Vom Molekül zur Medizin

Neues Fachgebiet Radiopharmazie an der TU München – eine weitere Brücke zwischen Naturwissenschaft und Medizin


Mit der Berufung von Prof. Hans-Jürgen Wester auf das neu eingerichtete Extraordinariat für Radiopharmazie der Technischen Universität (TU) München stärkt die TU die enge Verknüpfung zwischen experimenteller Chemie und medizinischer Anwendung.

Für die moderne molekulare Bildgebung wird die enge Zusammenarbeit zwischen Naturwissenschaftlern und Medizinern immer wichtiger. Nun ist es der Technischen Universität gelungen, genau diese Verbindung in der Nuklearmedizin zu realisieren. Im Dezember 2004 berief die TU den Chemiker Hans-Jürgen Wester auf das Extraordinariat für Radiopharmazie. Der Experte für Radiochemie und Radiopharmazie verfolgt seine Forschung sowohl am Institut für Radiochemie am Campus Garching als auch in der Nuklearmedizinischen Klinik und Poliklinik im Klinikum rechts der Isar. Damit ist eine weitere interdisziplinäre Verbindung zwischen den Naturwissenschaften und der Medizin hergestellt.

Spurensuche im Gewebe

Um krankhafte Prozesse im Körper im Tomographen sichtbar zu machen, müssen Wissenschaftler Moleküle entwickeln, die sich am Krankheitsherd anreichern und dort Strahlen aussenden. So ist es möglich, Ort und Ausmaß der Erkrankung zu bestimmen. Diese Kenntnisse helfen dem Arzt die geeignete, individuell auf jeden einzelnen Patienten abgestimmte Therapie auszuwählen und den Therapieerfolg zu kontrollieren. Für die Entwicklung dieser molekularen Pfadfinder, sogenannte Tracer oder Radiopharmaka, müssen die Moleküldesigner nicht nur die Chemie verstehen, sondern auch die klinische Situation sehr gut kennen.

Doch wie entwickelt man ein Radiopharmakon? Bislang kreierten die Forscher hauptsächlich Moleküle, die sich in bereits bekannten und häufig vorkommenden biochemischen Prozessen im Körper anreichern. Da diese Prozesse in krankhaft veränderten Zellen wie beispielsweise Krebszellen besonders aktiv sind, ist ein Rückschluss auf Ort und Ausmaß der Erkrankung möglich. Allerdings sind die Ergebnisse sehr unspezifisch. Daher sind die Wissenschaftler nun dazu übergegangen nach Prozessen oder einzelnen Proteinen zu fahnden, die fast nur im Tumor und nur selten im umliegenden Gewebe vorkommen.

Krebszellen sichtbar machen

Haben die Wissenschaftler ein solches spezifisches Protein aufgespürt, entwickeln sie im Labor das dafür passende Radiopharmakon. Dieses wird anschließend mit einer gesundheitlich verträglichen radioaktiven Markierung versehen und in den Körper, beispielsweise eines Tumorpatienten, injiziert. Dort lagert sich das Radiopharmakon hochselektiv an die Proteine an. Mit geeigneten Tomographen, wie PET (Positronenemissionstomographie) oder SPECT (Einzelphotonenemissionstomographie), können die Nuklearmediziner anschließend die Verteilung der Radiopharmaka messen: Der Tumor und seine Metastasen werden sichtbar. Solche „Aktivitätslandkarten“ können dem Strahlentherapeuten oder Chirurgen wichtige Hinweise für die optimale Therapie liefern.

Klinik und Forschung gehen Hand in Hand

Diese schnelle und präzise Entwicklung eines Radiopharmakons ist jedoch nur möglich, wenn Ärzte und Wissenschaftler Hand in Hand arbeiten. Durch die hervorragende Infrastruktur der TU München und die enge Zusammenarbeit mit den Klinikern im Rechts der Isar hofft Prof. Wester „eine Brücke schlagen zu können zwischen chemischer Grundlagenforschung und medizinischer Anwendung“. Prof. Wester studierte zunächst Chemie an der Universität Köln und arbeitete anschließend im Kernforschungszentrum Jülich. 1995 wechselte er an die Nuklearmedizinische Klinik der TU, wo er sich mit der Entwicklung neuer Radiopharmaka befasste. Zusammen mit seinen Kollegen von der TU München konnte er bereits eine Reihe von Radiopharmaka entwickeln, die heute in der klinischen Routine eingesetzt werden.

Wenn Sie mehr über die Arbeit von Prof. Wester oder über die neuen Methoden in der Radiopharmazie erfahren möchten, steht Ihnen Prof. Wester gerne für ein Interview zur Verfügung.

Media Contact

Dr. Fabienne Hübener idw

Weitere Informationen:

http://www.med.tu-muenchen.de

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