz unschädlich – in den USA ist die Verwendung teilweise schon nicht mehr erlaubt. Der Grund für das Verbot hängt mit der hohen Wasserlöslichkeit zusammen, da so das MTBE leicht ins Grundwasser gelangt. „MTBE ist zwar nicht giftig, aber hat einen sehr unangenehmen Geschmack und Geruch – so was möchte man natürlich nicht im Trinkwasser haben“, schätzt Prof. Dr. Arno Behr vom Lehrstuhl für Chemische Prozessentwicklung die Gefahren von MTBE ein. Daher arbeiten er und seine Mitarbeiter bereits seit längerem an einem alternativen Zusatzstoff: GTBE (Glycerintertiärbutylether). Was die Funktionen angeht, ist es ein vollwertiger Ersatz für MTBE – es kann ebenso eine einheitliche ROZ und damit ein langes Motorenleben gewährleisten.

Darüber hinaus bietet der Zusatz auf Glycerin-Basis vor allem Vorteile für die Umwelt: GTBE ist nicht wasserlöslich und viel umweltverträglicher als das herkömmliche MTBE. Und auch preislich kann GTBE für die Kraftstoff-Industrie zu einer interessanten Alternative werden: Zwar ist momentan der Grundstoff Glycerin noch teurer als Methanol – doch Behr prognostiziert eine wahre Glycerin-Schwemme auf dem Weltmarkt und damit eine massive Senkung des Preises. Der Grund für die große zu erwartende Menge an Glycerin liegt in einer EU-Verordnung: Bis zum Jahr 2010 wird europaweit die Produktion an Rapsdiesel gesteigert – Glycerin als Abfallprodukt von Rapsdiesel wird dann in einer Größenordnung von 700.000 – 800.000 Tonnen pro Jahr verfügbar sein. „Für diese große Menge an Glycerin gibt es bisher noch keine Verwendung“, erklärt Behr. Glycerin als Basis eines Kraftstoffzusatzes würde also gleich drei Fliegen mit einer Klappe schlagen: es ist umweltfreundlich, als Abfallprodukt von Rapsdiesel ohnehin in großen Mengen vorrätig und daher auf die Dauer auch preiswert.

Die Chemie hinter GTBE als Benzinzusatz ist klar und was die technische Realisation angeht, so haben Behr und seine Mitarbeiter bereits ein Verfahren entwickelt, mit dem GTBE gewonnen werden kann. Durch ein geschlossenes Kreislaufsystem bleiben bei dieser Methode keine Abfallstoffe zurück. Tanken wir also bald schon Glycerin? „Ganz so schnell lässt sich das natürlich nicht realisieren, die Umstellung von MTBE auf GTBE erfordert natürlich erhebliche Investitionen auf Seiten der Ölkonzerne“, gibt Behr zu bedenken. Dennoch ist er überzeugt, dass dem Zusatzstoff GTBE die Zukunft gehört: „Die hohe Umweltverträglichkeit ist einfach ein schlagkräftiges Argument.“

Kontakt:
Prof. Dr. Arno Behr, Ruf: (02 31) 7 55 23 10

Media Contact

Ole Lünnemann idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-dortmund.de/

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