Prostatakrebs: Neue Strahlentherapie-Verfahren auf dem Vormarsch
Bei Prostatakrebs in frühen Stadien kann eine Strahlenbehandlung betroffenen Männern die Operation ersparen. Wie Strahlentherapeuten auf dem Jahreskongress der DEGRO (8.-11. September, Hamburg) berichten, sind die Behandlungsergebnisse mit denen einer Operation vergleichbar. Vor allem bleibt – im Gegensatz zur radikalen Operation – die Potenz überwiegend erhalten.
Das Prostatakarzinom stellt die häufigste Krebserkrankung des älteren Mannes dar. Nach Sektionsstatistiken findet sich bei 70 Prozent aller 80-jährigen und immerhin zehn Prozent aller 50-jährigen ein Prostatakrebs. Der Urologe kann mit neuen Methoden der Früherkennung (sog. Screening) wie Laboruntersuchung des sogenannten Prostata-spezifischen Antigens (PSA), ergänzt durch Tast- und Ultraschallbefunde heute das Prostatakarzinom bereits in einem frühen und damit heilbaren Stadium entdecken.
Deutsche Urologen empfehlen beim örtlich begrenzten Prostatakrebs noch meist die radikale Operation, die mit Impotenz und Harnträufeln verbunden sein kann. Demgegenüber hat sich in Amerika eher die Strahlentherapie als Erstbehandlung durchgesetzt. Auch in Deutschland befindet sich diese Methode inzwischen auf dem Vormarsch.
Brachytherapie: Kurzdistanzstrahler schonen umgebende Organe
Prinzipiell stehen für diese Therapie zwei Methoden zur Verfügung: die Kurzzeit- und die Langzeitbehandlung. Bei der letzteren werden kleine radioaktive Stifte (Seeds) unter Narkose gleichmäßig in die Prostata eingebracht. Dort verbleiben sie dauerhaft und geben ihre Strahlung so lange ab, bis die Radioaktivität abgeklungen ist. Während man bereits in den 80-er Jahren Jodstifte verwandte, kommt neuerdings der Strahler Palladium zum Einsatz und hat – besonders in Amerika – zunehmende Verbreitung gefunden. Ein Vorteil dieser Behandlung besteht darin, dass nur eine einmalige Therapiesitzung erforderlich ist.
Ärzte des Donauspitals in Wien berichten über erste Ergebnisse bei 58 Patienten, die mittlerweile zwei Jahre seit dem Eingriff nachbeobachtet werden. Bei 89 Prozent der Patienten lagen die im Labor bestimmten PSA-Werte drei Monate nach der Spickung im Normalbereich eines Gesunden, dies lässt zwar noch keine endgültigen Schlüsse zu, zeigt jedoch einen ermutigenden Trend. Nur bei drei Patienten waren Nebenwirkungen am Darm zu verzeichnen.
Ein zweites Brachytherapieverfahren besteht in der kurzfristigen Spickung der Prostata mit Nadeln, die an eine radioaktive Strahlenquelle angeschlossen werden. Diese Therapie dauert nur wenige Minuten, die Nadeln werden anschließend wieder entfernt. Diese Methode wird meistens zusätzlich zu einer äußerlichen Bestrahlung eingesetzt.
Strahlentherapeuten des Krankenhauses Offenbach behandelten 102 Patienten mit einer solchen Kombinationstherapie. Nach zwei Jahren waren 90 Prozent der Patienten krankheitsfrei. Bei 134 Patienten, die mit diesem Therapieverfahren an der Charité (Berlin) behandelt wurden, lag die Überlebensrate nach fünf Jahren bei 93 Prozent.
Die Brachytherapie bietet auch jenen Patienten noch eine Chance, bei denen trotz Vorbestrahlung erneut ein Tumor in der Prostata auftritt. Durch eine Spickung konnten Ärzte der Universität Kiel in sechs von zehn Fällen ein örtliches Weiterwachsen des Tumors verhindern.
Intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT)
Das Prinzip der IMRT besteht darin, dass sich die Konturen des Bestrahlungsfeldes während der Behandlung in berechneter Weise verändern. Dies geschieht, indem sich schmale Bleilamellen im Strahlerkopf des Linearbeschleunigers vor und zurück bewegen und so verschiedene Formungen des Bestrahlungsfeldes hervorrufen. Damit wird das Bestrahlungsvolumen individuell an die Form des Tumorgebietes angepasst und dadurch das gesunde Gewebe ( hier insbesondere Blase und Darm) noch besser geschont.
An der Entwicklung der IMRT waren Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg entscheidend mit beteiligt. In einer soeben veröffentlichten Studie des „Memorial Sloan Cancer Center“ in New York konnte gezeigt werden, das durch den Einsatz dieser neuen, aufwendigen Technik mit einer sehr hohen Bestrahlungsdosis die Rate von Nebenwirkungen am Enddarm nach 3 Jahren von 15% auf 4% abgesenkt werden konnte.
Forscher aus Berlin und Würzburg zeigten an insgesamt 30 Patienten, dass mit dieser neuen Technik die Strahlendosis erhöht werden kann, ohne dass eine Steigerung an Nebenwirkungen zu beobachten war. Damit könnten sich die Heilungschancen für Patienten mit lokalisiertem Prostatakrebs weiter verbessern lassen.
Strahlentherapie bei PSA-Anstieg nach radikaler Prostatektomie
Bei einer hohen Zahl von Patienten steigt nach einer Radikaloperation bei Prostatakrebs der PSA-Wert („Prostataspezifisches Antigen“- zeigt ausschließlich Prostata-Gewebe an) als Zeichen von erneutem Tumorwachstum wieder an. In diesem Fall bietet die Strahlentherapie im Bereich der Prostataloge eine zusätzliche Therapiemöglichkeit, auch wenn kein feingeweblicher Tumornachweis erfolgen kann, da der Tumor häufig noch sehr klein ist.
Ist der PSA-Wert vor Beginn der Bestrahlung noch sehr niedri(g <1.5), sinkt der Wert nach Bestrahlung bei 45-70% der Patienten als Zeichen des Ansprechens wieder auf Null ab.
Nach neuen Ergebnissen, die auch aus deutschen Kliniken wie z.B. aus Berlin vorliegen, verbleiben nach 5 Jahren 35-50% dieser Patienten bei einem nicht messbaren PSA-Wert. Diese Patienten scheinen durch die Strahlentherapie eine zusätzliche Chance auf Heilung zu haben. In einem solchen Fall ist ansonsten eine Hormontherapie ohne eine Chance auf Heilung der Standard.
Pressestelle:
PD Dr. Marie-Luise Sautter-Bihl, Klinik für Strahlentherapie, Städt. Klinikum Karlsruhe
Tel. (0721)974-4001, Fax: (0721)974-4009, Handy: 0172 7326404
während des Kongresses: CCH, Am Dammtor, 20355 Hamburg, Saal 16
Tel. (040)3569-3340 oder 3569-3341, Fax (040)3569-3342
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